Der Afghane
ihnen zugewiesenen Überwachungsbereich patrouillieren.
Der UAV-RQ1L-Predator, gebaut bei General Atomics, macht äußerlich nicht viel her. Er sieht aus, als komme er geradewegs aus dem Skizzenblock eines Luftfahrtingenieurs.
Er ist acht Meter lang und dünn wie ein Bleistift. Seine schrägen Möwenflügel haben eine Spannweite von vierzehn Metern. Im Heck sitzt ein 113-PS-Rotax-Propellertriebwerk, das sich sehr sparsam aus einem 400-Liter-Tank speist.
Mit diesem kümmerlichen Antrieb kann der Predator eine Geschwindigkeit von bis zu 117 Knoten erreichen oder mit gemächlichen 73 Knoten dahersegeln. Die maximale Flugzeit beträgt vierzig Stunden, aber bei einem normalen Einsatz würde er sich in einem Radius von vierhundert nautischen Meilen von seiner Heimatbasis entfernen, vierundzwanzig Stunden über seinem Zielgebiet verbringen und dann wieder nach Hause fliegen.
Da es sich um einen heckgetriebenen Schubflugkörper handelt, befinden sich die Steuerelemente vorn. Sie lassen sich manuell bedienen oder durch ein Computerprogramm veranlassen, das Erforderliche so lange zu tun, bis neue Anweisungen kommen.
Das eigentlich Geniale am Predator verbirgt sich in seiner Knollennase: die abnehmbare Skyball-Bordelektronik.
Die gesamte Kommunikation ist aufwärts gewandt und kommuniziert mit Satelliten im Weltraum: Diese empfangen das gesamte Fotomaterial und die abgehörten Gespräche und senden sie weiter an die Basis.
Nach unten gerichtet sind das Synthetic Aperture Radar vom Typ Lynx und die L-3-Wescam-Fotografieeinheit. Modernere Versionen der Drohne, wie die beiden über Oman eingesetzten, können mit ihrem multispektralen Zielerfassungssystem Dunkelheit, Wolken, Regen, Hagel und Schnee durchdringen.
Nach dem Einmarsch in Afghanistan, als die schönsten Ziele ausgemacht, aber nicht rechtzeitig angegriffen werden konnten, wanderte der Predator zurück zum Hersteller, der eine neue Version entwickelte. Sie war mit der Hellfire-Rakete ausgerüstet, und das »Auge im Himmel« war nun bewaffnet.
Zwei Jahre später verließ der jemenitische al-Qaida-Chef zusammen mit vier seiner Komplizen sein unsichtbar im Landesinneren verborgenes Camp in einem Toyota Land Cruiser. Er wusste es nicht, aber auf einem Monitor in Tampa, Florida, beobachteten ihn dabei mehrere amerikanische Augenpaare.
Auf Kommando verließ die Hellfire den Bauch des Predators, und Sekunden später war der Land Cruiser mitsamt seinen Insassen einfach verdampft. Und auf einem Plasmabildschirm in Florida war das alles in Farbe mit anzusehen.
Die beiden Predators, die in Thumrait stationiert waren, hatten keine Waffen an Bord. Ihre einzige Aufgabe bestand darin, in zwanzigtausend Fuß Höhe zu kreisen, unsichtbar, unhörbar, immun gegen Radar, und das Land und das Meer unter ihnen zu beobachten.
In Gwador gab es vier Moscheen, aber diskrete britische Anfragen beim pakistanischen ISI ergaben, dass die vierte und kleinste als Treibhaus fundamentalistischer Agitation galt. Wie die meisten kleineren Moscheen hatte sie nur einen Imam und lebte von den Spenden der Gläubigen. Hier war es Imam Abdullah Halabi, der sie gegründet hatte und immer noch leitete.
Er kannte seine Gemeinde gut, und wenn er von seinem erhöhten Stuhl den Vorsitz beim Gebet führte, konnte er einen Gast auf den ersten Blick erkennen. Der schwarze Taliban-Turban fiel ihm sofort ins Auge, obwohl er ganz hinten geblieben war.
Noch bevor der schwarzbärtige Fremde am Ende seine Sandalen wieder anziehen und im Gedränge der Straße verschwinden konnte, zog der Imam ihn am Ärmel.
»Der Gruß des allbarmherzigen Herrn sei mit dir«, sagte er leise. Er sprach Arabisch, nicht Urdu.
»Und mit dir, Imam«, erwiderte der Fremde. Auch er sprach Arabisch, doch der Imam bemerkte den paschtunischen Akzent. Sein Verdacht war bestätigt: Der Mann kam aus den Stammesterritorien.
»Meine Freunde und ich gehen jetzt in die mafada«, sagte er. »Möchtest du mit uns kommen und Tee trinken?«
Der Paschtune überlegte einen Moment lang und neigte dann würdevoll den Kopf. Zu den meisten Moscheen gehört eine mafada, eine Art Club für entspannte gesellige Zusammenkünfte, Plaudereien und religiöse Unterweisung. Im Westen geschieht die extremistische Indoktrination von Teenagern oft dort.
»Ich bin Imam Halabi. Hat unser neuer Freund auch einen Namen?«
Ohne zu zögern, nannte Martin den Vornamen des afghanischen Präsidenten und den Namen des Brigadiers der Special Forces.
»Ich bin Hamid
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