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Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Titel: Der Allesforscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Köln war, meine Verlobung aufzulösen, die Beziehung zu dieser Frau zu beenden, die in einem Nebel verborgen blieb. Ich verspürte nicht das geringste Bedürfnis, den Nebel zu durchdringen, um alte Gewohnheiten wiederaufzunehmen.
    »Wo bist du?« hörte ich Lana sprechen.
    »Schon wieder da«, sagte ich und nahm erneut Tempo auf. Das klingt wie bei einer Maschine. Aber aus der kurzzeitigen Ablenkung heraus geriet mein Körper jetzt in einen idealen Rhythmus, jene Abfolge der Schritte, die den Hürdenläufer befähigt, das Hindernis nicht als Übel zu begreifen, im Gegenteil, das Hindernis trägt einen, wie die Luft den Segler trägt.
    Nicht eine einzige Hürde fiel, und schließlich war ich ganz in und bei Lana. Keine Frage der Technik, sondern des Hirns. Und das Hirn war jetzt gut und brav und spendierte uns ein Ziel, an das wir beide glücklich gelangten.
    Danach lagen wir nebeneinander und hielten uns an der Hand. Ich bemerkte, daß Lana eingeschlafen war. Ich wäre jetzt gerne in ihrem Schlaf gewesen, in ihren Träumen, wie man sich ja auch wünscht, hin und wieder die Gedanken des anderen zu lesen. Aber das ist wahrscheinlich etwas, was man sich für den Tod aufsparen muß. Romantisch gesehen. Romantisch gesehen, ist Gedankenübertragung ein Vorgeschmack auf die Möglichkeiten, die einem das Jenseits beschert. Wenn’s das gibt. Eine andere Art von Sex. Jetzt aber blieb mir nichts als mein eigener Schlaf.

5
    Als ich erwachte, lag ich allein im Bett. Ich richtete mich auf und registrierte, daß Lana am Fenster stand. Mit dem Rücken zu mir, erkannte ich ihr Kostüm.
    Sie drehte sich um. Ihr Gesicht wirkte noch ein wenig müder als am Abend zuvor, und darum noch ein wenig hübscher. Ich fragte mich, wie Lana aussehen würde, wenn sie hundert war. Wahrscheinlich vollkommen. Auch war ich überzeugt, sie könne ein solch hohes Alter mit Leichtigkeit erreichen.
    »Frühstück im Zimmer?« fragte sie, während sie sich neben mich aufs Bett setzte, an die Kante, so nah wie fern, als wäre ich wieder in der Rolle des Patienten.
    Ich nickte. Sie griff zum Telefon und bestellte. Auf chinesisch. Und zwar erstklassig. Zur Not hätte sie auf Dolmetscherin umsatteln können. Was mir selbst auch nach einem Dutzend Kurse nicht vergönnt gewesen wäre: diese Art zu reden, schlangenhaft. Für mich klingt Chinesisch, als hätte Walt Disney es erfunden.
    Zur deutschen Sprache zurückkehrend, sagte Lana: »Ich muß nachher bald in die Klinik.«
    »Wieso? Ist schon wieder ein Wal explodiert?«
    Sie lachte mit weißen Zähnen. Ja, auch ihre Zähne erkannte ich. Der Golfplatz meines Gedächtnisses war jetzt ein übersichtliches, hübsch beflaggtes Grün.
    Wir frühstückten im Bett, woraus sich ein französisches Gefühl ergab, auch dank der Croissants. Ich bat Lana darum, mich am Abend desselben Tages noch zu treffen. Nicht zuletzt, weil ich tags darauf nach Tokio aufbrechen mußte, um mich dort an den Verhandlungen eines Tochterunternehmens zu beteiligen.
    Lana nannte mir den Namen einer Bar, und wir verabredeten uns. Sie schleckte sich ihre Fingerkuppen ab und drückte mir eine ihrer Fingerspitzen an die Stirn, stattete mich solcherart mit einem kleinen, runden, durchsichtigen Kreis aus Speichel und Fett aus: einem dritten Auge. Sie segnete mich auf diese Weise, und dann ging sie. Ich sah ihr nach. Als die Tür zufiel, spürte ich einen Stich in meiner linken Brust, als hätte mir jemand einen Button an die bloße Haut geheftet. Nein zur Atomkraft. Ja zur Sonne. Wobei ich eigentlich für die Atomkraft war, trotz Tschernobyl und Strahlung. Ich war ja auch für den Straßenverkehr, trotz mancher Unfälle hier und da. Aber noch mehr war ich – zumindest seit gestern nacht – für die Sonne.
    Mein Herz? fragte ich mich.
    Na, ganz sicher mein Herz.
    Den Vormittag verbrachte ich damit, meine Tokioreise vorzubereiten, aß mittags in einem kleinen Restaurant und suchte am Nachmittag jene Straße auf, in der das Unglück mit dem Wal geschehen war. Natürlich war nichts mehr zu erkennen, was die kürzlich erfolgte Explosion verraten hätte. Hier waren keine Häuser eingestürzt, das Blut längst weggewaschen. Keine Walreste zu besichtigen. – Ich schaute auf die Uhr. Vier Stunden noch, bis ich Lana treffen würde. Gott, wie ich mich nach ihr sehnte, nach ihrer souveränen Art, mit der sie darauf bestand, mich zu siezen, und mir einen Teil ihres Körpers verweigerte. Mir dann aber höchstpersönliche Aschekreuze auf die Stirn

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