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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Mit Trichtern und Muskelkraft schafften sie die Benzinfässer ins Heck und füllten die Tanks der beiden Motoren bis zum Rand. Wo sie für den Rückweg nachtanken würden, war ihre Sache.
    Faisal bin Selim hatte Martin gesagt, diese Schmuggler könnten innerhalb einer Nacht aus omanischen Gewässern nach Gwador fahren und im Morgengrauen mit neuer Ladung zurück sein. Aber diesmal fuhren sie offensichtlich weiter und würden auch bei Tageslicht unterwegs sein müssen.
    Als der Morgen dämmerte, waren sie weit in pakistanische Gewässer vorgedrungen und hielten sich nah genug an der Küste, dass man sie für ein Fischerboot halten konnte, das seiner Arbeit nachging – nur, dass kein Fisch so schnell schwimmt. Aber von den Behörden war weit und breit nichts zu sehen, während die kahle braune Küste wie im Flug vorüberzog. Als es Mittag wurde, begriff Martin, dass Karachi ihr Ziel sein musste. Was sie vorhatten, wusste er immer noch nicht.
    Noch einmal tankten sie auf See nach, und als die Sonne hinter ihnen im Westen unterging, wurden sie bei einem stinkenden Fischerdorf unweit des größten pakistanischen Hafens an Land gebracht.
    Suleiman war wohl noch nicht hier gewesen, aber er war offensichtlich von jemandem instruiert worden, der seine Hausaufgaben gemacht hatte. Martin wusste, dass al-Qaida ungeachtet von Zeit und Kosten gewissenhaft recherchierte; es war eins der wenigen Dinge, die er an ihr bewundern konnte.
    Der Golf-Araber fand das einzige Fahrzeug im Dorf, das zu mieten war, und handelte einen Preis aus. Die Tatsache, dass zwei Fremde ohne jeden Anschein von Legalität von einem Schmugglerboot an Land gebracht worden waren, veranlasste hier niemanden, auch nur die Brauen zu heben. Hier war Belutschistan. Die Regeln aus Karachi waren etwas für Idioten.
    Im Wagen stank es nach Fisch und Körperschweiß, und der Motor schaffte unter Fehlzündungen nicht mehr als vierzig Meilen pro Stunde. Mehr ließen aber auch die Straßen nicht zu. Bald hatten sie den Zubringer zum Flughafen gefunden und hatten, als sie dort ankamen, noch ein wenig Zeit.
    Der Afghane zeigte sich angemessen erstaunt und unbeholfen. Er war ja erst zweimal geflogen – beide Male in einer amerikanischen C-130 Hercules, beide Male als Gefangener in Ketten. Er wusste nichts von Check-in-Schaltern, Flugtickets, Passkontrollen. Mit spöttischem Lächeln zeigte Suleiman ihm alles.
    Irgendwo zwischen den endlos drängelnden und schiebenden Menschenmassen im Hauptterminal des Karachi International Airports fand der Araber den Ticketschalter der Malaysian Airlines und kaufte zwei Tickets in der Economy Class nach Kuala Lumpur. Umfangreiche Visaanträge mussten ausgefüllt werden, in englischer Sprache; Suleiman übernahm das. Die Tickets bezahlte er bar mit amerikanischen Dollars, der überall auf der Welt akzeptierten Währung.
    Der Flug mit dem europäischen Airbus A330 dauerte sechs Stunden plus drei wegen der Zeitverschiebung. Die Maschine landete um neun Uhr dreißig, nachdem ein kleines Frühstück serviert worden war. Zum zweiten Mal legte Martin seinen neuen Bahraini-Pass vor und fragte sich, ob es Beanstandungen geben würde. Es gab keine. Der Ausweis war perfekt.
    Aus der internationalen Ankunftshalle führte Suleiman sie zum Abflug-Terminal für Inlandsflüge und kaufte zwei einfache Tickets. Erst als Martin seinen Boardingpass vorzeigen musste, sah er, wohin sie flogen: zur Insel Labuan.
    Er hatte schon von Labuan gehört, aber viel wusste er nicht. Die Insel lag vor der Nordküste Borneos und gehörte zu Malaysia. In der Touristenwerbung war von einer geschäftigen, kosmopolitischen Insel die Rede, von atemberaubenden Korallenriffen in den Gewässern ringsum, aber in westlichen Briefings über die kriminelle Unterwelt genoss die Insel einen anderen, dunkleren Ruf.
    Sie war früher Teil des Sultanats Brunei, das zwanzig Meilen weit entfernt an der Küste von Borneo liegt. Die Briten annektierten sie 1846 und behielten sie 117 Jahre lang, von denen drei Jahre japanischer Besetzung im Zweiten Weltkrieg abgerechnet werden müssen. Im Zuge der Dekolonisation übergaben die Briten die Insel 1963 an den Staat Sabah, und 1984 fiel sie an Malaysia.
    Da sie zu jenen Absonderlichkeiten gehört, die auf ihrem fünfzig Quadratmeilen umfassenden ovalen Territorium keinerlei erkennbare Ökonomie besitzen, hat sie sich eine geschaffen. Mit dem Status eines internationalen Offshore-Finanzzentrums, eines zollfreien Hafens und Billigflaggen-Standorts

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