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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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mitten im Ort.
    Alle stürzen herbei, Herren und Knechte, Männer, Weiber, Kinder, selbst ein Greis humpelt heran, am Arm seiner vom Alter tief gebückten Frau.
    ›Gott zum Gruß‹, sagt Fondor, packt den Greis beim Hosenbund und wirft ihn in die Flammen.
    ›Habe die Ehre‹, sagt Unçerek, schnappt die Alte bei den Röcken und schickt sie dem Greis hinterher.
    ›Und jetzt?‹, fragt Fondor.
    ›Abendmahl‹, sagt Unçerek, springt zu einer jungen Mutter und reißt ihr den Säugling vom Busen.
    Obwohl solches behauptet wurde, glauben wir, werter Maître, nicht, dass Unçerek seine Zähne in die Wange des neugeborenen Mägdleins geschlagen hat. Achtet einmal auf sein schadhaftes Gebiss, und der Rumor verliert auch für Euch jede Glaubwürdigkeit.
    Tatsache ist jedoch, dass sich die Kleine nicht wieder gefunden hat, und das, obwohl die Leute von Vargasz sich sputeten, jedes Begehr der beiden Herren zu erfüllen.
    Binnen weniger Minuten sind die einzigen Einwohner herbeigeschafft, die sich durch das Schauspiel des im Schneetreiben himmelhoch lodernden Feuers nicht anlocken ließen.
    Beißender Rauch, nach Bratenfleisch und schmorendem Knorpel stinkend, treibt den Leuten Tränen in die Augen, Tränen, die sich mit ihrer Wut, ihrem Kummer über den Verlust der beiden Geschwister vermischen.
    Im Schein des Feuers untersucht Fondor Pjotr und Unçerek Dusa. Die Geschwister sträuben sich, versuchen zu fliehen, obwohl sie kaum einen Fetzen mehr am Leibe tragen.
    Schimpfend laufen Unçerek und Fondor hinter ihnen her, Letzterer mit vollen Backen kauend, und die Mohnblüten schaukeln an ihren Hüten, was in dieser Nacht voll Schnee und Flammen ganz absonderlich aussieht.
    Für kurze Zeit verschwinden alle vier hinter der Kutsche, sodass den Leuten von Vargasz die Sicht versperrt ist. Man vernimmt klatschende Schläge, hört Schreie, mehrfach ein Zischen wie von Schröpfeisen. Währenddessen sucht die junge Mutter ihr Kind, und die Männer von Vargasz machen einen lachhaften Versuch, den Brand zu löschen, indem sie eimerweise Schnee in die Flammen werfen.
    Dann kommen die Geschwister und die beiden Heiler wieder zum Vorschein. Unçerek hält nun Pjotr im Nacken fest, während Fondor einen Arm um Dusas Hals gelegt hat. So führen sie die beiden, bei unvermindertem Schneetreiben, um die vier Rappen herum zur Kutschtür, heben die Pestilenzischen in die Kabine, schwingen sich ihrerseits auf den Wagen und fahren davon, nicht ohne sich nochmals in Richtung der Zurückbleibenden zu verneigen.
    Im zerstampften Schnee finden sich nachher ein paar zarte Knochen, ein paar Mohnblütenblätter, ein paar erloschene Kohlestücke – Zeichen, die niemand in Vargasz zu deuten vermag. Alles in allem sind die Leute froh, so glimpflich davongekommen zu sein, und entschlossen, nie wieder Pestilenzische vor der Obrigkeit zu verbergen.«
    Charles d’Alembert ließ den Rapport in seinen Schoß sinken, keineswegs sicher, ob er tatsächlich auf seinem Sofa saß oder nur träumte, hier zu sein. Zu seiner Linken Fabrio, vertrauensvoll an ihn geschmiegt. Dem Maître schien es ratsam, ihn nicht zu beachten, schon seines kränklichen Herzens halber, das unter der flachen Hand des Knaben wie rasend pochte.
    »Da sich die Betten im gräflichen Hospiz am Pulverhaus schneller leeren als die Strohlager im Rosenberger Kastell, wurde obrigkeitlich angeordnet, wöchentlich zehn bis fünfzehn Pestilenzische vom Kastell in die Krumauer Burg zu verlagern, auf dass Medikus von Rosert ihnen die vorgeschriebene Kur angedeihen lasse.«
    Auf dem Teppich zu seinen Füßen lag Lenka, auf Bauch und Brust ein Wirrwarr emporgeraffter Röcke, die Rehkitzbeinchen weit gespreizt.
    »Um Übergriffen seitens aufrührerischer Bauern zu wehren, wurde des Weiteren dekretiert, dass der Kutschverkehr zwischen Kastell und Burg durch zweckmäßig bewaffnete Gardisten aus der Kompanie des Kommandanten Jan Mular zu flankieren sei.«
    Immer wieder schielte er über die Blätter hinweg, konnte sich aber nicht überwinden, seinen Blick auf das Schattendreieck zwischen Lenkas Schenkeln zu fokussieren. Nicht, dass er allen Ernstes erwartet hätte, dort »ein Teufelchen hervorspitzen zu sehen«, wie Fabrio ihre abergläubische Angst in Worte gefasst hatte. Dennoch fürchtete er aus irgendwelchen Gründen, dass er die allerletzten Reste an Willensstärke und Geisteskraft einbüßen würde, wenn er sich Fabrios Lockrufen ergäbe.
    Wenn er dagegen weiter und weiter in den Schreiben der

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