Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
Antwort.
    Fassin schaute in sein Glas. Ein paar Gasbläschen stiegen an
die Oberfläche, zerplatzten und entließen eine winzige
Menge Erdsubstanz in die Atmosphäre eines zwanzigtausend
Lichtjahre entfernten Planeten. »Ich habe nur meine Arbeit
gemacht, Sal. Bin auf Trips gegangen, habe mit den Dwellern
gesprochen und mitgenommen, was sie mich mitnehmen ließen.
Meistens war es nichts Weltbewegendes, nichts Wichtiges, nichts, was
viel verändert hätte, nichts, was irgendjemand haben wollte
oder wofür er alles aufs Spiel setzen würde.« Er sah
Saluus Kehar fest in die Augen. »Ich bin einfach so durchs Leben
gestolpert, verstehst du? Über alles, was auf dem Weg lag.
Wusste nie, was wohin führen würde.«
    »Wer weiß das schon?«, fragte Sal, dann nickte er.
»Aber ich verstehe, was du meinst.«
    »Bedauere, aber viel mehr kann ich dir wirklich nicht
sagen.«
    Sal lächelte und schaute über die künstliche
Brandungswand und die tobenden Wellen dahinter zu den schroffen
Felsen, die in der Ferne braunschwarz in den diesigen azurblauen
Himmel ragten.
    »Ach, da kommt ja dein Kindermädchen«, sagte er.
Ein Stück entfernt war Colonel Hatherence von der
Justitiarität in ihrem Schutzanzug erschienen. Sie schwebte wie
eine dicke grau-goldene Scheibe tief über den schäumenden,
wild kochenden Wassern. Rotierende Flügelräder an beiden
Seiten des Anzugs verhinderten, dass sie in den Mahlstrom geriet. Von
hier oben sah der Schutzanzug sehr klein aus, während er
gewaltig wirkte, wenn man dicht daneben stand.
    »Hast du Schwierigkeiten mit ihr?«
    »Nein. Sie ist in Ordnung. Verlangt nicht, dass ich andauernd
salutiere oder sie mit ›Madame‹ anrede. Hat nichts gegen
einen zwanglosen Umgangston.« Dennoch hoffte er, den
unerwünschten Aufpasser vor oder nach der Landung in Nasqueron
irgendwie loszuwerden.
    Fassin beobachtete, wie sich der Colonel über die
Wellenlandschaft tastete. »Hältst du es für
möglich, dass ich mich nach Boogeytown schleiche, obwohl sie mir
auf Schritt und Tritt folgt?«, fragte er. »Wenigstens
für eine einzige letzte Nacht?«
    Sal schnaubte. »Die Kneipen sind zu schäbig und die
Decken zu niedrig.«
    Fassin lachte. Es ist wie Sex, dachte er. Oder
eher wie ein Verführungsritual, einer dieser albernen
Balztänze. Willst du oder willst du nicht, kommst du oder kommst
du nicht? Er führte Sal in Versuchung und führte ihn
zugleich an der Nase herum…
    Hatte er wohl genügend in Rätseln gesprochen und doch
durchblicken lassen, er sei unter Umständen zu haben? Er
brauchte diesen Mann.
     
    Abendessen mit Sal, seiner Frau, den Konkubinen der beiden und
einigen Geschäftspartnern. Unter Letzteren ein Whule, ein
Jajuejein und ein Quaup. Man unterhielt sich über neue
Anschläge auf entlegene Außenposten, über das
Kriegsrecht, die Verzögerungen im Nachrichtenverkehr, die
Reisebeschränkungen und darüber, wer bei dem neuen Notstand
gewinnen und wer verlieren würde (wer sich hier auf den Liegen
räkelte, rechnete allenfalls damit, für begrenzte Zeit auf
ein paar kleinere Freiheiten verzichten zu müssen). Colonel
Hatherence saß schweigend in einer Ecke. Sie brauche keine
externe Nahrung, vielen Dank, sei aber sehr erfreut und fühle
sich geehrt, dabei sein zu dürfen, während die anderen sich
stärkten, Gespräche führten und gesellschaftliche
Beziehungen pflegten. Sie selbst bemühe sich inzwischen, ihr
Wissen über Nasqueron und seine berühmten Dweller auf den
neuesten Stand zu bringen (das sei dringend nötig!).
    Getränke, leicht narkotisierende Speisen, Drogenschalen. Vor
dem Balkon des Speisezimmers sorgte eine Truppe von menschlichen
Akrobaten bei Flutlicht für Unterhaltung.
    »Nein, ich meine es ernst!«, rief Sal seinen Gästen
zu und deutete auf die Akrobaten, die an Seilen und Trapezen durch
die Luft flogen. »Wenn sie abstürzen, sind sie
höchstwahrscheinlich tot! Im Wasser ist so viel Luft, dass der
Körper nicht schwimmt. Er geht sofort unter. Wird von der
Unterströmung mitgerissen. Nein, du Schwachkopf!«, fuhr er
seine Frau an. »Zum Atmen reicht die Luft
nicht!«
    Einige Gäste verabschiedeten sich. Später wurden
Getränke serviert, die Menschen blieben unter sich. Man
besichtigte Sals Trophäensaal, für Colonel Hatherence waren
Gänge und Räume leider zu klein (schon gut; ohnehin
müde; gute Nacht!). Sals Frau ging zu Bett, die letzten
Gäste zogen sich zurück. Bald waren die beiden allein mit
den ausgestopften, gefirnissten, geschrumpften oder

Weitere Kostenlose Bücher