Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman
ich zurück. Ich lasse mich von Ihnen nicht zum Bösewicht erklären. Ich habe einen Schandtäter verfolgt, und als Dank für meinen Einsatz behandelt man mich selbst wie einen Verbrecher. Aber ich bin das Opfer. Ein Opfer von Hassverbrechen.«
Ich schnitt ihm das Wort ab. »Hab ich Ihnen nicht schon einmal gesagt, Sie sollen die Klappe halten? Ich habe keine Lust, mich ständig zu wiederholen. Und wenn ich mir noch einmal Ihr Antisemitismus-Gewinsel anhören muss, nehm ich die nächste Maschine nach Jerusalem, und wissen Sie, was ich mache, sobald ich dort ankomme?«
Er sagte nichts. Also erklärte ich es ihm:
»Ich werde einen Gebetszettel in die Klagemauer stecken und Gott um Frieden und Gesundheit bitten, und danach komme ich zu Ihnen nach Hause und schlage Ihnen die Fresse ein, dass Sie Ihre Zähne schlucken müssen. Lassen Sie’s sich sagen – Sie sind der Grund dafür, dass es Antisemitismus gibt.«
»Mister Schatz, ich denke, ich muss mir das hier nicht länger anhören«, sagte Avram Silver.
»Dann lassen Sie es. Ich hab meinen Morgenkaffee schon vor einer Stunde getrunken, und ich freue mich darauf, demnächst meine Sitzung im stillen Örtchen zu haben. Und ich möchte nicht, dass Sie mir diesen Genuss vergällen.«
»Zur Hölle mit Ihnen, Mister Schatz.«
»Ich wette, da braten Sie schon, wenn ich dort hinkomme!«
Ich hörte das Klicken, als er auflegte.
»Warum hast du das getan, Grandpa?« Tequila schrie mich an. »Jetzt wird er uns das Dossier nie geben.«
»Wir brauchen ihn nicht.«
»Und ob wir das tun. Er kennt den Namen, den Ziegler benutzt, und in der Hinsicht war er unsere einzige Spur. Wie sollen wir denn jetzt noch deinen Nazi finden?«
»Wir brauchen diesen albernen Gauner nicht. Wir brauchen seine Informationen nicht. Und wir brauchen sein verdammtes Dossier nicht.«
Tequila schwieg einen Moment. »Wieso nicht?«
Ich gönnte mir einen Bissen von meinem Apfel.
»Silver hat uns erzählt, dass er in St. Louis festgenommen wurde, weil er in Zieglers Haus eingebrochen war. Wir besorgen uns den Polizeibericht und finden so Adresse und Namen des Opfers heraus.«
»Wir kriegen Ziegler«, sagte Tequila. »Das verfluchte Dossier brauchen wir gar nicht.« Wieder schwieg er einen Augenblick. Und dann: »Ich kann zu Besuch kommen und ein paar Tage bleiben. Ich werde ein Vielflieger-Ticket benutzen. Wenn du nach St. Louis möchtest, kann ich dich hinfahren.«
»Mein Herz hüpft vor Freude«, sagte ich. »Ich gönn mir jetzt ’ne Sitzung.«
»Viel Spaß dabei, Grandpa.«
»Werd ich haben. Ist die Krönung meines Morgens.«
8
Seit der Beerdigung hatte Emily Feely immer wieder bei uns angerufen und davon gesprochen, mit uns zu Abend zu essen. Rose beschloss, die Einladung anzunehmen.
Noch während des Telefongesprächs nörgelte ich im Hintergrund, dass der Anfahrtsweg viel zu weit sei, und zwar so laut, dass Emily es am anderen Ende der Leitung mitbekam. Sie bot an, alles zu uns nach Hause zu bringen. Rose sagte, das klinge wundervoll. Ich kam mir vor wie ein in die Enge getriebenes Tier. Norris hatte mir erfolgreich eine Falle gestellt.
»Ich kann diese Leute nicht ausstehen«, protestierte ich, während ich Sweet’N Low -Süßstoff über mein Raisin Bran verteilte, die Frühstückszerealie des Tages. »Hast du gehört, wie Norris mit uns redet?«
»Du streitest dich doch mit allen, Buck. Darum sind uns auch keine Freunde mehr geblieben.«
»Soll mir recht sein.«
»Na ja, mir aber nicht. Ich langweile mich und fühle mich einsam. Emily scheint mir eine sehr nette Person zu sein, die gern mit Menschen zu tun hätte, die ihrem Vater nahestanden.«
»Ihr Vater war ein Schmock«, sagte ich.
»Wir waren die einzigen, die zur Beerdigung gekommen sind.«
Ich schlug mit der Faust auf den Frühstücktisch. »Ich wollte aber gar nicht hin. Und ich kann die aufgeblasene Laus von Ehemann, den sie mitschleppt, nicht leiden.«
»Ich bin überzeugt, dass ihr euren Streit beilegen und miteinander auskommen könnt, Norris und du.«
»Du hast doch selbst gesagt, er ist ein gefährlicher Kerl.«
Sie verschränkte die Arme. »Und du hast gelacht und gesagt, du hättest ein gutes Händchen für solche Kerle.«
»Angeberei. Ich hab Angst vor dem Typen.«
»Dann solltest du erst recht nett zu ihm sein«, sagte Rose.
»Ich stell mich aber quer.«
Sie schmunzelte, und dann trübte das pure Mitleid ihren Blick. Sie wusste, dass ich damit niemals durchkam. »Du kannst den ganzen Tag auf den
Weitere Kostenlose Bücher