Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Agent - The Invisible

Der Agent - The Invisible

Titel: Der Agent - The Invisible Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
Vom Netzwerk:
Nachbarzimmer schlief. Er ging um das Bett herum und fand, was er suchte - die Kleidungsstücke, die sie in Madrid getragen hatte.
    Die Dusche lief noch immer, als er nach der Jeans griff. Der Stoff war steif von getrocknetem Schweiß und mit Blutflecken übersät. Bei einer schnellen Durchsuchung der Taschen entdeckte er einen Cover Stick, eine Rechnung aus einem Café und ein Plastikdöschen, in dem er eine halbe Tablette fand. Er nahm sie mit Daumen und Zeigefinger heraus und betrachtete sie eingehend. In die Tablette waren Zahlen gestanzt, eine Vier, eine Drei und vielleicht noch eine Drei, die nicht eindeutig zu erkennen war.
    Er spürte einen Luftzug und hob den Blick. Naomi stand in der Badezimmertür. Sie hatte ein Handtuch um ihren zu dünnen Körper geschlungen, das pechschwarze Haar war nass. Auf ihren Schultern waren Wassertropfen zu sehen. Die Dusche hinter ihr lief immer noch.
    »Ich habe ein Geräusch gehört.« Ihre dunkelgrünen Augen blitzten, und ihre Körperhaltung wirkte so, als bereitete sie sich auf einen Streit vor. »Was fällt dir ein …?«
    Sie unterbrach sich, als sie das Döschen in seiner Hand sah.
Erwischt, doch auch er hatte sie erwischt und nicht vor, sich zu entschuldigen. Er hob die Tablette. »Was ist das? Kodein?«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust, ihre Gesichtsmuskeln zuckten. »Geht dich nichts an.«
    Sofort flackerte Zorn in ihm auf, und er trat einen Schritt auf sie zu. »Naomi, du …«
    »Es ist Morphin.« Sie wich zurück und schlug den Blick zu Boden. Sie hatte die Lippen zusammengekniffen, und ihre Augen waren nicht feucht, doch als er sie betrachtete, verriet ihr Gesichtsausdruck plötzlich nicht mehr Trotz, sondern blanke Verzweiflung. Dann war es blitzschnell wieder vorbei. Er war erschüttert, doch es war alles so schnell gegangen, und er war sich nicht sicher, ob er ihre Miene richtig interpretiert hatte.
    »Wo hast du die Dinger her?«, fragte er mit einem Blick auf die übrig gebliebene halbe Tablette. »Hat sie ein Arzt verschrieben?«
    Sie nickte, ohne ihn anzublicken, doch es war kein Ja. Sie dachte über seine Frage nach. Darüber, ob sie lügen sollte. »Warum ist das wichtig?«
    »Es ist wichtig, Naomi. Wenn du …«
    »Nein«, sagte sie kaum hörbar. »Sie wurden nicht verschrieben. Ich habe sie von einer Freundin in Washington. Sie ist Ärztin.«
    »Irgendeine Freundin.« Der Zorn war noch nicht verraucht, doch er bemühte sich trotzdem, die Konsequenzen abzuwägen. »Weiß Harper davon?«
    Sie hob zögernd den Blick, schaute ihn an. »Keine Ahnung.«
    »Er weiß es.« Kealey spürte, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten. Es war eine rein instinktive Reaktion, er konnte einfach
nicht den Zorn beherrschen, der wieder heftiger aufflackerte. »Er hat es die ganze Zeit über gewusst und dir trotzdem den Auftrag gegeben. Oder täusche ich mich?«
    Sie nickte, aber er hatte recht, und sie wussten es beide.
    Er hielt die Tablette hoch. »Wie schlimm ist es? Wie viele am Tag?«
    »Ich weiß nicht genau. Zwischen zehn und fünfzehn. Manchmal …«
    Er wartete, sah aber, dass sie den Satz nicht beenden würde. »Wie hoch ist die Dosierung?«
    »Zwanzig Milligramm pro Tablette.«
    »Was? Zweihundert Milligramm pro Tag? Zweihundertfünfundzwanzig?«
    »Ja, so ungefähr.« Sie lehnte am Türrahmen, die spindeldürren Arme vor der Brust gekreuzt, den Blick zu Boden geschlagen. Er wusste nicht, ob sie beschämt oder nur betrübt war, weil er sie erwischt hatte. Wahrscheinlich beides zugleich.
    »Naomi …« Er wartete, bis sie den Kopf hob, doch das Schweigen schien eine Ewigkeit zu dauern. »So kann es nicht weitergehen.«
    Endlich hob sie den Blick, und von Streitlust war nichts mehr zu sehen. Tränen liefen über ihr Gesicht, über die etwas hellere Narbe auf der rechten Wange. Sie berührte sie leicht und drehte sich etwas, damit er die Narbe nicht sah. Das tat sie seit dem Tag, als sie aus der Privatklinik der CIA im Loudoun County in Virginia entlassen worden war, und es traf ihn jedes Mal tief. Wahrscheinlich geschah es unbewusst, doch das machte es nicht leichter.
    »Was wirst du tun?«, fragte sie.
    »Ich weiß nicht.« Und es stimmte. Er wusste, wie wichtig ihr die Arbeit für die CIA war, doch in diesem Zustand konnte er
sie nicht mitnehmen. Was würdest du an meiner Stelle tun?, hätte er am liebsten zurückgefragt, doch das wäre zu einfach gewesen. Man hatte ihm beigebracht, Gefühle beiseitezuschieben, um schnelle, harte Entscheidungen zu

Weitere Kostenlose Bücher