Der Afghane
eine der Seitentaschen, von denen Tauchertaschen mehrere haben.
»Danke, Mann«, sagte der Taucher, und die beiden nahmen Kurs auf den Check-in-Schalter für ihren Flug nach Kuala Lumpur und weiter nach London.
Suleiman gab dem malayischen Fahrer seine Anweisungen auf Englisch: Es ging zu einer Frachtagentur im Herzen des Hafens. Hier wurden die Reisenden endlich von jemandem erwartet. Wie die beiden erregte auch er keine Aufmerksamkeit durch auffällige Kleidung oder Gesichtsbehaarung. Er war takfir wie sie. Er stellte sich als Mr. Lampong vor und führte sie zu einem Kabinenkreuzer, einem 50-Fuß-Sportfischerboot, das am Kai lag. Wenige Minuten später hatten sie den Hafen hinter sich gelassen.
Mit einer stetigen Geschwindigkeit von zehn Knoten fuhr der Kreuzer nordostwärts in Richtung Kudat, auf die Einfahrt der Sulu-See und das Terroristenversteck in der philippinischen Provinz Zamboanga zu.
Es war eine anstrengende Reise gewesen. Die Meeresdünung war einlullend, die Brise erfrischend nach der Saunahitze von Labuan. Die beiden Passagiere schliefen ein. Der Steuermann gehörte zur Terrorgruppe Abu Sayyaf; er kannte sich aus, er fuhr nach Hause. Die Sonne ging unter, und kurz darauf war die tropische Nacht da. Der Kreuzer glitt an den Lichtern von Kudat vorbei, durch die Straße von Balabag und über die unsichtbare Grenze in philippinische Gewässer.
Mr. Wei hatte seinen Auftrag vor der Zeit erfüllt und war schon wieder auf dem Heimweg nach China. Ihm konnte es gar nicht schnell genug gehen. Aber wenigstens war er auf einem chinesischen Schiff und aß gutes chinesisches Essen und nicht den Fraß, den die Piraten ihm in ihrem Camp am Fluss vorgesetzt hatten.
Er wusste nicht, was er da hinterlassen hatte, und es interessierte ihn auch nicht. Im Gegensatz zu den Killern von Abu Sayyaf und den zwei oder drei indonesischen Fanatikern, die fünfmal am Tag betend auf den Knien lagen und die Stirn auf ihre Teppiche senkten, gehörte Wei Wing Li zur Schlangenkopf-Triade und betete zu niemandem.
Was er dort geschaffen hatte, war eine bis auf die letzte Niete genaue Nachbildung der Countess of Richmond, gebaut aus einem Schiff von ähnlicher Größe, Tonnage und Silhouette. Er wusste nicht, wie das ursprüngliche Schiff geheißen hatte oder wie das neue heißen würde. Das Einzige, was ihn interessierte, war die dicke Rolle großer Dollarscheine von einem Konto bei einer Bank in Labuan, eingerichtet von dem verstorbenen Mr. Tewfik al-Qur, ehemals Kairo, Peschawar und Leichenschauhaus.
Anders als Mr. Wei betete Kapitän McKendrick durchaus. Nicht so oft, wie er sollte, das wusste er, aber er war als guter Liverpool-irischer Katholik aufgewachsen; auf der Brücke vor dem Steuer stand eine Figur der Heiligen Jungfrau, und an seiner Kabinenwand hing ein Kruzifix. Vor dem Auslaufen betete er immer um eine gute Reise, und nach der Heimkehr dankte er dem Herrn.
Er brauchte nicht zu beten, als der Lotse aus Sabah die Countess an den Untiefen vorbei und zu ihrem Liegeplatz am Kai von Kota Kinabalu bugsierte. Früher war hier der Kolonialhafen Jesselton gewesen. Damals gab es noch keine Kühlschränke, und wenn die britischen Kaufleute in den monatlichen Proviantlieferungen Butterkonserven erhalten hatten, mussten sie sie aus kleinen Krügen auf ihr Brot träufeln.
Kapitän McKendrick wischte sich mit dem Halstuch über den schweißnassen Nacken und dankte dem Lotsen. Endlich konnte er alle Luken und Bullaugen schließen und die erholsame Klimaanlage einschalten. Das und ein kaltes Bier, dachte er, würde jetzt guttun. Der Wasserballast würde am nächsten Morgen abgepumpt werden, und er sah die Hölzer, die er aufnehmen sollte, unter den Lichtern auf dem Kai. Mit einer guten Schauerkolonne würde er morgen Abend um sieben wieder auf See sein.
Die beiden jungen Taucher waren in Kuala Lumpur umgestiegen und saßen nun in der British-Airways-Maschine nach London. British Airways ist keine »trockene« Airline, und so hatten die beiden genug Bier getrunken, um jetzt fest zu schlafen. Der Flug würde zwölf Stunden dauern, aber durch die Zeitzonen würden sie acht gewinnen und am frühen Morgen in Heathrow landen. Die Hartschalenkoffer waren im Laderaum, doch ihre Tauchertaschen lagen in den Fächern über den Köpfen der Schlafenden. Sie enthielten Schwimmflossen, Masken, Neoprenanzüge, Lungenautomaten und Tarierwesten; nur die Tauchermesser waren in den Koffern unten im Laderaum. Und in einer der beiden Taschen
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