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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Körper, wobei ein Piepton bedeutete, dass er eine gewebsfremde Substanz entdeckt hatte. In seinem Mund ertönte dieser Piepton. Sie drückten seinen Kiefer herunter und untersuchten jede Zahnfüllung. Aber sie fanden nichts.
    Sie brachten ihm seine Kleider zurück und wollten gehen,
    »Ich habe meinen Koran im Gasthaus zurückgelassen«, sagte der Gefangene. »Ich habe keine Uhr und keinen Gebetsteppich, aber es muss doch die Stunde des Gebets sein.«
    Der Anführer starrte ihn durch die Augenschlitze seiner Kapuze an. Er sagte kein Wort, kam jedoch zwei Minuten später mit einem Teppich und einem Koran zurück. Martin dankte ihm würdevoll.
    Regelmäßig brachten sie ihm Essen und Wasser. Jedes Mal winkten sie ihn mit der Pistole zurück und stellten das Tablett so ab, dass er es erreichen konnte. Auch die Chemietoilette wurde auf diese Weise ausgewechselt.
    Nach drei Tagen begannen die Verhöre, wozu ihm die Augen verbunden wurden, bevor man ihn durch die Korridore führte, damit er nicht aus dem Fenster sehen konnte. Als ihm die Binde abgenommen wurde, war er erstaunt. Der Mann, der gelassen hinter einem geschnitzten Esstisch saß wie ein potenzieller Arbeitgeber bei einem Einstellungsgespräch, war jung, elegant, zivilisiert, urban und unvermummt. Er sprach perfektes Golf-Arabisch.
    »Ich sehe nicht, was Masken für einen Sinn haben«, sagte er. »Oder alberne Namen. Meiner lautet übrigens Dr. al-Khattab. Hier gibt es keine Geheimnisse. Wenn ich davon überzeugt bin, dass Sie der sind, für den Sie sich ausgeben, werden Sie uns willkommen sein. Und in dem Fall werden Sie uns nicht verraten. Bin ich es nicht, werden Sie auf der Stelle sterben, fürchte ich. Wir wollen also keine Spiele spielen, Izmat Khan. Sind Sie wirklich der, den sie ›den Afghanen‹ nennen?«
    »Zwei Dinge«, hatte Gordon Phillips ihn während eines ihrer endlosen Briefings auf Forbes Castle gewarnt. »Sind Sie wirklich Izmat Khan, und sind Sie noch derselbe Izmat Khan, der in Qala-i-Jangi gekämpft hat? Oder haben fünf Jahre in Guantanamo Sie zu etwas anderem gemacht?«
    Martin schaute den lächelnden Araber an. Er dachte an Tamian Godfrey und ihre Warnungen: Vergessen Sie die zottelbärtgen Schreihälse. Seien Sie auf der Hut vor dem Glattrasierten, der raucht, trinkt, mit Mädchen verkehrt und wie einer von uns aussieht. Verwestlicht. Ein menschliches Chamäleon, das seinen Hass verbirgt. Absolut tödlich. Es gab ein Wort dafür … takfir.
    »Es gibt viele Afghanen«, sagte er. »Wer nennt mich ›den Afghanen‹?«
    »Ah, Sie waren fünf Jahre lang incommunicado. Nach Qala-i-Jangi hat sich Ihre Geschichte herumgesprochen. Sie wissen nichts über mich, aber ich weiß eine Menge über Sie. Ein paar Ihrer Leute sind aus Camp Delta entlassen worden. Sie haben mit Hochachtung von Ihnen gesprochen. Sie behaupten, Sie hätten sich niemals brechen lassen. Stimmt das?«
    »Sie haben mich über mich selbst befragt. Ich habe ihnen geantwortet.«
    »Aber Sie haben niemanden verraten? Sie haben keine Namen genannt? Das sagen andere jedenfalls über Sie.«
    »Sie haben meine Familie ausgelöscht. Fast alles in mir ist dabei gestorben. Wie bestraft man einen Mann, der schon tot ist?«
    »Eine gute Antwort, mein Freund. Sprechen wir über Guantanamo. Erzählen Sie mir von Gitmo.«
    Martin war stundenlang eingetrichtert worden, was auf der kubanischen Halbinsel mit ihm geschehen war. Die Ankunft am 14. Januar 2002 – hungrig, durstig, urinbesudelt, mit verbundenen Augen, die Hände so straff gefesselt, dass sie wochenlang taub waren. Den Bart und den Kopf geschoren, mit einem orangegelben Overall bekleidet, blindlings unter einer Kapuze stolpernd und strauchelnd …
    Dr. al-Khattab machte sich umfangreiche Notizen; er schrieb mit einem altmodischen Füller auf gelbem Papier. Wenn er einen Abschnitt erreichte, an dem er alle Antworten kannte, schwieg er und betrachtete seinen Gefangenen mit sanftem Lächeln.
    Am Spätnachmittag holte er ein Foto hervor.
    »Kennen Sie diesen Mann? Haben Sie ihn je gesehen?«
    Martin schüttelte den Kopf. Das Gesicht auf dem Foto gehörte General Geoffrey D. Miller, der General Rick Backus als Lagerkommandant nachgefolgt war. Dieser hatte bei den Verhören dabeigesessen, aber General Miller hatte die CIA-Teams allein arbeiten lassen.
    »Ganz recht«, sagte Al-Khattab. »Er hat Sie gesehen, sagt einer Ihrer freigelassenen Freunde, aber Sie hatten immer eine Kapuze über dem Kopf, als Strafe für Ihre mangelhafte

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