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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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zu mehr
Kooperation zu bewegen. Die Dweller taten recht überzeugend so,
als wüssten sie nicht einmal, was das Wort bedeutete.
    Der Archimandrit schaute aus dem Augenwinkel nach unten. Vor den
schmutzig gelblich braunen Wolken des Planeten zeichnete sich
deutlich eine Linie aus winzigen Flecken ab, die zur Seite hin
abtrieb und auf die tausende von Kilometern tiefer vorbeiziehenden
Wolkenbänke zusteuerte.
    »… Sie können uns glauben, wir meinen es
ernst«, versicherte Commander Binstey, der Oberbefehlshaber von
Lusiferus’ Bodentruppen, den drei Dwellern.
    »Davon bin ich überzeugt«, sagte Chintsion
leichthin. »Aber das ändert nichts daran, dass wir
möglicherweise nicht in der Lage sind, Ihnen in irgendeiner
Weise zu helfen.«
    Commander Binstey setzte zu einer Antwort an, aber Lusiferus
unterbrach ihn. »Meine Herren«, sagte er leise. Binstey
verstummte. »Dürfte ich Sie bitten, dort
hinüberzusehen?« Er deutete mit einer beringten Hand auf
die Seite des Planeten, wo die Fleckenkolonne langsam über die
wabernden Gasschichten wanderte.
    Alle gehorchten. Die Dweller drehten sich ein wenig zur Seite. Die
Scharfsichtigsten unter den Anwesenden zeigten bereits eine Reaktion.
Lusiferus hörte Gemurmel und keuchende Atemzüge. Die
Zuschauer waren schockiert.
    »Wir meinen es ernst«, erklärte nun auch Lusiferus
den Dwellern und stand auf. »Hören Sie dieses
Geräusch?« Er legte den Kopf schief, als lauschte er. Das
dumpfe Ticken setzte sich gleichmäßig, gnadenlos fort.
»Das ist ein Bombenabwurfschacht, der in Sekundenabständen
seine Bomben absetzt. Nur sind die Bomben keine Sprengkörper,
sondern Menschen. Stündlich werden mehr als dreitausend wehrlose
Menschen ins All gestoßen und stürzen auf ihren Planeten
zu. Männer, Frauen und Kinder, alte und junge Erwachsene,
Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, zumeist Gefangene aus
Schiffen, die kapituliert haben, und aus Habitaten, die
beschädigt wurden. Wir haben mehr als zwanzigtausend an Bord und
werden in diesem Rhythmus so lange weitermachen, bis hier Bewegung in
die Verhandlungen kommt.«
    Er wartete auf eine Reaktion von den drei Dwellern, aber die
betrachteten weiter in aller Ruhe die Aussicht. »Wie ist
es?«, fuhr er schließlich fort. »Hat von den
Anwesenden vielleicht doch jemand eine brauchbare Idee?«
    Menschen und Aliens schauten auf die schwarzen Pünktchen, die
langsam von dem großen Schiff nach unten schwebten. Ein paar
Köpfe drehten sich in seine Richtung, wurden aber sofort wieder
abgewandt, als sie seinem Blick begegneten. Er sollte den Hass, die
Angst, das Grauen in ihren Augen nicht sehen. Seltsam, wie betroffen
die Leute waren, wenn vor ihrer Nase etwas Unerfreuliches passierte,
während sie viel schlimmere Grausamkeiten ignorierten, wenn sie
anderswo stattfanden.
    Er nickte Tuhluer zu. An einer Seite des Raums leuchtete ein
großer Bildschirm auf und zeigte den Vorgang von Anfang an.
    Menschen aller Art, so wie er sie beschrieben hatte, wurden in
große, runde Behälter geschoben. Fast alle wehrten sich,
aber sie steckten in engen Hüllen wie in elastischen
Schlafsäcken, die nur die Gesichter frei ließen, und so
konnten sie sich nur winden wie die Maden, konnten die Soldaten
anspucken, die sie in die Werfermagazine luden, und versuchen, in die
Exoskelette zu beißen. Der Boden des riesigen Frachtraums war
über und über mit zappelnden, zuckenden Körpern
bedeckt. Jemand stellte den Ton lauter. Nun konnte man im
Konferenzraum deutlich hören, wie die Menschen schrien und
weinten und um Gnade flehten.
    »Archimandrit!«, rief der Hierchon. »Ich
protestiere gegen dieses Vorgehen! Ich habe nicht…«
    »Schnauze!«, brüllte der Archimandrit. Er schaute
in die Runde. »Das gilt für alle! Kein verdammtes Wort
mehr!« Eine Weile war nur das dumpfe Wumm! Wumm! Wumm! des Werfers zu hören.
    Die Szene wechselte. Jetzt war die Mündung an der
Außenseite des Schiffes zu sehen. Der Werfer schleuderte –
sehr sanft für ein Geschütz – die Menschen ins All.
Beim Abwurf löste sich die Fesselhülle und rutschte bis zu
den Knöcheln nach unten. Nun konnten die nackten Opfer nach
Herzenslust strampeln und sich in Krämpfen winden, wenn sie mit
dem Vakuum in Berührung kamen und erstickten. Einige hielten die
Luft an und quollen auf, als wollten sie platzen. Blut rann ihnen aus
Augen, Ohren, Mund und Anus. Die Kameras folgten ihnen.
Gewöhnlich bewegten sich die menschlichen Geschosse noch etwa
zwei Minuten, um dann in

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