Der Agent - The Invisible
der Rechten packte er den Hemdkragen des Algeriers, und durch die Wucht seiner Bewegung prallten sie beide so heftig gegen die Wand, dass der ganze Wohncontainer erzitterte. Draußen rief jemand in atemlosem Spanisch nach Hilfe. Da lagen Kealey und Ghafour schon am Boden, um die Waffe kämpfend. Wieder löste sich ein Schuss, und das laute Krachen wurde noch von den Stahlwänden zurückgeworfen, als schon der nächste Knall folgte. Dann schaffte Kealey es endlich, dem anderen die Pistole zu entwinden. Erst als er wieder auf den Beinen stand, mühsam um Atem ringend, wurde ihm klar, dass die dritte Kugel von Marissa Pétain abgefeuert worden war.
Er starrte sie an. Sie stand mit gespreizten Beinen da, mit beiden Händen den Griff ihrer Pistole umklammernd, die Arme ausgestreckt. Ihre Kugel war in den linken Oberschenkel des Algeriers geschlagen. Besonders ernst schien es nicht zu sein, doch als Ghafour sich stöhnend auf die rechte Seite drehte, spritzte das Blut nur so aus der Wunde.
»Scheiße.« Kealeys Waffe steckte nach wie vor in seinem
Hosenbund, und da konnte sie auch bleiben. Er sicherte Ghafours Pistole und warf sie Pétain zu, die sie auffing, während er sich auf die Knie fallen ließ und mit beiden Händen so fest wie möglich auf die Wunde drückte. Ghafour schrie vor Schmerz und stieß eine Reihe unverständlicher Flüche aus. Er schlug wild mit den Armen um sich, um Kealey mit der Faust ins Gesicht zu treffen, schaffte es aber nicht.
Kealey ignorierte die Schmerzensschreie und wandte sich an Pétain, ohne sich zu ihr umzudrehen. »Sehen Sie nach, ob die verdammte Tür abgeschlossen ist!«, schrie er. Nach einem Moment der Unschlüssigkeit war sie mit zwei schnellen Schritten an der Tür.
Sie drückte die Klinke nieder und drehte sich um. »Ist abgeschlossen.«
»Kann man sie von außen öffnen?«
»Nein, ich denke nicht. Zumindest nicht, ohne sie aufzubrechen. Mein Gott, ich wollte nicht … Was soll ich tun?«
»Ich brauche was, womit ich die Blutung stoppen kann. Watte, Pflaster, irgendwas. Suchen Sie nach einem Verbandskasten. Worauf warten Sie? «
Während Pétain hektisch suchte, gab Kealey sein Bestes, um einen konstanten Druck auf die Wunde auszuüben, doch es war unmöglich. Ghafour wand sich auf dem dreckigen Boden hin und her, aus vollem Hals schreiend. »Halt’s Maul!«, brüllte Kealey. »Und halt endlich still! Ich versuche gerade, dein Leben zu retten, du Arschloch!«
Plötzlich rief Pétain, die einen Schrank durchwühlt hatte, dass sie fündig geworden war. Mit ein paar Schritten war sie bei Kealey und ließ sich neben ihm auf die Knie fallen. Nachdem sie ein paar Sekunden mit dem Deckel gekämpft hatte, sprang er auf, und der Inhalt des Verbandskastens fiel auf den
Boden. Sie griff nach der Watte und dem Pflaster, und Kealey, weiter so fest wie möglich mit links auf die Wunde drückend, streckte die rechte Hand aus.
»Das taugt nichts, ich brauche festeres, dickeres Material«, brüllte er Pétain an, um Ghafours Schreie zu übertönen. Er warf ihr einen scharfen Blick zu. »Ihre Bluse …«
Sie blickte an sich herab und zog so schnell wie möglich die Bluse aus, wobei sie Mühe hatte, die Arme aus den engen Ärmeln zu ziehen. Nachdem sie es geschafft hatte - darunter trug sie ein Achselhemd -, fand sie auf dem Schreibtisch ein Teppichmesser, mit dem sie die Bluse in Streifen zerschnitt, jeder etwa sechzig Zentimeter lang und gut fünfzehn breit. Unterdessen drückte Kealey die Watte auf Ghafours stark blutende Wunde. Nachdem er sie mit Pflaster befestigt hatte, reichte ihm Pétain den ersten Stoffstreifen, und er schlang ihn um die Watte und verknotete ihn neben der Wunde. Dann wiederholte er die Prozedur mit dem zweiten Streifen, doch diesmal verknotete er den Stoff direkt über dem Einschussloch.
Ghafours Atem ging flach und unregelmäßig. An die Stelle der Schreie war ein leises Stöhnen getreten, was kein gutes Zeichen war. Aber seine Augen waren weit geöffnet, und er musste in der Lage sein, Fragen zu beantworten. Alles andere interessierte Kealey nicht. Er riss zwei Kissen von dem Sofa in der Ecke und schob sie unter die Füße des Algeriers, was die Blutung zumindest verlangsamen würde. Ohne das Anlegen einer Aderpresse konnte er nicht mehr tun, und dazu war er noch nicht bereit.
Der Adrenalinstoß verebbte, und plötzlich fühlte er sich sehr erschöpft. Er war außer Atem, seine Glieder kamen ihm unglaublich schwer vor. Auf einmal kam ihm der Gedanke,
dass
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