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Der Agent - The Invisible

Der Agent - The Invisible

Titel: Der Agent - The Invisible Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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nach der ohrenbetäubenden Explosion empfand er am ganzen Körper einen stechenden Schmerz. Er riss die Augen auf, brauchte aber ein paar Sekunden, bis er begriff. Dann traf ihn die Wahrheit mit voller Wucht. Sein ganzer Körper stand in Flammen, der brennende Stoff seines Anzugs verschmolz mit seiner Haut.
    Jilani wollte die Tür öffnen, doch der geschmolzene Kunststoffgriff klebte an seiner Haut und bohrte ein Loch in seinen Handteller. Und diese Schreie … Sie waren unerträglich laut. Er konnte sie nicht ausblenden. Begriff nicht, dass es seine eigenen waren … Er atmete tief ein, um erneut vor Schmerz aufzuschreien, sog dabei aber die extrem heiße Luft in seine Lungen. Nach zwei weiteren Atemzügen war alles vorbei. Die lauten Schreie verstummten, und die Finsternis zog ihn in einen tiefen, endgültigen Schlaf.

9
    Island
    Ryan Kealey saß im hinteren Teil des für vierzehn Personen ausgelegten Mercedes-Kleinbusses und schaute geistesabwesend aus dem Fenster. Die letzte Stunde hatte er damit zugebracht, seine Gedanken zu ordnen. Der Bus fuhr auf der Route 1, einer zweispurigen Landstraße, die um den größten Teil der Insel herumführte und die meisten größeren Städte miteinander verband. Der nachmittägliche Himmel war bedeckt, dunkle Kumuluswolken türmten sich über der kargen, steinigen Landschaft. Abgesehen von dem schmutzig weißen Schnee auf den Gipfeln der Berge im Norden waren alle Farbtöne Abstufungen von Schwarz, Braun oder Grau. Ein leichter Nieselregen verschleierte den Blick, Tropfen rannen an den Fenstern des Busses hinab. Doch selbst an einem klaren Tag hätte es nicht viel zu sehen gegeben, zumindest nicht in diesem Teil des Landes. Island hatte dem ausdauernden, körperlich fitten Wanderer einiges an Naturschönheiten zu bieten. Eine Landschaft nur aus dem Bus zu betrachten, das reichte nicht. Um ihre Schönheit angemessen würdigen zu können, musste man bereit sein, die Hauptstraßen hinter sich zu lassen.
    Kealey gehörte zu dieser Spezies von Reisenden. Im Lauf der letzten beiden Wochen hatte er eine Reihe von Naturwundern gesehen, darunter den Wasserfall bei Gulfoss, den Strokkur-Geysir und das chaotische Durcheinander von heißen Quellen, Lavafeldern und Rhyolithhügeln in Landmannalaugar.
Das waren erstaunliche Anblicke, doch er war durch reinen Zufall über sie gestolpert. Ansonsten hätte er sie nie gesehen, und die an Mondlandschaften erinnernden Eisfelder im Landesinneren sagten ihm ohnehin mehr als die gängigen Touristenattraktionen. Als er jetzt auf die vorüberziehende Landschaft blickte, fand er es ein bisschen schade, dass er das Land schon wieder verließ.
    Er suchte sich eine bequemere Sitzposition und ließ den Blick durch den Bus schweifen. Obwohl es der Höhepunkt der Touristensaison war, saßen Naomi Kharmai und er allein in dem Bus. Sie hatte sich auf der mit Kunststoff bezogenen Sitzbank auf der anderen Seite des Ganges zusammengerollt. Er sah nur ihr dunkles Haar und die linke Seite ihres Körpers. Ein dicker Wollpullover diente ihr als Kopfkissen, und sie schnarchte leise. Vor zwei Stunden hatten sie das Hotel verlassen. Harper war noch früher nach Keflavík abgereist, schon um acht Uhr morgens. Am Vorabend hatte er gesagt, er wolle den letzten Bus nehmen, doch das war nicht notwendig gewesen. Kealey hatte seine Entscheidung sehr viel schneller als erwartet getroffen, was auch ihn selbst überrascht hatte.
    Nach dem seltsamen Gespräch mit Naomi in der Bar war er sofort auf sein im Erdgeschoss liegendes Zimmer gegangen, wo er sich auf das schmale Bett legte und fast eine Stunde lang die Decke anstarrte, angestrengt nachdenkend. Ein Teil von ihm wünschte sich, in die Bar zurückzukehren, um dem Gang des Gesprächs eine andere Richtung zu geben, doch er wusste, dass es nichts geändert hätte. So vieles ergab keinen Sinn. Naomis kämpferische Attitüde kannte er bereits, aber sie war noch nie so ausgeprägt gewesen. Fast schien es, als wären er und ihre Beziehung nur noch eine beschämende Episode aus ihrer Vergangenheit.

    Das war schlimm genug, doch ihre Entscheidung, sich zur Vor-Ort-Agentin umschulen zu lassen, war genauso verwirrend. Ihm war nicht klar, was diese unerwartete Umorientierung herbeigeführt hatte, doch das war nur ein Aspekt des Themas. Harpers sofortige und unkritische Bereitschaft, sie zu unterstützen, beunruhigte ihn fast noch mehr. Denn sie hatte sich verändert, daran gab es keinen Zweifel. Er erinnerte sich, wie sie gewesen war, als

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