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Der Afghane

Der Afghane

Titel: Der Afghane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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und eines Mekkas für Schmuggler hat Labuan eine ziemlich dubiose Klientel angelockt.
    Martin begriff, wohin er flog: mitten ins Herz der wildesten Schiffsentführer-, Frachträuber- und Matrosenmörder-Industrie. Er brauchte jetzt Kontakt zur Basis, um ein Lebenszeichen abzugeben, und er musste sich überlegen, wie er ihn herstellen sollte. Und zwar schnell.
    Bei der kurzen Zwischenlandung in Kuching, dem ersten Anflughafen auf Borneo, blieben die Passagiere, deren Flug hier nicht zu Ende war, an Bord.
    Nach vierzig Minuten Aufenthalt startete die Maschine in Richtung Westen, kreiste über dem Meer und ging auf Nordostkurs in Richtung Labuan. Tief unter dem kreisenden Flugzeug war die Countess of Richmond unter Ballast auf dem Weg nach Kota Kinabalu, um Padauk und Rosenholz aufzunehmen.
    Nach dem Start verteilte die Stewardess die Landing Cards. Suleiman füllte sie beide aus. Martin musste weiter so tun, als könne er nicht Englisch schreiben oder lesen und nur ein paar Worte sprechen. Aber er hörte die Sprache überall um sich herum. Er und Suleiman hatten sich in Kuala Lumpur umgezogen und trugen jetzt Anzüge und Hemden. Er hatte keinen Stift und auch keinen Grund, sich einen zu borgen. Vorgeblich waren sie ein bahrainischer Ingenieur und ein omanischer Buchhalter, die mit einem Vertrag der Erdgasindustrie auf dem Weg nach Labuan waren. Das trug Suleiman jetzt auch in die Formulare ein.
    Martin murmelte, er müsse zur Toilette. Er stand auf und ging nach hinten, wo es zwei gab. Die eine war frei, aber er tat, als seien sie beide besetzt, und ging nach vorn. Das hatte einen Sinn. Die Boeing 737 flog mit zwei Kabinen: Economy und Business Class. Zwischen beiden war ein Vorhang, und Martin musste hindurch.
    Vor der Toilettentür in der Business Class blieb er stehen, strahlte die Stewardess an, die die Landing Cards verteilt hatte, und zupfte eine neue Landing Card und ihren Kugelschreiber aus ihrer oberen Jackentasche. Die Toilettentür öffnete sich klickend, und er ging hinein. Er hatte nur Zeit, eine kurze Nachricht auf die Rückseite der Karte zu schreiben, sie zusammengefaltet in die Brusttasche zu schieben, herauszukommen und den Kuli zurückzugeben. Dann kehrte er zu seinem Platz zurück.
    Man hatte Suleiman gesagt, der Afghane sei vertrauenswürdig, aber er behielt ihn dennoch ständig im Auge. Vielleicht wollte er vermeiden, dass sein Schützling aus Naivität oder Unerfahrenheit einen Fehler beging, vielleicht lag es auch an seiner jahrelangen Ausbildung bei al-Qaida – jedenfalls ließ seine Wachsamkeit niemals nach, nicht einmal während der Gebete.
    Der Flughafen von Labuan war das Gegenteil von dem in Karachi: klein und gepflegt. Martin hatte immer noch keine Ahnung, wohin sie wollten, aber vermutlich wäre der Flughafen die letzte Chance, seine Nachricht loszuwerden. Hoffentlich hatte er Glück.
    Es war nur ein kurzer Augenblick, und er ergab sich auf dem Gehweg vor dem Terminal. Die Instruktionen, die Suleiman sich eingeprägt hatte, mussten außergewöhnlich präzise gewesen sein. Er hatte sie um die halbe Welt geführt, und er war offensichtlich ein erfahrener Reisender. Martin konnte nicht wissen, dass der Araber seit zehn Jahren bei al-Qaida war und der Bewegung im Irak und in Fernost, vor allem in Indonesien, gedient hatte. Und er konnte auch nicht wissen, was Suleimans Spezialität war.
    Suleiman suchte die Vorfahrt vor dem Terminalgebäude ab, das Ankunft und Abflug auf einer Ebene abfertigte: Er hielt Ausschau nach einem Taxi, als eines auf sie zugefahren kam. Es war besetzt, aber offenbar würden die Fahrgäste vor dem Terminal aussteigen.
    Es waren zwei Männer, und Martin hörte sofort ihren englischen Akzent. Beide waren groß und muskulös, beide trugen Khakishorts und geblümte Hawaii-Hemden. Beide waren verschwitzt von der brennenden Sonne und der schwülen 30-Grad-Hitze vor dem Monsun. Der eine zog malaysisches Geld aus der Tasche, um den Taxifahrer zu bezahlen, der andere holte das Gepäck aus dem Kofferraum. Sie hatten zwei Hartschalenkoffer und zwei Taschen mit Taucherausrüstungen. Es waren Journalisten, die für eine britische Sporttaucher-Zeitschrift die Korallenriffe besichtigt hatten.
    Der Mann am Kofferraum konnte nicht alle vier Gepäckstücke gleichzeitig bewältigen. Bevor Suleiman ein Wort sagen konnte, griff Martin zu und half dem Taucher. Er wuchtete eine der Ausrüstungstaschen aus dem Wagen auf den Gehsteig. Dabei steckte er die zusammengefaltete Landing Card in

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