Der Agent - The Invisible
Ghafour einen knappen Monat nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis mit einem begrenzt gültigen Visum und einer Arbeitserlaubnis nach Spanien eingereist war. Es war unglaublich, aber seine Beziehungen zur GIA waren der spanischen Einwanderungsbehörde zuerst entgangen. Dann stießen sie doch auf die Verbindung und fanden ihn auf exakt jener Baustelle in der Innenstadt von Madrid, die in seinem Antrag auf eine Arbeitserlaubnis angegeben worden war. Eine Ausweisung wurde umgehend in die Wege geleitet, doch Ghafours
Arbeitgeber - ein ebenfalls in Algerien geborener Einwanderer, der während seiner zwanzig Jahre in Spanien reich und einflussreich geworden war - nutzte seine Beziehungen, um die Abschiebung zu verhindern. Damit entstand eine unangenehme Situation. Formal gesehen hatte Ghafour seine Strafe in Algerien abgesessen, und da ihn kein anderes Land haben wollte, besonders sein eigenes nicht, war eine Auslieferung keine Option. Selbst das Interview mit El Khabar reichte als Grund für eine Abschiebung nicht aus. Dennoch stand sein Name auf einer Liste, die an jedes spanische Konsulat geschickt wurde. Falls Ghafour das Land verließ, und sei es nur für einen Tag, durfte ihm die Wiedereinreise nicht gestattet werden. Es war eine einfache Lösung, aber eine, die sich schon früher bewährt hatte.
Durch diese Liste der »Unerwünschten«, so der CIA-Mitarbeiter, der Naomi informiert hatte, sei Ghafour ausfindig gemacht und auf der Baustelle entdeckt worden. Das Problem bestand darin, was als Nächstes zu tun war. Die spanischen Behörden hatten bereits entschieden, wie im Fall Ghafour zu verfahren war, und in Washington war beschlossen worden, dass weitere offizielle Bitten in dieser Sache allenfalls zu einer langen Verzögerung führen würden. Die gescheiterten Bemühungen der spanischen Regierung, den algerischen Terroristen des Landes zu verweisen, machten das hinreichend plausibel. Kurz gesagt, Ghafours Arbeitgeber hatte zu gute Beziehungen, und das amerikanische Außenministerium konnte nicht sicher sein, zügig an ihn heranzukommen. Das erklärte, warum Agenten der CIA Ghafour während der letzten Woche rund um die Uhr observiert hatten. Vor seiner Abreise nach Keflavík an diesem Morgen hatte Harper Kealey eine Telefonnummer und die Adresse eines Hotels gegeben, in dem die Agenten
wohnten. Wenn er und Kharmai in Spanien gelandet waren, sollten sie sofort Kontakt zu ihnen aufnehmen und einen Plan fassen, wie an Ghafour heranzukommen war - am besten so, dass die spanischen Behörden nichts davon mitbekamen.
Kealey hatte mehrere Ideen in seinem Kopf hin und her gewälzt und sich nach längerem Abwägen für eine entschieden. Gewöhnlich war es immer am besten, sich für die Methode zu entscheiden, bei der kein Ärger drohte. Darauf konnte man sich zwar nicht verlassen, aber er vermutete, dass Kamil Ghafour der Zahlung eines Geldbetrags nicht ablehnend gegenüberstehen würde. Also beschloss er, in Langley anzurufen, sobald sie am Flughafen waren. Es würde nicht lange dauern, das Geld zu überweisen, und wenn sie Glück hatten, war es bereits da, wenn sie in Spanien landeten.
Eine Bewegung zu seiner Linken holte ihn in die Gegenwart zurück. Er blickte zu Naomi hinüber, aber sie hatte sich nur im Schlaf bewegt. Während er sie betrachtete, empfand er das gleiche Gefühl der Zuneigung, das sie immer in ihm weckte, aber auch ein wachsendes Unbehagen. Zwar war er unglaublich erleichtert, dass sie wieder da war, doch er konnte nichts dagegen tun, dass ihre ambivalente Haltung gegenüber ihrer gemeinsamen Vergangenheit ihn mit tiefem Schmerz erfüllte. Und da war seine Sorge wegen ihres seltsamen Verhaltens und der extremen Stimmungsschwankungen. Einen Mittelweg zwischen Niedergeschlagenheit und Euphorie schien es nicht zu geben, und ihre Unberechenbarkeit konnte nur Scherereien bringen, wenn sie in Madrid gelandet waren.
Vielleicht ist es nur ein vorübergehender Wandel ihrer Persönlichkeit, dachte er, verzweifelt nach einer rationalen Erklärung suchend. Möglicherweise fängt sie sich in Spanien wieder. Vielleicht kehrt sie sogar zu dir zurück. Lass ihr einfach etwas Zeit.
Dann schüttelte er verärgert den Kopf. Tief in seinem Inneren wusste er, dass er naiv war. Er wollte nachsichtig sein und ihre Entscheidung akzeptieren, wieder für die CIA zu arbeiten, schaffte es aber nicht. Es wäre nicht richtig ihr gegenüber. Nicht angesichts dessen, was er wusste. In den Monaten nach Vanderveens
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