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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Höflichkeit, oder aus einer geringfügigen Scheu, die von früher her noch in ihm zittern mag, lässt Julius mich nicht in den Hungerturm werfen, zu jenem kaiserlichen Boten, der die Nachricht vom Ritterschlag brachte und zum Dank seinerseits einen Faustschlag erhielt.
    Nun, geprügelt wurde ich bisher nicht, fürs Erste haben sie wohl auf die Elixiere vertraut, die Hezilow für mich mischte und der Medikus mir mit allerbesten Genesungswünschen überbringen ließ. Ich goss sie in den Nachttopf und ließ mir stattdessen den Trank des Baders Pichler einflößen, eine Kur, die gegen den Löwen in der Brust gleichfalls wenig verschlug,
    der Bestie aber zumindest nicht noch die Flanken stärkte.
    »Ihr seid krank, Maître, Ihr müsst Euch schonen.« Mit diesen rücksichtsvollen Worten hindern sie mich weiterhin, zu meinen angestammten Pflichten zurückzukehren. Die Schlüssel zu Geldtruhen, Schatz-und Vorratskammern halten Hasslach und Skraliçek in Händen, Julius’ kriecherisch Vertraute, und an die Spitze der Gardisten hat er eine tückisch hündische Kreatur gesetzt, namens Jan Mular, einen boshaften Burschen, der seine Zähne bereitwillig in jede Kehle schlägt, die sein Herr ihm bezeichnet.
    Und Kasimir von Rosert, der mit der Pestilenz so heldenhaft ringt wie der Sensenmann beim Erntetanz mit der moderhüftigen Frau Welt? Ihr erinnert Euch vielleicht, Madame, an Kasimirs spezielle Narretei: Er ist ja besessen von dem Wahn, menschengestaltige Apparate zu erschaffen, nicht marmorne Bildwerke wohlgemerkt, sondern Machinationen aus Metall und Rädern, die seit Jahren vor seinem geistigen Auge auf und nieder stapfen, dabei mit schnarrender Stimme geistlose Sätze lallend. Da war es für den Puppenmacher leicht, ihn zum schwarzen Bündnis zu bewegen: Der Medikus schickt ihm die Befallenen ins Labor hinunter, auf dass der Magister den Spiritus vitae aus den todgeweihten Leibern dampfe und in seinen alchimistischen Apparaten neues Leben daraus destilliere: aus ihrem Stirnodem, aus spermium und Weiberblut.
    Das ist unzart, grell, o ich weiß, chère madame, doch so sind die schwarzen Pläne nun einmal beschaffen. Um sie zu durchkreuzen, muss ich sie kennen, durchdringen, mich in ihr Innerstes versenken, wie es mir auch in der Kehle würgen, Magen und Herz mir verkrampfen mag.
    Alles, wahrlich alles will ich tun, um ihn zu retten, Katharina. Denn Julius ist mein Sohn, mein Leben, Ihr wisst es, ich bin sein Vater, in jedem anderen als jenem einen, tierischen Sinn. Ich bin müde, Madame. Immer noch lauert der glühende Leu tief in meiner Brust. Ich werde das Spiel zu Ende bringen, das schwöre ich Euch, zum bestmöglichen Ende, und dann mich niederlegen. Der Gedanke, Fabrio opfern zu müssen, treibt mir Tränen in die Augen, Madame. Aber selbst das werde ich tun, wenn der Lumpenteufel mir keinen besseren Zug erlaubt: Fabrio opfern, den Geliebten, um Julius zu retten, meinen Sohn.
    Die ganze Welt, träumte ich letzte Nacht, wird in einer riesigen Feuersbrunst zerfallen. Und die Welt, die aus der Asche neu emporblüht, wird von Homunkeln und öden Machinationen bevölkert sein, fern jeder geistigen Feinheit und ästhetischen Raffinesse.
    Erlaubt mir, die Feder aufs Pult zu werfen, Katharina. Erlaubt mir, diese Blätter gleich wieder zu zerrei …

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    »Ich weiß ja, wovon Ihr träumt, Markéta: dass wir endlich nach Prag fahren, Ihr und ich in prachtvollem Zug moldauaufwärts, um den Segen der väterlichen Majestät zu erflehen.«
    Sie erstarrte in seinen Armen. »Treibt nicht Euren Spott mit mir, ich bitt Euch, Julius. Ihr habt Recht, ich träum immer noch davon in manchen Stunden. Aber dann wieder wein ich vor Kummer, weil ich vorausseh, dass Ihr und ich …«
    »Was – wir beide? Was wolltet Ihr sagen, Markéta?« Er rollte sie auf den Rücken und schob sich über sie, die Fäuste zu ihren Seiten aufstützend.
    Das Messingglöckchen am moldaublauen Samthimmel über ihnen begann schütter zu bimmeln. Das an den Glockenstrang gebundene Klatschmohnsträußlein schaukelte im Takt ihrer Gegenwehr.
    »Lasst mich, Julius – nicht jetzt, nicht so!« Sie versuchte ihn von sich zu schieben, das gefiel ihm. Ihre kleinen braunen Fäuste drückten sich gegen seine nackte Brust.
    »So nicht? Ja, wie denn sonst? Wollt Ihr mir wieder mit Eurem Nabellosen kommen? Der bleibt beim Magister, und basta. Hezilow braucht ihn fürs alchymische Gelingen, und jetzt kein Wort mehr von Flor, ich befehl’s! Aua! Was für eine Bestie

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