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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sollte ich vielleicht Billy auf die kleine Autotour mitnehmen, von der wir gesprochen haben«, verkündete ich.
    Frans Miene verriet mir, dass sie noch nichts von einer Tour gehört hatte, und es überraschte mich, dass Billy so gescheit gewesen war, ihr nicht alles zu erzählen.
    »Wohin wollt ihr denn?«, fragte sie.
    »Nur mal rauf nach St. Louis, für ein, zwei Nächte«, sagte Tequila.
    »Und warum?«
    »Bäh«, sagte Rose. »Die beiden Idioten jagen doch nur irgendwelchen Leprechauns nach.«
    »Wir glauben, dass jemand, den Grandpa noch aus Kriegszeiten kennt, dort oben in einem Altersheim wohnt«, erläuterte Tequila. »Ihm wollen wir einen kleinen Besuch abstatten.«
    »Oh, das wird bestimmt nett«, sagte Fran. »Sie können alte Zeiten wieder aufleben lassen.« Im Rückspiegel spähte sie zu mir. »Ich hoffe doch, dass du dich nicht hinters Lenkrad setzt, Buck.«
    »Nein, darum kümmere ich mich«, sagte Tequila. »Aber ich dachte, wir hätten hier noch ein paar Dinge zu erledigen. Wir müssen Grandpas Freund Norris Feely besuchen und Reverend Kinds Witwe einen Kondolenzbesuch abstatten.«
    »Nein, müssen wir nicht«, sagte ich. »Pack eine Tasche. Gleich nach dem Mittag fahren wir Richtung Missouri.«
    Ich hatte es nicht nötig, große Erklärungen abzugeben. Lawrence Kinds Mörder zu schnappen war nicht mein Job. Ich befand mich seit fünfunddreißig Jahren im Ruhestand, und wie Randall Jennings sagte, konnten sie ihre Polizeiarbeit auch ohne mich erledigen. Tequila hatte mir ohnehin aufgezeigt, dass meine Methoden antiquiert waren. Die neuen Jungs konnten alles, was ich beherrschte, nur schneller und leichter. Sie konntenden Killer allein schnappen, und ich konnte es ihnen getrost überlassen.
    Wenn Kind wegen des Schatzes umgebracht worden war und der Feind jetzt Heinrich Ziegler im Visier hatte, sah ich keinen Sinn mehr darin, Vorsicht walten zu lassen. Der Tod kam näher und roch nach Krankenhaus. Nach Pflegeheim. Sinnlos, die Mauern weiter zu befestigen. Sinnlos, die Tür zu verbarrikadieren. Er ließ sich nicht aufhalten.
    Ich steckte mir eine Zigarette an.
    Ich könnte ihm ebenso gut entgegenreiten.
    Was ich nicht vergessen möchte :
    Fünf Stunden ziehen sich in die Länge, wenn man mit jemandem im Auto sitzt, mit dem man so gut wie gar nichts gemeinsam hat. Schließlich versucht man dann doch, ein Gespräch zu beginnen, und das findet nie ein gutes Ende.
    »Als ich das letzte Mal vor Dads Tod mit ihm in der Stadt war, wollte er, dass ich wegen irgendeines seiner Geschäfte mit ihm nach Nashville fuhr.«
    Ich sah zum Fenster hinaus auf Kühe, die am Rand des Highway grasten, und mied Tequilas Blick. Er redete weiter.
    »Ich fragte ihn, ob es auch für mich dort etwas zu tun gäbe. Er sagte nein, eigentlich nicht. Er brauche nur Gesellschaft für die Fahrt. Ich sagte, er kann mich mal. Ich hätte schließlich Frühlingsferien.«
    Ich drehte mich um und sah ihn an. »Warum erzählst du mir das?«
    »Ich weiß einfach nicht, wie ich mir das verzeihen soll. Es ist schon einige Jahre her, aber es ist nicht leichter geworden. Ich fühl mich wie paralysiert, verstehst du?«
    »Und was möchtest du jetzt? Dass ich dir verzeihe?«
    »Nein.« Er hielt inne, trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad. »Oder doch, vielleicht. Ich glaube, es hat sehr viel damit zu tun, warum ich hergekommen bin – um eine Art Katharsis zu finden oder so. Heinrich Ziegler ist mir eigentlich ziemlich egal.«
    »Ja, dir ist sowieso alles egal. Und genau das ist es, was dir mal leidtun wird.« Sie alle beichteten mir und dachten, ich würde schon verstehen.
    Tequila wirkte einen Augenblick lang gekränkt. »Sehr gut erkannt«, sagte er. »Es passt eigentlich gar nicht zu dir, so auf den Punkt zu kommen.«
    Dann verlor sein Gesicht jeden Ausdruck, und er verband sein Internettelefon mit dem Autoradio. Für den Rest der Fahrt sorgte er für laute Musik. Es waren schrille Töne, kaum zu ertragen. Aber ich war erleichtert, nicht mehr reden zu müssen.

21
    Ich mietete uns im Embassy Suites ein. Ich war schon in so manchen Motels abgestiegen – niedrigen Betongebäuden am Rand des Highway, mit schmuddeligen Bädern, zerschlissenen Laken und dem Geruch von Teerstraßen, der mir in die Nase stieg, wenn ich unter dem Gerumpel der vorbeifahrenden Laster einschlief. Schmutz machte mir nichts aus. Während meines gesamten Berufslebens suhlte ich mich darin. Aber ich ging nicht jeden Tag auf Nazijagd, und daher schien es die richtige

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