Der Agent - The Invisible
hier alles, was du brauchst. Wenn du so weit bist, können wir sofort anfangen.«
»Wie hast du …?«
»Ich habe eine Liste zusammengestellt, und Mengal hat jemanden losgeschickt, um die Sachen zu besorgen. Es ist alles da, ich habe mich persönlich vergewissert.«
Craig nickte bedächtig. Es war klar, dass Kureshi seinen Namen preisgegeben, dass er ihn in diesen Schlamassel hineingezogen hatte. Trotzdem war er nicht so wütend, wie er es hätte sein sollen. Bestimmt hatten sie ihn unter Druck gesetzt. Kureshi war kein Feigling, aber auch kein Kämpfer. Zumindest nicht, solange keine unmittelbare Gefahr für sein Leben bestand. Craig schaffte es einfach nicht, ihm richtig böse zu sein.
Er blickte direkt in Kureshis trügerisch ruhige Augen. »Sie
brauchen sie für Propagandazwecke, Said. Letztlich werden sie Fitzgerald wahrscheinlich töten. Und wenn sie bereit sind, sie zu töten, haben auch wir keine Chance. Das solltest du wissen.«
»Ich weiß es.« Kureshi schien zu zögern. »Aber ich kann ihr helfen, und allein aus diesem Grund muss ich tun, was sie sagen. Ich kann nicht vor der Verantwortung fliehen.«
Craig nickte verständnisvoll, seinem alten Freund weiter fest in die Augen blickend. »Du wirst sie also operieren. Was dann?«
Kureshi lächelte resigniert, hielt Craigs Blick aber stand. »Ich bin kein Kämpfer, werde es ihnen aber auch nicht zu einfach machen. Ich will nicht sterben, doch sie sind überall im Haus, Mengals Leute, und einer von ihnen …«
»Ja?«, fragte Craig neugierig, denn Kureshis Miene verriet nackte Angst. »Was wolltest du sagen?«
Kureshi erschauderte. »Einer von ihnen ist der Teufel persönlich.«
26
Cartagena
Es dämmerte, ockerfarbenes Licht sickerte in das Zimmer im ersten Stock. Kealey lag angezogen auf dem Bett und blickte aus dem Fenster, durch das nur die dunklen Kronen der Feigenbäume zu sehen waren, die das Haus gegen die Straße abschirmten. Den größten Teil der Nacht hatte er wach gelegen, es ging ihm zu viel durch den Kopf, um Schlaf zu finden. Das verstörende Gespräch mit Javier Machado beschäftigte ihn genauso wie Marissa Pétains Enthüllungen über den Tod ihrer älteren Schwester. Praktisch alles hatte mit der CIA zu tun. Jetzt kannte er die Fakten, doch ihn interessierten die tiefer liegenden Motive. Bei Pétain schienen sie ziemlich plausibel. Sie wollte Rache nehmen für das, was ihrer Schwester in Kolumbien angetan worden war. Machados Ziele waren nicht annähernd so durchschaubar, und das beunruhigte ihn.
Dass es Pétain um Rache ging, fand er verständlich. Man sagte, Rache führe zu nichts, mache den Schmerz letztlich nur schlimmer. Er glaubte nicht daran. Wenn man das Verlangen nach Rache mit einem bestimmten Ziel verknüpfte, gewann man Kraft und eine Klarheit des Denkens, durch die man fast alles erreichte. Er wusste es aus eigener Erfahrung und sah, was Pétain motivierte. Sie wollte die Kolumbianer, doch um gegen sie vorgehen zu können, musste sie ihr Können unter Beweis stellen. In diesem Stadium war sie jetzt. Sie musste sich für die operative Abteilung unverzichtbar machen und
auf den richtigen Zeitpunkt warten, um zum Schlag gegen die Drogenbarone ausholen zu können. Er glaubte nicht, dass es lange dauern würde, bis sie ihre Chance bekam. Diego Sanchez-Montoya, einer der Anführer des Kartells Norte del Valle, stand seit Jahren ganz oben auf der Fahndungsliste des FBI. Eine erfolgreiche Undercoveroperation in Kolumbien wäre von großem Nutzen für das Renommee der CIA. Besonders, wenn es gelang, Sanchez-Montoya zur Strecke zu bringen.
Dagegen waren Machados Motive völlig undurchsichtig. Warum war er so scharf darauf, dass seine Tochter mit ihm nach Pakistan flog? Er war Machado nie zuvor begegnet, warum brachte er ihm so viel Vertrauen entgegen? Und woher wusste er von Benazir Mengal? Die Antwort auf die letzte Frage schien auf der Hand zu liegen. Pétain musste ihren Vater am Vortag eingeweiht haben, während er im ersten Stock schlief. Aber woher kannte Machado Mengal? Und wer war dieser Mann in Lahore? Er konnte es nicht wissen. Die ganze Lage war beunruhigend und wollte sorgfältig bedacht werden, doch er konnte sich nicht darauf konzentrieren, weil ihn das, was gestern in Madrid passiert war, noch sehr viel stärker beschäftigte. Genauer, ihn beschäftigte, was Naomi getan und welche Auswirkungen es auf sie hatte.
Am Vorabend, nachdem Pétain zu Bett gegangen war, hatte er mit ihr reden wollen, doch er brachte es
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