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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Ihr doch sein könnt! Und wenn ich Euch nun versprechen würde, dass wir gleich nach Neujahr hochfahren nach Prag?«
    »Ihr verspottet mich schon wieder! Wie sollte das denn gehen – noch lodert ja die Pest! Keiner kann in die Stadt hinein, keiner hinaus.«
    »Aber ich bin der Herr.« Er nutzte ihre Verwirrung. »Voilà, madame: Für mich ist immer eine Pforte offen.«
    Die Mohnblüten schaukelten heftiger, das Glöckchen bimmelte stürmischer.
    »In einer Woche allerärgstens ist der Pestspuk vorbei. Auch Hezilow will bis dahin am Ziel sein: Einen ganzen Kristallballon voll hat er mir versprochen, zwei Dutzend Homunkel von den ungefähren Maßen dieses – dieses – Zauberstabs.«
    »Oh, mein lieber Herr, oh, oh!« Ihre Beine schlangen sich um seine Mitte. »Herbei mit dem Homunkel! Und dann, sagt Ihr, fahren wir nach Prag?«
    »Ich gelob’s.«
    »Und Ihr bittet die väterliche Majestät, in unsre – in unsre Vermählung einzuwilligen?«
    »Das Gold und die Homunkel, Markéta.« Er küsste sie auf die Spitzen ihrer tanzenden Brüste, links und rechts und links.
    »Goldströme, Homunkelfluten. Sie werden mich emporschwemmen, in die allerhöchsten Höhen!«
    »Euch allein, Julius – oder uns zwei?«
    Funkelnde Fluten schossen in ihm empor. »Ströme, Ströme, Ströme, Markéta!« Er keuchte. »Goldströme, Homunkelfluten, schimmernde Aquastergüsse, und dann mach ich dich zur Königin, ah!«
    Markéta schloss die Augen und spürte, wie die Woge seiner Leidenschaft sie hoch und immer höher trug. Zugleich sah sie sich selbst und Julius wieder vor sich, wie sie durch einen Schlosssaal schritten, und diesmal nahmen sie auf den prachtvollen Thronen Platz. Am Ende bekommt er doch noch eine der väterlichen Kronen, dachte Markéta, dann werden wir wahrhaftig ein Königspaar – und dann dachte sie überhaupt nichts mehr, bis ins Innerste vor wollüstigem Glück erschauernd.
    »Aber bis dahin heißt’s wachsam sein!«, stieß er hervor und ließ sich atemlos auf den Rücken fallen.
    »Wachsam, Julius? Was meint Ihr?«
    Er schloss die Augen und lauschte dem Tosen seines Pulsschlags.
    »Noch haben wir nicht gewonnen.«
    »Aber was hättet Ihr denn noch zu befürchten?«
    Sie drehte sich neben ihm auf die Seite und sah ihn an, den Kopf in ihre rechte Hand gestützt. Seine Augen verengten sich, und er stieß einen wohligen Seufzer aus, als sie mit der linken Hand über seinen Bauch zu streichen begann, im Uhrzeigersinn seinen Nabel umkreisend.
    »Letzte Nacht«, murmelte er, »hat sich jemand an den Pestgräbern zu schaffen gemacht. Die Wächter haben wohl das Ärgste verhindert, aber es zeigt, dass immer noch Gefahr droht.«
    Zwei Gräber hatten sie geöffnet, die Särge herausgeholt, die Deckel aufgestemmt. Ehe sie allerdings mit den Leichnamen in der Nacht verschwinden konnten, waren die Gardisten herbeigestürmt und hatten die dreisten Räuber in die Flucht geschlagen.
    Markétas Hand glitt sanft abwärts und packte dann so fest zu, dass er den Atem anhielt. Gleich darauf saß sie auf ihm, vorgebeugt wie eine Reiterin, die Hände auf seinen Schultern.
    »An den Pestgräbern? Aber wer macht denn so was, mein Herr?« Sie begann auf seiner Mitte auf und ab zu hüpfen.
    »Einen der Kerle haben meine Soldaten geschnappt.« Julius öffnete die Augen und weidete sich am Anblick ihrer Brüste, die über ihm auf und nieder sprangen. »Er heißt Balthasar Kuckuck, glaub ich, und wurde heut bei Sonnenaufgang von meinem braven Schatz aufgeknüpft.«
    Sie erstarrte über ihm, ihr Schoß zog sich so hart zusammen, dass er beinahe aufgeschrien hätte.
    »Kennst du ihn etwa?«
    Markéta sah auf ihn herunter, doch in diesem Augenblick nahm sie ihn kaum wahr. Nicht um diesen Preis, dachte sie, nicht von Hezilows Gnaden, nicht auf Kosten des armen Balthasar!
    Sie krallte die Nägel in Julius’ Schultern und begann ihn erneut zu reiten, so wild jetzt, dass ihm das Blut in den Schläfen rauschte.
    »Ob ich ihn kenne, mein Herr? Balthasar Kurusch – den Toten-, Totengräber von Krumau? Den Bruder von – von Melchior, den Eure Kutsche entzweigefahren hat, als Ihr im Frühjahr – zu uns kamt?« Unvermittelt sackte sie über ihm zusammen, und ihr Kopf sank auf seine Wange. Wenn ich denn für uns beide wählen muss, geliebter Herr, zwischen dem Teufelsglanz und -glück, mit dem Hezilow Euch lockt, und dem Zerschellen Eurer – unserer – Träume, so wähl ich das Scheitern, Julius, und wenn es mir das Herz zerdrückt.
    Ihre Tränen rannen

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