Der Afghane
die Damentoilette zurückziehen, den alles bedeckenden jilbab anziehen und zu ihren Fahrzeugen zurückkehren.
Dr. al-Khattab erschien in seiner weißen dishdasha, stieg in seinen Wagen und fuhr durch die Stadt. Dabei vollführte er mehrere Manöver, die dazu dienen sollten, einen Beschatter abzuhängen, aber damit hatte er kein Glück. Am Arabischen Golf wimmelt es von Motorrollern mit Fahrern beiderlei Geschlechts, und weil die Kleidung immer die gleiche ist, sieht ein Rollerfahrer aus wie der andere. Seit der Auftrag erteilt worden war, hatte das Team die Straßenkarten aller sieben Emirate studiert und sich jede einzelne Landstraße eingeprägt. Und so verfolgten sie ihn bis zur Villa.
Wenn es noch den Rest eines Zweifels daran gegeben hätte, dass er nichts Gutes im Schilde führte, so hatte er ihn mit seinen Abschüttelungsversuchen zerstreut. Ein unschuldiger Mann benahm sich nicht so.
Er verbrachte die Nacht nicht in der Villa, sondern fuhr zum Hilton zurück, und die SRR-Agentin folgte ihm. Die drei Männer bezogen Position auf einer Anhöhe, wo sie die Villa die Nacht hindurch im Blick behielten. Aber niemand betrat oder verließ sie.
Am zweiten Tag sah es anders aus. Jetzt kamen Besucher. Die Beobachter konnten es nicht wissen, doch diese Besucher brachten einen neuen Pass und neue Kleidung. Ihre Autonummern wurden notiert, und einer würde später aufgespürt und verhaftet werden. Ein dritter war der Friseur, den man ebenfalls aufspüren würde.
Am Ende des zweiten Tages kam al-Khattab zum letzten Mal aus dem Haus. Das war der Augenblick, als Katy Sexton, die ein Stück weiter oben an der Straße an ihrem Motorroller herumhantierte, ihre Kollegen informierte, dass die Zielperson in Bewegung sei.
Im Hilton offenbarte der kuwaitische Akademiker seine Pläne, als er von seinem Zimmer aus, das in seiner Abwesenheit verwanzt worden war, einen Platz in der Morgenmaschine von Dubai nach London buchte. Das Team begleitete ihn, bis er zu Hause in Birmingham war, ohne dass er etwas merkte.
Das MI5 hatte großartige Arbeit geleistet, und das wusste es. Der Coup wurde durch streng geheime Kanäle an nur vier Personen in den britischen Geheimdiensten übermittelt. Einer davon war Steve Hill. Er flog fast in den Orbit.
Der Predator wurde umgeleitet und überwachte jetzt die Villa in dem zur Wüstenseite gelegenen Vorort von Ras al-Khaimah. Aber es war Vormittag in London und schon Spätnachmittag am Golf. Alles, was der Vogel sah, war die Putzkolonne, die ins Haus ging. Und die Razzia.
Es war zu spät, um zu verhindern, dass die Special Forces der Emirate ihre schnelle Eingreiftruppe losschickten. Ihr Kommandant war ein ehemaliger britischer Offizier, Dave de Forest. Der Leiter der SIS-Niederlassung in Dubai, ohnehin ein persönlicher Freund, nahm blitzschnell Kontakt mit ihm auf, und sofort wurde über die Buschtrommel verbreitet, der »Hit« habe stattgefunden, weil ein anonymer Nachbar, der irgendeinen Groll hegte, einen Tipp gegeben habe.
Die beiden Putzfrauen wussten nichts; sie kamen von einer Agentur, sie waren im Voraus bezahlt worden, die Schlüssel hatte man ihnen gebracht. Aber sie waren noch nicht fertig, und in einem Haufen Schmutz, den sie zusammengefegt hatten, fanden sich Büschel von schwarzen Haaren, Kopf- und Barthaare, wie an der unterschiedlichen Struktur zu erkennen war. Ansonsten fand sich keine Spur von den Männern, die hier gewohnt hatten.
Nachbarn hatten einen geschlossenen Lieferwagen gesehen, doch an das Kennzeichen konnte sich keiner erinnern. Er wurde bald gefunden und erwies sich als gestohlen, doch es war zu spät und brachte nichts mehr ein.
Der Schneider und der Friseur waren ergiebiger. Sie redeten ohne Zögern, konnten allerdings nur die fünf Männer im Haus beschreiben. Al-Khattab war bereits bekannt. Suleiman konnten sie anhand von Fahndungsfotos identifizieren, weil er auf einer lokalen Verdächtigenliste stand. Die Beschreibung der beiden Unterlinge ließ nirgends eine Glocke läuten.
Die beiden Golf-Araber, der Schneider und der Frisör, kamen aus Ajman und waren einfache Handwerker. Es war der fünfte Mann, auf den sich de Forest mit seinen perfekten Arabischkenntnissen konzentrierte. Der Chef der SIS-Niederlassung saß dabei.
Niemand in diesem Raum wusste etwas von einem Afghanen. Sie nahmen lediglich die Personenbeschreibung auf und leiteten sie nach London weiter. Auch von einem Pass wusste niemand etwas, denn dafür war allein Suleiman zuständig gewesen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher