Der Algebraist
ummantelten
Tierköpfen von Dutzenden von Planeten.
»Du hast Taince getroffen? Kurz bevor das Portal
zerstört wurde?«
»Wir haben zusammen gegessen. Ein oder zwei Tage vorher. Im
Aquaturm.« Fassin deutete in die Richtung, in der er Borquille
vermutete. Der Aquaturm mit seinen Lichtern war vom Haus aus als
dünner roter Streifen zu erkennen, der in den Himmel ragte.
Seltsamerweise war die obere Hälfte manchmal klarer zu sehen,
wenn die Atmosphäre unten trüb war und die Signalfeuer an
der Spitze durch die dünnere Luft in spitzerem Winkel nach unten
gebrochen wurden.
»Ging es ihr gut?«, fragte Sal, dann warf er den Kopf in
den Nacken und lachte überlaut. »Als ob das noch eine Rolle
spielte. Nach zweihundert Jahren. Trotzdem.«
»Damals war alles bestens.«
»Schön.«
Sie waren zu Cognac übergangen. Ebenfalls von der Erde. Vor
langer, langer Zeit gebrannt. Weit, weit entfernt.
Fassin bekam den Schwimm.
»Oh Scheiße«, sagte er. »Jetzt packt mich der
Schwimm.«
»Schwimmen?«, fragte Saluus.
»Schwimm«, verbesserte Fassin. »Du weißt
schon; wenn einem fast schwindlig wird, weil man plötzlich
denkt: ›He, ich bin ein Mensch, aber ich bin zwanzigtausend
Lichtjahre von zu Hause weg, und wir leben unter stockverrückten
Aliens, umgeben von Superwaffen, mittendrin in dem verdammten,
wahnwitzigen Trubel galaktischer Geschichte und Politik!‹ Das
Gefühl: Ist das nicht gruselig!«
»Und wie nennst du das? Schwingen? Wirbel?« Sals
Verwirrung war aufrichtig.
»Nein, Schwimm!«, rief Fassin. Er konnte nicht fassen,
dass Sal davon noch nichts gehört haben sollte. Kannte das nicht
jeder? Manche Leute – genauer gesagt, die meisten Leute, so
hatte man ihm jedenfalls erklärt – erlebten den Schwimm
niemals selbst, viele aber doch. Und nicht nur Menschen. Allerdings
keine Dweller. Die hatten den Begriff nicht einmal in ihrem
Vokabular.
»Nie davon gehört«, gestand Sal.
»Das habe ich mir fast gedacht.«
»He, soll ich dir etwas zeigen?«
»Was immer es ist, ich kann’s verdammt nicht mehr
erwarten.«
»Komm mit!«
»Als du das zum letzten Mal gesagt hast…«
»Wir hatten doch ausgemacht, nicht wieder davon
anzufangen.«
»Verdammt! Richtig. Nehme alles zurück. Was immer du mir
zeigen willst, ich will es sehen.«
»Hier entlang.«
»Na schön, dann Abmarsch.«
Sal führte Fassin weiter in sein Arbeitszimmer – sein
Allerheiligstes. Der Raum hätte Fassins Erwartungen entsprochen,
wenn er sich darüber Gedanken gemacht hätte: viel Holz,
Inseln aus weichem Licht, unzählige Bilder und ein Schreibtisch
von der Größe eines versunkenen Zimmers. In einer Ecke
standen bizarr verdrehte Gebilde aus Metall oder einem anderen
glänzenden Material. Fassin hielt sie für Teile von
Raumschiffen.
»Da.«
»Wo? Was soll ich mir denn ansehen?«
»Das hier.« Sal hielt ein sehr kleines verbogenes
Metallstück auf einem Holzsockel in die Höhe.
Fassin überlief es eiskalt, aber er bemühte sich, sich
nichts anmerken zu lassen. Stattdessen spielte er den Betrunkenen,
obwohl er noch ziemlich klar im Kopf war.
»Und? Was soll’n dassein?« (Etwas übertrieben,
aber Sal bemerkte es offenbar nicht.)
Saluus hielt ihm das seltsame Ding direkt vor die Nase. »Das
habe ich aus dem Scheißwrack geholt, Mann.« Sal schluckte
und holte Luft. Fassin sah seine Unterlippe zittern. »Das
ist…«
Gleich fängt mir das Arschloch noch zu heulen an, dachte Fassin. Er schlug Sal herzhaft auf die Schulter. »So
geht das nich’«; sagte er. »Wir brauchen ’nen
Tapetenwechsel, ich weiß nicht; irgendwas anderes. Wir
müssen hier raus. ’Ne andere Luft atmen. Andere Zeit,
anderer Stoff, anderer Ort. Könnte meine letzte Nacht in
Freiheit sein, Sal.« Er packte den Freund mit hartem Griff an
seinem tadellos sitzenden Jackett. »Das is’ mein voller
Ernst! Du hast ja keine Ahnung, was mir noch alles bevorsteht!
Scheiße, Sal, du hast keine Ahnung, was uns allen noch
bevorstehen könnte, und ich kann’s dir verdammt nochmal
nicht sagen. Heut Nacht könnt’ ich mich zum letzten Mal
richtig amüsieren, und du… und du zeigst mir einen
verdammten Garderobenhaken, und ich weiß nicht…« Er
schlug kraftlos nach dem verbogenen Metallstück, traf es nicht
richtig, stieß es aber zur Seite. Dann richtete er sich auf,
schniefte und tat so, als würde er wieder nüchtern.
»’tschuldige«, sagte er. »’tschuldige,
Sal.« Wieder klopfte er dem anderen auf die Schulter. »Aber
vielleicht ist heute für mich wirklich
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