Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
auf Messers
Schneide stand.
    Am besten wäre natürlich, sie fänden, wozu sie
eigentlich gekommen waren. Den Schlüssel zu dieser
Dweller-Liste, die Zauberformel, die Transformation. Damit hätte
Lusiferus ein Tauschobjekt von nahezu unbegrenztem Wert. Jedenfalls
hatte man ihm das so erklärt, und wenn seinen Ratgebern an ihrer
eigenen Haut gelegen war, sollten sie sich in diesem Punkt lieber
nicht irren. Das meinte er wörtlich. Er würde den
Dreckskerlen bei lebendigem Leib das Fell abziehen lassen, wenn sie
ihn ganz umsonst auf diese weite Reise geschickt hätten.
    Ein letzter Versuch, eine letzte Chance, das Gesuchte zu finden,
stand noch aus. Viel zu hektisch, viel zu verzweifelt, aber der
Archimandrit wusste – wie alle großen Führer –,
dass er seine besten Leistungen unter Druck erbrachte, wenn alles
gegen ihn stand und der Erfolg keineswegs sicher war. Natürlich
ließ er es nicht oft so weit kommen – leichte Siege waren
immer vorzuziehen –, aber er war in seinem Leben oft genug in
die Enge getrieben, in Zwangslagen gebracht worden und hatte dennoch
triumphiert. Er hatte nicht vergessen, wie das war, und wusste nach
wie vor damit umzugehen. Er war sicher, dass er auch diesmal Sieger
bleiben würde. Er blieb immer Sieger. Alles andere wäre
undenkbar.
    Er konnte es schaffen. Er brauchte nur Willensstärke und
Entschlossenheit. Und das waren seine Stärken. Er fand es fast
besser so: wenig Zeit, nur diese eine Chance, da musste man aufs
Ganze gehen, ohne Kompromisse. Schon aus Zeitgründen kamen all
die anderen ›vernünftigeren‹ Lösungen nicht in
Betracht. Zum Henker mit Ruhe und Gelassenheit, zum Henker mit der
Diplomatie, er konnte keine Vernunft walten lassen und hoffen, die
andere Seite würde ebenso reagieren. Verdammt, er musste einfach
handeln.
    Der Archimandrit hatte sich denkbar gut vorbereitet. Nach den
Schätzungen der Taktiker könnten die ersten Schiffe der
Generalflotte in weniger als zwölf Tagen knapp unter
Lichtgeschwindigkeit an ihnen vorüberrasen, und der Rest
wäre sicher nicht weit dahinter. Das Warten hatte ein Ende. Es
hieß jetzt oder nie.
     
    Sie waren im Bauch des großen Schiffs. Nasquerons
hässliches, brodelndes, Halluzinationen erzeugendes Antlitz lag,
durch die Diamantfolie gut sichtbar, zu ihren Füßen. Der
Archimandrit war das Risiko eingegangen, zu diesem Anlass auf die Lusiferus VII zu kommen. Sollte das Schiff angegriffen werden
– was so weit vor dem Hauptkontingent der
Generalflottengeschwader unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich
war –, dann geschähe das fast sicher von oben, und sie
wären schon durch die Masse des Rumpfes geschützt. Er hatte
die Raubtier dicht unter den Hauptrumpf beordert. Sie war
durch einen kurzen Tunnel mit der Lusiferus VII verbunden. Er
könnte in einer Minute seinen pompösen Sessel verlassen,
den Raum durchqueren, an Bord gehen und starten. Sicherheitshalber
hatte er zudem einen Schutzanzug für Notfälle angelegt, er
spürte ihn beruhigend wie eine zweite Haut unter seiner
Amtsrobe. Der Helmkragen war unter der Kapuze verborgen, die wie der
Rest seiner Überkleidung aus gegerbter Voehn-Blizzardhaut
bestand.
    An der Raubtier hing jetzt, nachdem man es gründlich
auf Wanzen und Bomben untersucht hatte, das kleine Schiff, mit dem
diese Liss Saluus Kehar zu ihm gebracht hatte. Seine Techniker waren
sehr davon beeindruckt. Nach ihrer Meinung war es schneller als jedes
andere feindliche Schiff. Lusiferus hätte es noch
beeindruckender gefunden, wenn es auch alle Raketen und
Strahlenwaffen der Gegenseite an Schnelligkeit übertroffen
hätte.
    Sie waren zu einer Konferenz zusammengekommen, die
vordergründig den Zweck hatte, Möglichkeiten der
Kontaktaufnahme der neuen Herren des restlichen Ulubis-Systems zu den
Dwellern zu erörtern.
    Der Hierchon Ormilla war ebenso anwesend wie die übrigen noch
lebenden Lamettaträger der Merkatoria. Man hatte noch keine Zeit
gefunden, die Machtstruktur der Merkatoria grundlegend zu
verändern, und als Lusiferus festgestellt hatte, dass die
Berichte der Beyonder zutrafen und die Merkatoria bei der Mehrheit
ihrer Bürger/Untertanen ausgesprochen unbeliebt war, hatte er
die Zivilbeamten überwiegend in ihren Ämtern belassen. Die
Führungsspitze hatte ihn durchweg als ihren obersten Dienstherrn
anerkannt. Es fehlten nur Flottenadmiral Brimiaice, der gefallen war,
Colonel Somjomion von der Justitiarität, die verschwunden war
und sich wahrscheinlich auf einem der flüchtigen Schiffe befand,
und

Weitere Kostenlose Bücher