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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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weil ich von einem roten Honda verfolgt wurde, der ungefähr vier Autolängen hinter mir blieb.
    Die Sonnenstrahlen wurden von der Windschutzscheibe des Honda reflektiert, so dass ich dessen Fahrer nicht erkennen konnte.
    Ich bog nach links ab. Er ebenfalls.
    Ich wechselte die Spur. Er ebenfalls.
    Ich schluckte und fragte mich, was ich mit dem Anruf bei dem Israeli wohl aufgerührt haben mochte. Wahrscheinlich nichts; das hier hatte wahrscheinlich nichts zu bedeuten.
    Es spielte sich nur in meinem Kopf ab.
    Zwei Wochen zuvor hatte ich ein unangenehmes Gespräch mit meinem Arzt geführt. Er hielt einen Aktendeckel mit Testergebnissen an die Brust gedrückt und sah mich mit dem schmallippigen und stirngerunzelten Gesicht an, das die Vertreter der medizinischen Zunft aufsetzen, wenn sie schlechte Nachrichten zu verkünden haben. Er war noch ein junges Bürschchen, höchstens Anfang vierzig, aber er kümmerte sich seit ungefähr fünf Jahren um uns, denn damals hatte sich unser alter Arzt nach Boca Raton in den Ruhestand zurückgezogen und war mitten auf dem Golfplatz tot umgefallen, offenbar aufgrund einer massiven Lungenembolie. Ich nahm an, dass der Neuling seine Sache ganz gut machte, denn Rose und ich waren immer noch auf den Beinen.
    »Buck, ich könnte Ihnen Medikamente verschreiben, um zu versuchen, dadurch die Gedächtnisprobleme zu lindern, über die Sie klagen. Aber ich halte das nicht für eine uneingeschränkt gute Lösung.«
    Ich zupfte an meinem Hemd. »Sie meinen, ich habe Alzheimer. Ist es das?«
    Er schürzte die Lippen, runzelte die Stirn und schenkte mir einen mustergültig teilnahmsvollen Blick. »Nein. Viele ältere Patienten erleben Augenblicke der Verwirrung und kurzzeitigen Gedächtnisverlust. Eine ganze Anzahl von Faktoren können zu diesen Schwierigkeiten beitragen.«
    »Wie viel Zeit bleibt mir noch, bis ich zu einem dieser Zombies werde, die unten ohne durchs Pflegeheim tapern?«
    Nach einer peinlichen Situation hatte ich einen Neurologen konsultiert. Ich war in meinem Wagen unterwegs und merkte, dass ich weder wusste, wo ich mich befand, noch mich entsinnenkonnte, wohin ich fahren wollte. Ich bog auf einen Parkplatz ein und rief Rose von einem Münzfernsprecher an. Sie hatte mich gefragt, warum ich sie nicht von meinem Mobiltelefon anrief. Ich hatte vergessen, dass ich eines besaß.
    »Die neurologischen Untersuchungen zeigen keine ausreichende Beeinträchtigung, um die klinische Diagnose einer Demenz vom Typ Alzheimer zu stellen. Sie könnten auch unter dem leiden, was wir als leichte kognitive Störung bezeichnen, aber bei manchen Patienten ist es schwierig, eine solche Unterscheidung zu treffen.«
    »Sie wollen mir also sagen, dass Sie nicht wissen, ob es sich um Alzheimer handelt?«
    Er vermied es, mich anzusehen, und studierte die Ergebnistabelle. »Ich habe mich mit dem Neurologen besprochen. Ihre Tomographie zeigt keine sichtbare Läsion des Gehirns, und nach meiner Einschätzung sind Sie für einen Mann Ihres Alters noch ziemlich klar im Kopf. Nichtsdestoweniger könnten die Testergebnisse einen Prä-Alzheimer-Zustand ausweisen, den wir bei einem jüngeren Patienten mit einem aggressiven Medikamentenregime bekämpfen würden.«
    Im Laufe der Jahre hatte ich es mit genügend Ärzten und Anwälten und Automechanikern zu tun gehabt, die mir erst mal technische Einzelheiten auftischten, wenn sie mir etwas anderes unterzujubeln versuchten.
    »Jünger als?«
    »Buck, als jemand, dem es darum geht, älteren Menschen medizinische Fürsorge zuteilwerden zu lassen, besteht mein Ziel darin, alles zu tun, um zu gewährleisten, dass meine Patienten sich auf eine maximale Anzahl zufriedenstellender zukünftiger Lebensjahre einstellen können. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?«
    Für mich klang es wie ein Haufen Humbug. »Mal angenommen, ich versteh’s nicht?«
    Der Doktor legte seinen Aktendeckel weg und lehnte sich anden Schreibtisch. »Es bedeutet nur, dass niemand ewig lebt. Das Leben ist ein degenerativer und letaler Zustand.«
    Ich gab ein verrotztes Geräusch von mir, um meine Verachtung kundzutun. »Sie haben den Beruf verfehlt. Sie hätten Grußkarten für Hallmark texten sollen.«
    Der Doktor ordnete die Papiere auf seinem Schreibtisch. Ich zog meine Packung Luckys aus der Tasche. »Was dagegen, wenn ich rauche?«
    »Selbstverständlich dürfen Sie hier nicht rauchen. Wir befinden uns in einem Krankenhaus.«
    »Ach, kommen Sie, Doktor. Sie erzählen mir, dass ich sterbe. Um über

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