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Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Titel: Der Allesforscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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könnte.«
    Ich verlor kein Wort über den Schrank und den Taucher und wie sehr dies eine Vermischung unserer beider Träume nahelegte. Ich wollte abwarten. Wollte sehen, ob sich der Schranktraum wiederholte und ich mir sicher sein konnte, es wirklich mit dem Zehn-Millionen-Mann zu tun zu haben. Schwer genug, Mercedes zu erklären, was damals im Ostchinesischen Meer geschehen war. In dieser alten Geschichte lagen die Schuld und die Unschuld so nahe beieinander, daß man leicht das eine für das andere halten konnte.
    Es wurde ein ruhiger Tag. Kerstin mit ihrem Buch zwischen den Rosen. Simon mit dem Mädchen namens Sonja erneut am Straßenrand auf Kunden wartend. Kunden, die an diesem Ort zwar selten kamen, aber wenn sie kamen, auch kauften. Ich selbst wiederum half Mercedes bei der Ausbesserung einer Scheunenwand. Doch so ruhig der Tag verging, er blieb es nicht. Denn als gegen Abend Clara Foresta nicht zurück war, wurde Mercedes nervös.
    »Sie geht immer ohne Handy«, sagte er, »abgesehen davon, daß in dieser Gegend die Handys auch im Sommer gerne Winterschlaf halten.«
    Ich meinte, er solle in der Hütte anrufen. Oder eine Mail senden.
    Aber Mercedes scheute sich. Er sagte: »Clara mag nicht, wenn ich sie kontrolliere.«

    »Sie machen sich Sorgen. Das muß man verstehen«, erklärte ich, der ich ja selbst durchaus bewandert war im Sorgenmachen.
    Aber Sorgen gingen halt oft in Kontrolle über. Das war wie mit der Schuld und Unschuld. Jedenfalls wartete Mercedes. Erst als es dunkel wurde, nahm er Kontakt zur Hütte auf. – Clara war gut dort angekommen, aber noch um die Mittagszeit wieder aufgebrochen, nicht jedoch, um ins Tal zurückzukehren, sondern um das fünf Stunden entfernte Tuxer Joch und das dortige Schutzhaus zu erreichen.
    Sosehr Mercedes die Fitneß seiner Frau betont hatte, war ihm das nun doch zuviel. Er schimpfte in das Telefon hinein. Von wo allerdings die Antwort kam, daß man auch Personen, die auf die Achtzig zugingen, nicht verbieten konnte, auf markierten Wanderwegen zu marschieren. Rauchend, zitternd, egal! Die Berge waren frei, und es gab dort wahrlich verrücktere Leute als die rüstige und bestens ausgerüstete Clara Foresta.
    Mercedes versuchte nun, jene andere Hütte am Tuxer Joch zu erreichen. Telefonisch aber war dies zur Zeit nicht möglich, und wohin auch immer seine Mail hinreiste, nicht den Berg hoch. Zudem war Mercedes kein Amateurfunker (Leute, die zur Not auch zu Mond und Mars eine Verbindung herzustellen verstanden).
    »Hören Sie, Herr Mercedes«, sagte ich und legte dem Mann eine Hand auf die Schulter, »Ihrer Frau geht es gut.«
    Er betrachtete meine Hand wie einen an den Rändern schwarz gewordenen Pfannkuchen und fragte: »Woher wollen Sie das wissen?«
    Ja, woher?
    Anstatt zu antworten, machte ich ein gleichermaßen wissendes wie zuversichtliches Gesicht, als bestehe zuerst ein Gesichtsausdruck und dann die Wirklichkeit, die sich an diesen Ausdruck anpaßt.
    Was Mercedes aber nicht genügte, weshalb er die Bergrettung anrief und die Umstände bekanntgab. Die Möglichkeit, daß absolut alles in Ordnung war. Und die Möglichkeit des Gegenteils.
    Auch in der folgenden Nacht konnte ich schlecht schlafen und wußte am Morgen noch weniger, was in meinen Träumen geschehen war. Ich ging hinunter in die Küche und traf den Messerwerfer, der noch in der Nacht informiert worden war, daß seine Frau wohlbehalten am Tuxer-Joch-Haus angekommen war und dort Quartier bezogen hatte. Mercedes ließ sie freilich ausrichten, ihre Wanderung fortsetzen zu wollen. Wohin genau, sagte sie nicht.
    »Sie macht das immer wieder«, erklärte er und strich Butter auf ein Brot, »und ich frage mich, was sie damit bezweckt. Will sie mir angst machen? Weil ich einmal gesagt habe, ich hätte nie in meinem Leben Angst verspürt. Um mich nicht und auch nicht um die Menschen, auf die ich meine Messer geworfen habe.«
    Ich schlug Mercedes vor, ebenfalls in die Berge zu gehen. Zusammen mit Kerstin und Simon. Ich sagte: »So schön es hier unten im Tal auch ist, spürt man dennoch … wie heißt das? Na, daß der Berg ruft.«
    Kerstin kam gerade herein, hörte mich und äußerte, wohl in Erinnerung an meinen Triumph des Willens: »Das klingt schon wieder so nazimäßig, mein Schatz.«
    Ach ja, sie meinte diesen Film mit Luis Trenker.
    Es war nun Mercedes, der behauptete: »Luis Trenker war eher ein typischer halber statt ein typischer ganzer Nazi.« Präziser wurde er nicht. Jedenfalls gab er mir recht.

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