Der Algebraist
den man ihn, Y’sul
und Fassin geführt hatte.
Sie hatten sich im Gewirr der Überlebenden der Dzunda im Gas rasch wiedergefunden. Fassins pfeilförmiges Schiff
war zwar kleiner als die Dweller ringsum, aber von der Form her so
prägnant, dass Valseir und Y’sul ihn ohne Mühe
ausfindig machen und in seine Richtung steuern konnten.
»Warum machen denn alle einen weiten Bogen um mich?«,
hatte Fassin gefragt, als nach der Schlacht Ruhe einkehrte und die
beiden auf ihn zuschwebten. Er hatte Recht; die anderen
Überlebenden hielten sich mindestens fünfzig Meter von ihm
fern.
»Sie fürchten, du könntest zur Zielscheibe
werden«, hatte Y’sul gesagt und in seinen verschiedenen
Taschen und Beuteln gekramt, um zu sehen, was er in der Aufregung
alles verloren haben könnte. Sie waren von hohen
Rauchsäulen umgeben, die in der schwarzen Sturmwand tief unter
ihnen verwurzelt waren und wie verdorrte Pflanzenstängel im Wind
hin und her schwankten. Große hantelförmige Wolken –
die einzigen Überreste der Atomexplosionen – drehten sich
um sich selbst und lösten sich langsam auf. Die runden, kaum
bewegten Enden stiegen in immer höhere Atmosphäreschichten
auf, wurden von gegenläufigen Windströmungen erfasst und
warfen riesige, trübe Schatten an den Himmel über dem
Sturmauge. Alles war wieder ruhig. Seitlich von ihnen schwebte wie
ein Miniaturplanet, der sich im Auge des mächtigen Sturms
verfangen hatte, die große gebänderte Kugel, die aus der
Tiefe aufgestiegen war.
In der SturmMauer schien sich die GasClipper-Flotte neu formieren
zu wollen. Als Fassin mit den anderen Überlebenden aus der
sinkenden Dzunda purzelte, hatte nur der Umstand, dass er ein
Leben lang mit der – angeborenen wie auch erworbenen –
Gleichgültigkeit der Dweller konfrontiert gewesen war,
verhindert, dass ihm der Atem stockte, als ringsum allen Ernstes
darüber diskutiert wurde, ob das GasClipper-Rennen einfach
fortgesetzt, neu gestartet oder für ungültig erklärt
würde, und inwiefern sich jede dieser Alternativen auf den
Status bereits abgeschlossener Wetten auswirken könnte.
Weniger beschädigte Zuschauer und andere Schiffe hatten die
frei im Gas schwebenden Dweller aufgenommen. Ambulanzjollen von den
Schiffen der silbernen Panzerkreuzer-Flotte, die den Kampf
überlebt hatten, und Lazarettschiffe aus den nächst
gelegenen Häfen retteten Schwerverwundete und Brandopfer.
Fassin war tatsächlich ins Visier genommen geworden, aber man
hatte nicht auf ihn geschossen. Drei Jollen hatten die Riesenkugel
verlassen, geradewegs auf die kleine Gruppe, bestehend aus Fassin und
seinen zwei Dweller-Freunden, zugehalten und sie an Bord geholt. Dann
hatten die Jollen kehrt gemacht und waren zu der riesigen Kugel
zurückgeschwebt, ohne auf die empörten Schreie der Dweller
zu achten, die bis eben noch so demonstrativ Abstand von Fassin
gehalten hatten.
Die Leitjolle, geführt von einem munteren,
außergewöhnlich hoch betagten Dweller-Pärchen –
sie nannten weder Namen, noch Rang oder Alter, aber jeder schien
mindestens so alt wie Jundriance zu sein –, hatte sie irgendwo
tief im Innern des riesigen Kugelschiffs abgesetzt, in einem dunklen
Tunnel, der in eine weite, sphärische Empfangshalle führte.
Dort gab es nicht nur Waschgelegenheiten, sondern auch eine
Einrichtung, die Y’sul nach einem flüchtigen Blick
naserümpfend als Snacketeria bezeichnete. Bevor die beiden
Namenlosen mit ihrer Jolle wieder abzogen, hatte ihnen der eine als
Antwort auf Fassins Frage Namen und Klasse des Riesenschiffs genannt.
Fassin hatte gemeldet, sein Gasschiff sei mit Nanomaschinen der
Merkatoria in Berührung gekommen und womöglich verseucht
worden, aber niemand an Bord war darüber so überrascht oder
erschrocken, wie er gedacht hatte. Die Besatzung der Jolle hatte das
Gasschiffchen gescannt und erklärt, nein, von einer Verseuchung
sei nichts mehr festzustellen.
»Wo ist deine kleine Freundin, der Ehrenwerte Colonel?«,
fragte Y’sul und sah sich betont auffällig in der
Empfangshalle um. »Sie ist aufgesprungen und davongerast, bevor
der Spaß so richtig losging.«
»Sie ist tot«, teilte Fassin ihm mit.
»Tot?« Y’sul rollte zurück. »Aber sie war
doch so gut bewaffnet!«
»Sie hat ein Abhörgerät abgeschossen, das… der
Merkatoria gehörte«, sagte Fassin. »Eines der ersten
Merkatoria-Schiffe, die auf der Bildfläche erschienen, hielt sie
deshalb wohl für einen Feind und hat sie getötet.«
»Oh«, sagte Y’sul. Es klang
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