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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Tor und verkündeten, was der neue Herr Graf in Sachen Sigmund Pichler beschlossen hat.« Tief atmete er ein, und sein mächtiger Brustkorb blähte sich, dass er das Leinenhemd zu sprengen drohte; dann begann der Bader im Tonfall eines amtlichen Ausschreiers hervorzuleiern:
    »Das von Seiner Herrlichkeit, Graf Wilhelm von Rosenberg, Burggraf von Prag, Kanzler und Vizekönig von Böhmen, im Jahre 1588 A.D. dem Bader Sigmund Pichler, wohnhaft zu Krumau, Witwer der Bianca Pichlerová, geborene Voscaja, gnädigst verliehene Privilegium, Kranke und Gebresthafte zu heilen, ihre Leiden zu lindern mit Gottes Hilfe, widerrufen Wir, Don Julius Caesar d’Austria, Graf von Krumau, mit unverzüglicher Wirkung und ordnen an, dass fortan all Unsere Untertanen, die an fiebriger Hitze oder quellenden Gallensäften, Geschwüren oder Gebresten jeglicher Beschaffenheit leiden, ins gräfliche Burgspital zu verbringen und dort der Obhut des gräflichen Medikus zu unterstellen sind …«
    »Sie hieß nicht Voscaja«, sagte Markéta rasch, kaum dass der Bader geendet hatte. »Das hast du doch seit langem schon gewusst?«
    Seine Hände begannen den Zinnbecher zu drehen, der vor ihm in einem Morast aus Brotkrumen und Apfelschalen stand.
    »Gewusst«, murmelte er. »Wieso denn gewusst?«
    »Bitte hör mich an, Va … Vater Sigmund.« Sie holte Luft und sprach hastig weiter: »Was dir angetan wurde, ist Unrecht, und ich schwör dir, dass ich alles versuchen werde, um deine Lage zu lindern. Mit Don Julius sprechen, oder besser noch mit Obersthofmeister d’Alembert, und ich bin sicher …«
    Wieder brach sie ab. Ihrer Sache sicher war sie nun wirklich nicht, im Gegenteil. Hezilow steckt dahinter, durchfuhr es sie; nein, dachte sie aber gleich darauf, das ergab ja keinen Sinn: Auch wenn sie dem Puppenmacher so ziemlich jede Schandtat zutraute, was hatte er davon, wenn dem Bader Pichler das Wasser abgegraben wurde?
    Sie sah auf seine Hände, die immer schneller den Becher drehten. Einige Tropfen honiggelben Weins spritzten heraus, und da hörte er auf, den Becher zu drehen, hob ihn mit zitternder Hand an seine Lippen und goss den Wein in seine Kehle.
    »Du hast eben gesagt: Der Pichler hat seine Schuldigkeit getan.«
    Markéta beugte sich vor und sah ihm scharf ins Gesicht. »Was hast du gemeint damit?«
    »Na, ich …« Der Bader setzte den Becher ab, und gleich begannen seine Hände wieder das schmucklose Zinngefäß zu drehen. »Gar nichts hab ich …«
    »Lass uns offen reden, bitte«, fiel sie ihm ins Wort. »Wir beide wissen, dass Mutter Bianca ein halbes Jahr droben auf der Burg gelebt hat, bevor sie auf einmal hier heruntergekommen ist und deine Gemahlin wurde.«
    Der Bader glotzte sie an, seine Lippen bewegten sich, glänzend vom Wein.
    »Ich weiß es seit wenigen Wochen«, fuhr Markéta entschlossen fort, obwohl ihr das Herz schon wieder wie rasend klopfte. »Aber du musst es doch damals schon gewusst haben, nicht wahr, Vater Sigmund?«
    Wieder starrte der Bader stumm an ihr vorbei. Der Zinnbecher sprang zwischen seinen zuckenden Händen hervor, rollte über den Tisch und fiel scheppernd zu Boden.
    »Sie war erst droben, das stimmt«, brummte er endlich. »Da hab ich sie ja auch zum ersten Mal gesehen, im Winter vor …« Er fuhr sich mit der flachen Hand über den Schädel. »Das war vor zwanzig Jahren, ich weiß es noch genau«, fuhr er lebhafter fort, »ich war droben, um mit dem Burgvogt zu sprechen, weil ich doch endlich das Badehaus aufmachen wollt. Ein sonniger Tag, aber so kalt, dass der Atem in der Nase gefror. Und ich bin kaum durchs Burgtor marschiert, da steht sie vor mir im Hof, schön wie eine Fee.«
    Auch seine Miene war heller geworden, doch sein Blick ging immer noch an Markéta vorbei.
    Ich bin deine Tochter nicht.
    Er habe sich gleich in sie vergafft, fuhr der Bader fort. Mit dem Badehaus wurde es an jenem Tag wieder einmal nichts – zu wenig Geld und noch weniger Fürsprecher, wie der damalige Burgvogt ihm auseinander setzte. Aber er fühlte sich trotzdem nicht niedergedrückt, im Gegenteil. Noch am selben Tag brachte er ihren Namen in Erfahrung, zumindest ihren Rufnamen: Madame Bianca. Was Herkunft und Stand betraf, gingen die Meinungen auseinander, aber das interessierte ihn wenig: Er war ein junger, mittelloser Bader, und ob Madame Bianca nun Voscaja oder Ludanice hieß, ob sie eine Wohlgeborene war oder nur eine vornehme Bürgerin, machte für ihn keinen Unterschied.
    »Ich betete sie an wie ein Hund, der sich

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