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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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darauf beschworen hatte, sich von der Ludanice keinerlei Versprechungen abringen zu lassen, zumindest nicht im Moment.
    Aber warum dieser plötzliche Meinungswandel? Hatte nicht d’Alembert selbst ihn mit Markéta regelrecht verkuppelt, damit er sein Genügen hier in Krumau fand, beim Possenspiel geschenkter Grafenmacht? Und beschwor ihn nun dennoch, sich von ihr nicht zur Ehe bereden zu lassen? Heißt das nicht, dachte Julius, dass d’Alembert meine Hoffnungen, die er mir seit Jahren und Jahren mit allen Mitteln auszutreiben trachtet, auf einmal teilt? Ha! Glaubt auch Ihr plötzlich, mon cher monsieur, dass ich die väterliche Krone zu erringen vermag? Und wollt mir daher raten, durch eine Vermählung mit der minderblütigen Schönen nicht das Zepter zu zerschmettern, das Hezilows Kunst mir auf einmal in die Hände spielt?
    Sein Blick schweifte zum Ufer zurück, wo zwei struppige Gesellen unter den Bäumen hervortraten, sich umsahen, dann den Weg entlangtrotteten, zur Burg hinab. Oblion und Tákie, dachte er, oder Unçerek und Fondor? Zu jeder Tages - und vor allem Nachtzeit konnte man den Kerlen hier oben im Park begegnen, wo sie Moos von Mauersteinen kratzten oder gallertige Pilze ernteten, um Pelikan und Tiegel ihres Meisters mit magischen Ingredienzien zu füllen.
    »Und wenn er deine Mutter zur Gemahlin nähme?«, fragte Markéta in sein Sinnen hinein und ließ schwer atmend die Ruder fahren.
    »Müsst er abdanken, als Kaiser und König – unvorstellbar!« Knirschend fuhr ihr Kahn ins Uferschilf der Schwaneninsel.
    Julius sprang über Bord und reichte ihr die Hand, aber Markéta schüttelte den Kopf und kletterte allein an Land. Wieder hatte sie ihre störrische Miene aufgesetzt, die ihn ebenso sehr erheiterte wie erregte.
    »Ich weiß, mein Herr«, sagte sie unerwartet sanftmütig und hängte sich bei ihm ein. »Ich hab’s auch nur des Kontrastes halber gefragt: weil du ja sowieso nie Kaiser oder König wirst.«
    Da wurde ihm sturzdüster ums Gemüt. »Sag so was nicht«, murmelte er mit fremder Stimme, »sag’s nie mehr.«
    Der gepresste Ton schien sie aufzustören. Sie entzog ihm ihren Arm wieder und wich zum Kahn hin zurück. »Was hast du, Julius?«, fragte sie wie gestern früh, jetzt aber voller Schrecken.
    »Was hab ich denn gesagt?«
    »Gar nichts«, brummte er und sah sie stirnrunzelnd an. »Zum Glück hast du’s nicht gesagt, und sag’s auch niemals: nicht mit Bedacht und nicht aus Versehen.«
    »Aber was denn, bei allen Heiligen?«, rief Markéta aus, die nun eher zornig als erschrocken wirkte. Sie stemmte die Fäuste auf die Hüften, ihr Pfirsichbusen wogte. »Was redest du denn in Rätseln, Julius? Sag halt geradeheraus, was dich eben so verletzt hat – oder meinethalben fast gekränkt hätte?«
    »Bastard«, presste er zwischen den Zähnen hervor. »Hinter meinem Rücken nennen mich alle den Bastard des Kaisers, das weißt du ja. Aber ich könnt’s nicht ertragen, Markéta, wenn du genauso über mich dächtest, wenn du wie alle Welt glauben würdest, dass ich nicht würdig wär, das väterliche Zepter zu tragen.«
    Sie starrte ihn nur wortlos an. Ihr Mund öffnete sich und ging wieder zu. Dann hob sie die Arme, als ob sie ihn an sich ziehen wollte, und ließ sie in einer ratlosen Gebärde wieder sinken.
    »Versprichst du’s?«, fragte er. »Schwörst du’s mir, Geliebte – bei deinem Leben?«
    Ein schwarzer Schwan, der bisher wie tot im Schilf gehockt hatte, sprang auf einmal auf und lief drohend auf sie zu, die Flügel gespreizt und lauthals fauchend. Ohne seinen Blick von Markéta zu wenden, packte Julius das Vieh und drehte ihm den Hals um. »Schwörst du’s?«, wiederholte er.
    Sie nickte krampfhaft, die Augen weit aufgerissen, und da schoss es ihm auf einmal durch den Sinn: So, ganz genau so hat mich auch Johanna angesehen … Aber wie kann das sein? Was hatte sie bei den Infantengemächern verloren – tief in der Nacht?
    »Woran denkst du, Julius?«
    Er fuhr zusammen und ließ den schlaffen Schwan ins Uferschilf fallen. »Ah, seltsam«, antwortete er, »immer wieder quäl ich mich mit jener Nacht – du weißt schon, als das Mariandl auf einmal …« Er unterbrach sich und fuhr sich mit der flachen Hand übers Gesicht.
    »Bis heut kann ich mich einfach nicht erinnern, was damals passiert ist. Ein Gebräu haben sie mir eingeflößt, weil ich in tiefen Schlaf fallen sollt … Aber einmal muss ich doch aufgewacht sein … aufgestanden … auf den Gang hinaus, und da … So wie du

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