Der Algebraist
uns über viele Jahre nicht aus den Augen verloren.
Seinen letzten Kurzurlaub vor dem Trip nach Nasq hat er übrigens
in meinem Haus auf Murla verbracht.«
Thovin wechselte abermals das Thema. »Bei mir ging es direkt
auf die Akademie der Streitkräfte«, sagte er, während
er aufmerksam das pfeilförmige Schiff betrachtete, das vor ihnen
im All schwebte. »Das ist wohl Ihr Fluchtfahrzeug, Kehar?«,
fragte er mit Unschuldsmiene.
Du bist doch nicht ganz so dumm, wie du aussiehst, dachte
Sal. »Und wohin?«, sagte er lächelnd.
»Raus aus dem ganzen Schlamassel, was sonst?«,
antwortete Thovin. »Untertauchen, solange die
Hungerleider-Besatzung dauert. Und zurückkehren, wenn alles
vorbei ist.«
»Auf diese Idee bin ich noch gar nicht gekommen«, sagte
Sal. »Wollen Sie mir für die Kiste etwa ein Angebot
machen?«
»Ich wüsste nicht einmal, wie man sie fliegt. Sie
natürlich schon, richtig?«
Es war kein Geheimnis, dass Saluus die Jacht schon selbst geflogen
hatte. Er war ein erfahrener Pilot, und mit etwas Übung und ein
wenig Computerunterstützung kam jeder damit zurecht.
»Ich bin nur eingesprungen, damit einer von unseren tapferen
Jungs für die Front frei wird«, erklärte er Thovin,
ohne eine Miene zu verziehen.
»Wäre es nicht komisch, wenn wir gegen die Invasoren
gewännen oder die Generalflotte geschlagen würde?«
»Zum Brüllen.«
»Glauben Sie, wir kriegen aus diesen Schwebern irgendwas
raus?«
»Ich denke, freiwillig werden unsere guten Dweller nicht mehr
herausrücken, aber es lohnt sich doch, die Augen weiter offen zu
halten.«
»Soso? Meinen Sie?«
»Vielleicht fällt es der Besatzung eines dieser
Hyperschiffe plötzlich ein, Sepekte zu verteidigen, nur so zum
Spaß. Oder einer von den Kundschaftern unten in Nasq findet die
Transformation, oder Fassin Taak taucht wieder auf und bringt sie
mit. Dann können wir uns alle durch ein Wurmloch absetzen oder
die Schiffe der Generalflotte herholen, wo immer sie auch sind. Wer
weiß?«
»Sie glauben also nicht, dass wir nur unsere Zeit
verschwenden?«
»Doch, wahrscheinlich schon. Aber was sollten wir denn sonst
tun? Sandsäcke füllen?«
Thovin hätte fast gelächelt. »Wenn die Dweller
natürlich auf einmal mit einem ihrer tollen Superwaffenschiffe
auftauchten, bräuchten wir am Ende keine weiteren Kriegsschiffe
mehr zu bauen, wie?«
»Kehar Heavy Industries würde jederzeit gern
wieder auf Kreuzfahrtschiffe umstellen.« Sal blickte sich auf
der Aussichtsgalerie um. »Ich sehe schon von hier aus so
einiges, was man verbessern könnte.«
Thovin wies mit einem Nicken zu dem schlanken, dunklen Schiff
hinüber, das draußen in seinem Schlitten lag. »Wenn
der Hierchon die Kiste als Privatjacht haben wollte, würden Sie
sie doch sicherlich sofort abgeben, nicht wahr?«
Sal überlegte kurz. »Da würde ich sie schon lieber
zerstören«, sagte er.
Thovin drehte sich um und sah ihn abwartend an. Sein Gesicht
verriet nichts.
»Das ist kein Scherz. Es ist wirklich ein Prototyp«,
sagte Sal lächelnd. »Man kann doch das Staatsoberhaupt
eines ganzen Systems nicht einer Maschine anvertrauen, die noch nicht
ausgereift ist, noch dazu, wenn sie mit Spitzengeschwindigkeiten
fliegen sollte, und nur deshalb würde man sie doch
überhaupt haben wollen! Es ist ein Unterschied, ob ich selbst
mich hineinsetze oder sie dem Hierchon gebe. Angenommen, er käme
damit ums Leben? Wie sähe das denn in der Öffentlichkeit
aus? Du meine Güte, Mann, denken Sie doch an die
Börsenkurse.«
Thovin nickte eine Weile vor sich hin, dann richtete er den Blick
wieder auf die Jacht. »Also Rakete«, sagte er.
»Ich auch«, sagte Liss leise im Dunkeln. »Ich
hätte ihn auch für einen Idioten gehalten, den man nach
oben gehievt hat.«
»Ich glaube, er spielt den Idioten nur recht geschickt«,
sagte Sal. »Wahrscheinlich ist seine Dummheit genauso wenig echt
wie die Naivität unserer Dweller-Unterhändler. Vielleicht
sollte Thovin die Führung der Gespräche übernehmen.
Verderben könnte er ohnehin nicht mehr viel.«
Sie lagen an Bord der Prototyp-Jacht im Bett. Hier waren sie
sicherer als auf dem Linienschiff oder einem der anderen
Unterstützungsschiffe der Abordnung, aber die Kabine war viel
kleiner und lange nicht so luxuriös. Man wusste zwar nicht ganz
genau, ob nicht jemand während der Bauzeit eine Wanze an Bord
geschmuggelt hatte, aber Saluus hatte seine vertrauenswürdigsten
Leute abgestellt und die Arbeiten so scharf wie möglich
überwachen lassen;
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