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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Kooperation. Und wann haben die Zustände sich gebessert?«
    Sie redeten miteinander, bis die Sonne unterging. Dann erhob sich der Araber.
    »Ich habe einiges zu überprüfen«, sagte er. »Wenn Sie die Wahrheit gesagt haben, werden wir in ein paar Tagen weiterreden. Wenn nicht, werde ich Suleiman leider die entsprechenden Anweisungen geben müssen.«
    Martin kehrte in seine Zelle zurück. Dr. al-Khattab erteilte der Wachmannschaft rasch ein paar Befehle und ging. Mit einem bescheidenen Mietwagen fuhr er ins Hilton Hotel in Ras-al-Khaimah, ein elegantes Gebäude am Al-Saqr-Tiefwasserhafen. Dort übernachtete er, und am nächsten Tag reiste er ab. Jetzt trug er einen gut geschnittenen cremefarbenen Tropenanzug. Als er am Dubai International Airport bei British Airways eincheckte, tat er es in makellosem Englisch.
    Ali Aziz al-Khattab war in Kuwait geboren, als Sohn eines leitenden Bankangestellten. Nach den Maßstäben des Golfs bedeutete das, dass er entbehrungsfrei und privilegiert aufgewachsen war. 1989 war sein Vater als stellvertretender Chef der Bank of Kuwait nach London versetzt worden. Die Familie hatte ihn begleitet und war so in Europa gewesen, als Saddam Hussein 1990 in ihr Heimatland einmarschiert war.
    Ali Aziz, der damals bereits gut Englisch sprach, war mit fünfzehn auf eine britische Schule gekommen und verließ sie drei Jahre später mit akzentfreiem Englisch und guten Zeugnissen. Als seine Familie nach Hause zurückkehrte, blieb er allein in England und studierte am Loughborough Technical College. Vier Jahre später war er Diplom-Chemieingenieur und begann mit seiner Promotion.
    Nicht am Arabischen Golf, sondern in London fing er an, die Moschee zu besuchen. Der Imam war ein Agitator, getrieben vom Hass gegen den Westen, und Ali Aziz wurde das, was die Medien gern »radikalisiert« nennen. In Wahrheit war er durch die Gehirnwäsche in seiner Moschee schon mit einundzwanzig Jahren ein fanatischer Anhänger von al-Qaida.
    Ein »Talentsucher« schlug ihm vor, doch einmal nach Pakistan zu reisen. Er tat es und ging von dort über den Khyberpass nach Afghanistan, wo er sechs Monate in einem al-Qaida-Ausbildungslager für Terroristen verbrachte. Er war als »Schläfer« vorgesehen, der unauffällig in England leben sollte, ohne die Behörden auf sich aufmerksam zu machen.
    Als er wieder in London war, tat er, was sie alle tun: Er meldete seiner Botschaft, er habe seinen Pass verloren, und bekam einen neuen – ohne den verräterischen Einreisestempel nach Pakistan. Wenn jemand fragte, hatte er seine Familie und seine Freunde am Golf besucht und war nicht einmal in der Nähe Pakistans gewesen, von Afghanistan ganz zu schweigen. 1999 wurde er Dozent an der Aston University in Birmingham. Zwei Jahre später marschierten die angloamerikanischen Streitkräfte in Afghanistan ein.
    Ein paar Wochen lang lebte er in Panik, weil er befürchtete, dass in den Terror-Camps Spuren von ihm zurückgeblieben waren, aber in seinem Fall hatte der al-Qaida-Personalchef seine Arbeit getan: Nichts deutete darauf hin, dass jemals ein al-Khattab dort gewesen war. So blieb er unentdeckt und war wenig später der führende al-Qaida-Agent in Großbritannien.
     
    Während die Maschine mit Dr. al-Khattab nach London startete, legte die Java Star von ihrem Liegeplatz im Sultanat Brunei an der Küste von Nordborneo in Indonesien ab und nahm Kurs auf das offene Meer.
    Ihr Ziel war wie immer der westaustralische Hafen Freemantle, und ihr norwegischer Kapitän Knut Herrmann ahnte nicht, dass die Reise diesmal nicht routinemäßig und ereignislos wie immer verlaufen würde.
    Er wusste, dass das Meer in diesen Breiten zu den gefährlichsten Gewässern der Welt gehörte: nicht wegen Untiefen, Springfluten, Stürmen, Riffen oder Tsunamis, sondern wegen der Piraten.
    Zwischen der Straße von Malakka im Westen und der Celebes-See im Osten gibt es jedes Jahr mehr als fünfhundert Piratenüberfälle auf Handelsschiffe und bis zu hundert Entführungen. Gelegentlich wird die Mannschaft gegen ein Lösegeld an den Schiffseigner zurückgegeben, und manchmal werden auch alle umgebracht, und man hört nie wieder von ihnen. Die geraubte Ladung wandert auf den Schwarzmarkt.
    Kapitän Herrmann fuhr einigermaßen gelassen auf dieser »Milchkannenroute«, denn er war sicher, dass seine Ladung für die Banditen des Meeres uninteressant war. Aber auf dieser Reise irrte er sich. Die erste Etappe führte ihn nach Norden, weg von seinem eigentlichen Ziel. Er

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