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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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blaue Himmel und die weißen Wolken erschienen
ihm ungewohnt, fast fremd, irgendwie unnatürlich und doch auch
vertraut, und versetzten ihn in eine Stimmung zwischen Melancholie
und Heimweh.
    Er vergrößerte das Bild, bis er nur noch abstrakte
Farbwürfel sah. Dann tastete er die ganze Fläche nach
kleineren Bildern ab, fand aber nichts. Schließlich wendete er
verschiedene im Biobewusstein des Gasschiffs gespeicherte Routinen
zur Mustererkennung in scheinbar zufälligen Daten an. Hatte er
das Bild detailliert genug aufgezeichnet, um etwas zu finden, was
darin verborgen sein könnte? Wären die versteckten Daten,
falls sie denn vorhanden waren, ohne einen weiteren Code
überhaupt auffindbar?
    Er wünschte, er könnte auf das Original zugreifen, das
in einem winzigen Fach an der Außenseite des Gasschiffs
verwahrt war, aber das war nicht möglich, nicht, solange dieser
Druck auf ihm lastete. Außerdem könnten Quercer &
Janath misstrauisch werden, wenn er sich das Bildblatt allzu genau
betrachtete. Denn hier könnte die Antwort liegen, hier
könnte sie – nur vielleicht, unter Umständen –
die ganze Zeit gelegen haben.
    »… Das Original dieser Mappe brachte ich persönlich
in einem verschlossenen Behälter zu einem befreundeten Sammler
in der Stadt Deilte in der Südlichen Polarregion…« So
oder so ähnlich hatte Valseir sich ausgedrückt.
    Fassin hatte das Gespräch wortwörtlich aufgezeichnet und
im Speicher des Gasschiffs abgelegt, aber der war an Bord der Isaut gelöscht worden. Das spielte keine Rolle; er hatte
ein zuverlässiges Gedächtnis für Details. Damals hatte
er den tieferen Sinn von Valseirs Bemerkung nicht erfasst –
wenig später hatte der Angriff der Merkatoria auf die Schiffe in
der Sturmflotte begonnen, und danach ging alles drunter und
drüber –, aber jetzt verstand er, dass es wahrscheinlich
eine Kopie gab. Valseir war Forscher und achtete auf eine
präzise Terminologie, wenn es um Editionen und ihre Rangordnung
ging. Er hätte nicht von einem Original gesprochen, wenn er
keinen Anlass gehabt hätte, es von einer Kopie zu unterscheiden.
Es gab also eine Kopie. Es gab ein Backup, und es hatte dem alten
Dweller ein diebisches Vergnügen bereitet, es Fassin die ganze
Zeit mit sich herumtragen zu lassen.
    Das klang zumindest einigermaßen plausibel.
    Fassin traute Valseir ein solches Verhalten durchaus zu, aber er
hatte sich in dem alten Dweller schon einmal getäuscht. Dweller
entwickelten in ihrem langen Leben oft starre Gewohnheiten, die sie
berechenbar machten, aber manchmal wurden sie dadurch auch
hinterhältiger. Er schlief ein, während vor ihm die
Routinen weiterliefen, und träumte von Zahlenströmen, einem
Algebrafluss aus Gleichungen und Termen, die sich manchmal zu einem
Ganzen zu fügen schienen, aber dann – sobald er sie
studierte und zu verstehen suchte – zu zappeln begannen und sich
wieder in Chaos auflösten.
    Ein leises Klingelzeichen weckte ihn.
    Er lag immer noch im Gasschiff, in dem gestohlenen Voehn-Schiff.
Die Bremsverzögerung schien ihm schwächer geworden zu sein,
als näherten sie sich ihrem Ziel. Er schaltete auf
Außensicht und sah genau vor ihnen eine orangerote Sonne. Die
Dwellergestalt auf dem Sitz vor ihm drehte sich ein wenig zur
Seite.
    »Fassin?«, fragte Quercer & Janath.
    Hätte er nicht im Schockgel im Innern des Gasschiffs gelegen,
er wäre zusammengezuckt.
    »Hmmm?«, antwortete er.
    »Wir müssen Sie jetzt für eine Weile in Ihre kleine
Zelle stecken.«
    »Ja. Ich verstehe.«
    »Sobald wir bei einem Ge angelangt sind.«
    »Ich höre und gehorche«, sagte er gespielt
gleichgültig.
     
    Im mathematischen Raum des Gasschiffs fand Fassin ein
Ergebnis.
    In dem Bildblatt von einem teilweise bewölkten blauen Himmel
waren tatsächlich Daten verborgen. Sie waren die ganze Zeit
über da gewesen. Er hätte die Lösung, wenn sie es denn
wirklich war, von Anfang an in Händen gehalten.
    Die Daten sahen aus wie Alien-Algebra.
    Er versuchte sie zu verstehen.
    Sie bedeuteten nichts.
    Sie konnten alles bedeuten.
     
    Der Archimandrit Lusiferus hatte ein flaues Gefühl im Magen,
das ihm nicht unbekannt war. Es trat immer dann auf, wenn er etwas zu
lange aufgeschoben oder einfach falsch gemacht hatte. Als müsste
man mitten in einem Spiel erkennen, dass man ein paar Runden oder
Züge zuvor einen schweren Fehler begangen hatte, und wollte nun
zurückgehen, alles ungeschehen machen, den richtigen Weg
wählen, den Schaden beheben.
    Wenn er als Kind mit einem

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