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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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kriminellen Bande übrig gebliebener Taliban. Auf sie machte man jetzt Jagd.
    Leider ließ sich nicht verhindern, dass die US-Botschaft der Karsai-Regierung ein Foto anbot. Die CIA und der Chef der SIS-Niederlassung bemühten sich, den Vorgang zu bremsen, aber viel konnten sie nicht tun. Martin war immer noch nördlich von Spin Boldak, als alle Grenzposten ein Fax dieses Fotos erhalten hatten.
    Obwohl er davon nichts wusste, war er entschlossen, bei Grenzüberschreitungen kein Risiko einzugehen. Er versteckte sich in den Bergen oberhalb von Spin Boldak und wartete auf die Nacht. Von seiner hohen Warte aus konnte er das Land übersehen und sich überlegen, welchen Weg er bei dem bevorstehenden Nachtmarsch nehmen würde.
    Die Kleinstadt lag fünf Meilen vor und eine halbe Meile unter ihm. Er sah die Straße, die sich hinschlängelte, und die Lastwagen, die sie befuhren. Er sah auch die massige alte Burg, die einst eine Festung der britischen Armee gewesen war.
    Er wusste, dass die britische Armee bei der Eroberung dieser Festung zum letzten Mal mittelalterliche Sturmleitern eingesetzt hatte. Im Schutz der Nacht hatten sie sich herangeschlichen, und abgesehen vom Geschrei der Maultiere, dem Klappern der Kellen an den Kesseln und dem Fluchen der Soldaten, die sich im Dunkeln die Zehen anstießen, waren sie mucksmäuschenstill gewesen, um die Besatzung nicht zu wecken.
    Die Leitern waren drei Meter zu kurz, daher stürzten sie mit hundert Soldaten krachend in den Graben. Zum Glück vermuteten die paschtunischen Verteidiger, die sich hinter die Mauern duckten, die angreifende Streitmacht müsse gewaltig sein, und so flüchteten sie durch die Hintertür in die Berge. Die Festung fiel, ohne dass ein Schuss abgefeuert wurde.
    Vor Mitternacht stahl sich Martin an ihren Mauern vorbei, durch die Stadt und über die Grenze nach Pakistan. Bei Sonnenaufgang hatte er zehn Meilen auf der Straße nach Quetta zurückgelegt. In einem chaikhanna wartete er, bis ein Lastwagen vorbeikam, der zahlende Passagiere mitnahm, und fuhr mit ihm nach Quetta. Endlich war der schwarze Taliban-Turban, der in dieser Gegend sofort erkannt wurde, ein Vorteil und keine Belastung. Und so ging es weiter.
    Wenn Peschawar eine ziemlich extreme Islamistenstadt ist, so ist Quetta es noch mehr; nur Miram Schahr übertrifft es noch in seiner glühenden Sympathie für al-Qaida. Beide liegen in den nordwestlichen Grenzprovinzen, in denen regionales Stammesrecht regiert. Formal gesehen gehört dieses Land nicht mehr zu Afghanistan, aber die Paschtunen sind die beherrschende Volksgruppe, und beherrschend sind auch die paschtunische Sprache und die extreme Hingabe an einen ultratraditionellen Islam. Der Taliban-Turban ist das Kennzeichen eines Mannes, mit dem man rechnen muss.
    Die Hauptstraße, die von Quetta weiter nach Süden führt, ist die Straße nach Karachi, aber Martin hatte den Rat bekommen, eine kleinere Landstraße zu nehmen, die nach Südwesten ging und in der unangenehmen Hafenstadt Gwador endete.
    Diese Stadt liegt kurz vor der iranischen Grenze am extremen westlichen Rand von Belutschistan. Früher ein verschlafenes und übel riechendes Fischerdorf, hat sie sich zu einem bedeutenden Umschlaghafen entwickelt, der hauptsächlich dem Schmuggel dient, vor allem dem Opiumschmuggel. Der Islam verurteilt den Genuss von Rauschgift, aber das gilt nur für Muslime. Wenn die Ungläubigen im Westen sich vergiften und für dieses Privileg auch noch gut bezahlen wollen, berührt das die wahren Diener Allahs und Anhänger des Propheten nicht.
    Und so wird der Mohn im Iran, in Pakistan und vor allem in Afghanistan angebaut, an Ort und Stelle zu Morphinbase raffiniert und dann in den Westen geschmuggelt, wo er zu tödlichem Heroin wird. In diesem heiligen Handel spielt Gwador seine Rolle.
    In Quetta hatte Martin, der jedes Gespräch mit Paschtunen mied, die ihn demaskieren könnten, wieder einen Belutschi gefunden, der mit seinem Lastwagen nach Gwador unterwegs war. Erst in Quetta erfuhr Martin, dass man ein Kopfgeld von fünf Millionen Afghani auf ihn ausgesetzt hatte – aber nur in Afghanistan.
    Drei Tage nachdem er die Worte »Viel Glück, Boss« gehört hatte, stieg er aus dem Lastwagen und ließ sich dankbar auf ein Glas grünen Tee in einem Straßencafe nieder. Er wurde erwartet, aber nicht von Einheimischen.
     
    Der erste der beiden Predators hatte Thumrai vierundzwanzig Stunden zuvor verlassen. Im Rotationsflug würden die Drohnen Tag und Nacht über dem

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