Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
Vom Netzwerk:
köstlich erfrischende, jede Faser seines Wesens tränkende Wasser finden ließ.
    Atemlos ließ er endlich von ihr ab, ihr Gesicht, ihre ganze Gestalt schien zu leuchten, wie sie vor ihm stand, unter den Eichenästen, durch die letzte Strahlen der Abendsonne rieselten. Vielleicht, durchfuhr’s ihn, vielleicht hatte von Sargenfalt bei seiner Geisterreise ja herausgefunden, dass Markéta von weit edlerer Abkunft war, als sie bisher angenommen hatten – nicht nur vom Geschlecht der Ludanice stammend, sondern aus irgendeiner übersehenen Nebenlinie eines abendländischen Herrscherhauses?
    Das war gewiss nicht sehr wahrscheinlich, aber was hatte das schon zu besagen, da er doch offenkundig vom Schicksal ausersehen war, die väterliche Majestät, das Heilige Reich, ja das gesamte Abendland aus dem Abgrund zu ziehen? Oder warum sonst wär der Puppenmacher ausgerechnet hierher gekommen, nach Krumau, um sein schicksalhaftes Werk zu vollbringen? Gold in funkelnden Strömen, Kreaturen in blanken Scharen, dachte Julius, indem er Markéta bei der Hand nahm und wieder mit sich zog, zur Burg hinab.
    »Alles wird sich zum Allerbesten wenden«, sagte er zu ihr,
    »ich spür’s ja, und mein Astrolog hat auch alles genau so vorausgesagt. Der gute Sargenfalt, lass uns gleich zu ihm gehen: Er soll uns berichten, was er im Siebenbürgischen rausgebracht hat.«
    »Der hustende Sternengucker?« Ungläubig sah sie ihn von der Seite her an und wollte sogar stehen bleiben, aber er zog sie immer weiter, lachend, auf ihre nackten Füße hinuntersehend, die wie zwei winzige braune Rehkitze neben ihm durchs Gras sprangen. »Der ist nach Preskov geritten und handkehrum zurück?«
    »Wart’s ab, wart’s nur ab«, sagte Julius, die Geliebte immer rascher mit sich ziehend, den abschüssigen Weg zur Burg hinunter, bis sie in den Schatten des obersten Burghofs tauchten, der sie nach der flirrenden Hitze des Parks mit kühlem Dämmerlicht umfing.
    Das bunte Völkchen der Maler und Schranzen, Musikanten und Poseure, Narren und Schauspieler lagerte in den Höfen. Viele hatten Weinbecher in den Händen, andere hockten oder lagen, paarweise oder zu dreien, in Winkeln und Nischen, müßiger Wollust zugetan.
    Aus einem Knäuel von Leibern und Gliedern reckten sich zwei schwarz gelockte Köpfe, aber Julius winkte ihnen ab: Die Syrakuser wollte er jetzt nicht bei sich haben.
    Sein ganzes bisheriges Leben schien ihm auf einmal wie zielloses Verspritzen des kostbarsten Elixiers. Mit so vielen Fötzlein und Schwänzlein getändelt, dachte er, Jahre und Jahre mit Kutschreisen, Spiegelfechtereien, mit Jagdpartien, prahlerischen Gelagen durchgebracht.
    Und dabei habt Ihr eine Aufgabe hier auf Erden zu leisten, mein herrlicher Herr, die größte, glanzvollste Pflicht auf dieser Welt: Retter des Kaiserreichs! Dumpf schwante es mir ja seit langem, als kleinem Knaben schon. Und dienten mein Groll und mein Abscheu, der ewige Selbsthass auf den Kaiserbastard nicht immer nur dazu: mich vor der heiligen Aufgabe zu verstecken, die mir im Geheimen allzu groß und gefahrvoll schien?
    Aber damit ist’s nun vorbei, für alle Zeiten vorbei, schwor sich Julius, indem er Markéta immer weiter mit sich zog, Hof um Hof abwärts, durch Scharen und Spaliere buckelnder Schranzen und Lakaien, bis sie endlich die lang gezogene, sanft abfallende Fläche des untersten Burghofs erreichten.
    Ein wenig außer Atem traten sie an die Burgmauer, die sich rechterhand an den Hungerturm anschloss, und beugten sich darüber. Tief unter ihnen zog sich der Graben dahin, zehn Schritte breit, finster wie eine Waldschlucht und mit Gestrüpp und Bäumen bewachsen.
    »Die Bären, siehst du?« Er deutete hinab, dabei waren die beiden Bestien wahrhaftig nicht zu übersehen, wie sie im Schlamm umhertrotteten, in Mais und Kartoffeln wühlten, die zu großen Haufen vor ihnen aufgetürmt waren.
    Als er die Stimme des jungen Grafen hörte, sah Robse, der Hüne mit der brandroten Mähne, zu ihnen auf. Er hockte einige Schritte abseits im Graben, auf einem Steinbrocken vor der äußeren Burgmauer, neben ihm sein halbwüchsiger Sohn. Nun sprangen beide auf und warfen sich gleich wieder auf die Knie, die Hände aneinander gelegt und bittend emporgereckt.
    »Erbarmen, Herr«, rief Robse, »ich fleh Euch an, lasst uns frei!«
    »Nichts da, so war’s abgemacht, Robse.« Lachend spie Julius auf ihn hinab. »Du hast mir keine Brummbärkinder gebracht, nur die beiden Alten. Drum bleibt ihr beiden hübsch im Graben, ich

Weitere Kostenlose Bücher