Der Alchimist von Krumau
fiebrigem Schweiß.
»Gott zum Gruß.« Sie nickte dem Kranken zu. »Was hat der Medikus Euch eingeflößt, mein Herr?«
»Goldwasser, zumindest sagt er’s, Ihr habt’s ja gehört.« Sargenfalt richtete sich auf seinem Lager auf, stopfte sich ein Kissen in den Rücken und sah seine Besucher mit munterer Miene an. »Aber was der Magister da auch zusammengemischt haben mag, es tut seine Wirkung, schneller als ein Engel fliegen kann!« Hohlwangig lächelnd sah er von Julius zu Markéta. »Ich war schon drauf gefasst, dass der Löwe mir die Brust zerreißt! Jetzt aber sind der Husten, die Schmerzen, Schwindel und Fieber – alles wie weggeblasen.«
»Na, das wurd auch Zeit, Sargenfalt.« Julius ließ sich auf der Bettkante nieder, reichte Markéta eine Hand und zog sie zu sich herab.
»Hoffen wir, dass Hezilows jüngstes Wunder ein Weilchen vorhält – zumindest, bis Ihr uns berichtet habt.« Er tätschelte die schlaffe Wange des Astrologen. »Also lasst hören, sofort.«
Mit offenbarer Bestürzung sah Sargenfalt zu seinem Gebieter auf.
»Die Krankheit, bitte um Vergebung«, murmelte er, »ich war dort, viele Male dort, Euer Liebden, aber der arge Husten hat mich jedes Mal wieder rausgerissen, noch ehe ich die gesuchten Geister traf.«
»Dann fahrt jetzt wieder hin, die Augen zu und hopp!« Julius tätschelte stärker, dass es beinahe wie Backpfeifen klatschte.
»Kein Husten quält Euch mehr, was zögert Ihr?«
Der Astrolog riss die Augen auf. »Das magische Kraut, Euer Liebden, ich muss die Zauberpfeife rauchen, sonst misslingt der Geisterflug.«
»Dann stopf und rauch er, guter Mann!« Julius zog ihm die Sternendecke weg, dass der Astrolog in jämmerlicher Blöße lag, ein Gerippe in fleckigem Nachtgewand. »Puh, wenn der Duft nur Eure Geister nicht vertreibt! Wo ist das Kraut? Hol er’s! Paff er, orakle er, hopp!«
Mit furchtsamer Miene rappelte der Kranke sich auf und tappte durch seine Stube zum Pult, wo er Tabaksbeutel und Pfeife aus der Lade nahm. »Freilich weiß ich nicht«, gab er zu bedenken, »wie das Zauberkraut sich mit dem Heiltrunk vermählt. Möglich, dass dieser mich hinabdrückt, während jenes mich heraufzuziehen trachtet …«
»Schwadronier er nicht, sondern kokel endlich an!« Julius zwinkerte Markéta zu, aber sie setzte ihre störrische Miene auf und weigerte sich, zu ihm hinzusehen.
Wahre Gewitterstürme tobten in ihrem Busen, während sie der Debatte lauschte und zusah, wie der Alte sich eilte, die Befehle seines Herrn auszuführen. Fahr dazwischen, forderte sie sich selbst auf, der Kranke soll sich schonen, er muss erst wieder zu Kräften kommen – wer weiß, was für ein Teufelszeug aus Hezilows Hölle der Medikus ihm da eingeflößt hat! Wenn er die Geisterreise in drei Tagen unternimmt, ist’s immer noch gute Zeit, mahnte sie sich, blieb aber wie gelähmt auf der Bettkante sitzen und sah zu, wie der Alte sich mit zitternder Hand die Pfeife stopfte. Endlich brannte das Kraut, röchelnd sog er den Rauch ein, gegen sein klobiges Fernrohr gelehnt.
»Sargenfalt ist mein allerbester Geisterseher«, hörte sie Julius an ihrer Seite rühmen.
Einen Moment lang rang sie noch mit sich, dabei stand ihre Entscheidung längst fest. Mit einem Lächeln wandte sie sich an den Astrologen. »Wie Ihr vielleicht wisst, bin ich im Haus eines Heilers aufgewachsen. Als Badergehilfin sollt ich Euch ermahnen, diese Pfeife beiseite zu legen und erst Eure gänzliche Genesung abzuwarten, ehe Ihr Euch auf eine so gefahrvolle und anstrengende Reise begebt.« Sie erhob sich und trat neben den Sterngucker, der mit rasselnder Lunge an der Pfeife sog. »Aber als Tochter der Bianca da Ludanice muss ich anders handeln«, fuhr sie fort, »und bitt Euch hiermit, werter Herr, ja ich fleh Euch an: Wenn Ihr jetzt zu den Geistern reist, sucht meine Mutter Bianca auf und befragt sie, welche Qualen sie leidet, welche Botschaft sie mir zuzuschreien versucht in meinen Geisterträumen Nacht für Nacht!«
Sargenfalt sah sie aus trüben Augen an, sein Antlitz im Sternenlicht glitzernd vor Schweiß. »Eure Frau Mutter?«, echote er. »Wie könnt ich die so schnell finden im Geistermeer? Was glaubt Ihr, wie viel Mühe und Geduld es mich gekostet hat, wie viele hundert Geistergespräche, bis ich zumindest eine Spur jener Ludovica da Ludanice fand, der Großtante Euer Mutter Bianca?«
Zaghaft sog er aufs Neue an seiner Pfeife, von der ein schwerer, süßlicher Duft nach überreifen Pilzen aufstieg. »Die Geister haben
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