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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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dennoch war sie der Ort, an dem
Fassin bereits jetzt, gelegentlich bei anderen Zeitgeschwindigkeiten,
den größten Teil seines ungewöhnlichen Lebens
verbracht hatte. Und so war dieser Planet trotz seiner exotischen
Dimensionen, seiner starken Magnetfeld- und Strahlungsunterschiede,
seiner extremen Temperaturen, seines alles zermalmenden Drucks,
seiner nicht atembaren Atmosphäre und seiner unberechenbaren,
exzentrischen Bewohner für ihn und seine Seherkollegen fast zur
zweiten Heimat geworden.
    Fassin wartete, bis auch Nasqueron schrumpfte, ’glantine nur
noch wie ein winziger Punkt über der riesigen, gebänderten
ockergelben Oberfläche schwebte und ringsum die helleren Sterne
auftauchten, dann schaltete er den Bildschirm aus und schlief.
     
    Er erwachte. Vier Stunden waren vergangen. Der Druck war immer
noch so hoch wie vorher, in weiter Ferne dröhnten die
Triebwerke. Er hatte ausgeschlafen, also schaltete er auf
›Langsam‹-Zeit zurück und hing seinen Gedanken
nach.
     
    Jeder Bewohner des Ulubis-Systems wusste genau, wo er sich
aufgehalten hatte, als das Portal zerstört wurde. Das kam daher,
dass dem Einzelnen, sobald er davon hörte, sofort klar war, dass
er zumindest für die nächsten zweieinhalb Jahrhunderte hier
festsitzen würde. Für die meisten, die überwiegende
Mehrheit sogar – neunundneunzig Prozent waren Menschen –
die nun das System nie mehr verlassen konnten, war das ein tiefer
Einschnitt. Nun mussten sie den Rest ihres Lebens hier verbringen.
Alle Träume, alle Hoffnungen, jemals den Rest der Galaxis zu
sehen, würden sich nicht mehr erfüllen.
    Für manche hieß es außerdem, dass ein geliebtes
Wesen, das sich anderswo in der Galaxis, jenseits des verschwundenen
Portals befand, für immer unerreichbar war. Die Entfernung nach
Zenerre betrug zweihundertvierzehn Jahre: nicht nur das Licht
brauchte mehr als zweihundert Jahre für die Strecke, das galt
auch für Nachrichten und andere Signale, die von dort nach
Ulubis geschickt wurden. Und selbst wenn sich die Techniker
unverzüglich mit einem Portalträgerschiff auf den Weg
machen sollten, mochten drei Jahrhunderte vergehen, bevor die
Wurmlochverbindung wiederhergestellt würde.
    Und wer konnte mit Sicherheit sagen, ob es überhaupt noch
Techniker oder große Schiffe gab? Vielleicht war das
Ulubis-Portal nicht das einzige Opfer gewesen, vielleicht waren
gleichzeitig auch alle anderen Portale angegriffen und zerstört
worden. Vielleicht existierte auch die Merkatoria nicht mehr,
vielleicht gab es in der gesamten Galaxis keinen Komplex und keine
Arteria und Portale mehr, und alles, was von der jüngsten
großen Zivilisation übrig blieb, waren etliche tausend
vereinzelte kleine Inselsysteme, zersplittert, entlegen, einsam und
isoliert.
    Im normalen Kommunikationsverkehr, der durch die Portale ging,
hatte bis unmittelbar vor der Zerstörung nichts auf einen
solchen galaxisweiten Angriff hingedeutet. Allerdings war auch der
erste Hinweis vor dem Anschlag auf das Ulubis-Portal erst zehn
Minuten vor dem Auftauchen der größten Beyonder-Flotte
gekommen, die Ulubis je gesehen hatte. Die glänzenden Schiffe
waren wie aus dem Nichts erschienen, hatten sich auf die
größte Streitmacht aus Schiffen und
Weltraumgeschützen im ganzen System gestürzt und waren zu
Hunderten ausgelöscht worden. Aber sie hatten – ohne die
Schiffe der Verteidiger zu beachten, solange sie ihnen nicht direkt
im Weg waren – mit roher Gewalt und ohne Rücksicht auf
eigene Verluste eine Abwehrfront nach der anderen durchbrochen,
hatten geradewegs die Portalmündung angesteuert und
schließlich mit einer Serie heftiger Antimaterie-Explosionen
alles um sich herum ausgelöscht. Nur an diesen Detonationen
hatte das System das Ausmaß und die Brutalität des
Geschehens zu erkennen vermocht. Über allen bewohnten Welten
hatte kurzzeitig ein Nova-Schwarm aufgeleuchtet, der lange Schatten
warf und alles blendete, was ihm zu nahe kam. Die Reste der
Beyonder-Flotte und viele ihrer Verfolger waren einfach
verdampft.
    Zunächst hatte es so ausgesehen, als sei der Angriff
gescheitert. Die letzte Verteidigungslinie hatte standgehalten und
das Portal war noch da.
    Doch bis zu diesem Moment war alles nur Schau gewesen. Der
eigentliche Überfall begann erst, als aus der entgegengesetzten
Richtung ein großes Schiff auftauchte – ein
ausgehöhlter Asteroid von mehreren Millionen Tonnen, der mit
mehr als neunundneunzig Prozent Lichtgeschwindigkeit flog. Im Grunde
verfehlte auch dieser

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