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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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die letzte Gelegenheit,
mich zu amüsieren, und… hör zu, ich bin für jeden
Spaß zu haben – ich wünschte, Boogeytown wäre
gleich vor der Haustür, ehrlich, andererseits waren die letzten
Tage ziemlich lang, und vielleicht – nein, kein Vielleicht.
Bestimmt. Also, es ist bestimmt das Vernünftigste,
einfach zu Bett zu gehen und…«
    »Ist das dein Ernst?«, fragte Sal und stellte das
Metallstück wieder hinter sich auf den Schreibtisch.
    »Schlafen zu gehen?«, fragte Fassin und fuchtelte wild
mit den Armen. »Nun ja…«
    »Nein, du Kretin! Boogeytown!«
    »Was? Wie? Ich hab’ kein Wort von Boogeytown
gesagt!«
    »Oh doch!«, erwiderte Sal lachend.
    »Wirklich? Verdammt!«
    Sal hatte einen Flieger. Er enthielt so viel Automatik, dass er
nach den KI-Gesetzen fast schon verboten war, und war voll gestopft
mit Reparatursystemen, die haarscharf vor der Grenze zur Nanotechnik
Halt machten. Ganz und gar zivil, aber mit allen Privilegien einer
Militärmaschine. Wenn ein Großadmiral der verdammten
Generalflotte in dieses Baby stiege und seine Autorität
rauskehren wollte, würde der Flieger dem Arschloch kurzerhand
den uneingeschränkten Zugang zu allen Bereichen sperren, und er
bliebe unten auf dem Hangardeck. Hier entlang bitte, ha, ha.
    Sie ließen auf einem Teil des Fluges die Kanzel offen, um
wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Es war sehr, sehr kalt.
    Sie landeten irgendwo. Die Rotoren des Fliegers wirbelten
Abfälle auf. Fassin hatte gedacht, so etwas wie Abfälle
gäbe es gar nicht mehr.
    Boogeytown war noch fast so, wie er es in Erinnerung hatte. Sie
stürzten sich in seine Abgründe, um Höhepunkte zu
erleben. Sie zogen durch Nachtbars und Drogenkneipen, warfen die
Netze aus und holten sie randvoll mit Stoff und Mädchen wieder
ein. Fassin bemühte sich, Sal in Richtung einer bestimmten Bar
abzudrängen. Sal – der sich vage erinnerte, dass er sich
auf diesem Ausflug nicht nur amüsieren, sondern seinen alten
Kumpel Fass locker machen wollte, damit der mit weiteren potenziell
verwertbaren und gewinnbringenden Details darüber
herausrückte, was ›zum Teufel‹ eigentlich vorging
– versuchte immer wieder, die Gespräche mit seinem
alten/neuen besten Freund in Richtung auf bestimmte Informationen zu
lenken. Der Erfolg war nicht groß, außerdem ließ
seine Motivation zunehmend nach und wurde von einem wachsenden
Gefühl von Scheiße-wen-interessiert-das- schon?
überlagert.
    Auch Fassin gab allmählich die Hoffnung auf. Er strebte immer
noch einen weiteren Lokalwechsel in ein bestimmtes Gässchen mit
einer ganz bestimmten Bar an, aber sie waren in einem Laden mit
Diamantwänden gelandet, der sich Narkoteria nannte und
bei aller Schäbigkeit so kalt und protzig war, dass es fast
wehtat. Sal war von vielen Leuten umlagert, die ihn schon soo lange nicht mehr gesehen hatten, er musste einfach hier
bleiben, untersteh dich, wegzugehen, du böser, böser
Junge! Und das ist dein Freund? Wo hast du den denn so lange
versteckt? Ich kann mich doch hier hinsetzen? Ich auch, ich auch!
Irgendwann torkelte Fassin hinaus, erledigte in einer
öffentlichen Telefonzelle einen privaten Anruf und suchte dann
die Toilette auf, wo er in einem dünnen, brennenden Strahl
(über dem Loch, damit es authentisch aussah und sich auch so
anhörte) den ganzen Alkohol wieder von sich gab, den er seit dem
letzten Austreten getrunken hatte. Danach wusch er sich das Gesicht
und mischte sich wieder unter die betrunkenen, bekifften,
atemberaubenden Schönheiten, um auf das Mädchen zu warten,
für das er das ganze Theater von vornherein inszeniert hatte:
die Bitte um eine Einladung bei Sal, das Gelage, bei dem er seinen
alten Freund betrunken machte und selbst den Betrunkenen spielte (es
war nicht nur Schauspielerei, er war tatsächlich nicht mehr ganz
nüchtern) und endlich die ständigen Hinweise auf
Boogeytown, nur um rauszukommen, hierher zu kommen und ein bestimmtes
Mädchen zu treffen…
    … Das erst nach fast einer Stunde auftauchte. Er glaubte
schon nicht mehr daran, doch plötzlich war sie da. Sie war wie
immer, obwohl sie ihr Äußeres wieder einmal völlig
verändert hatte: ihre stille Schönheit war durch nichts zu
verderben. Weißblondes Haar, das ihr so schwer um das nahezu
dreieckige Gesicht hing, als sei es tatsächlich aus reinem Gold,
ein Kinn, das sich wie von selbst in seine Hand schmiegte, ein
erdbeerroter Kussmund, eine winzige Nase, zum Knutschen wie gemacht,
Wangen, die man streicheln, Augen, in denen man

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