Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Gelegenheit, stilvoll zu reisen.
    Ich hielt das Embassy Suites für ein klasse Quartier. Happy Hour mit kleinen Leckereien immer um fünf Uhr nachmittags. Morgens Englisches Frühstück: Die Eier bereiteten sie so zu, wie ich es mochte: nicht zu hart, nicht zu glibberig. Und die Zimmer waren um ein hübsches Atrium gruppiert, boten Ausblick auf einen Innengarten, kleine Teiche mit Enten und Fußgängerstegen, alles im Inneren des Hotels. Sogar eine Palme gab es.
    Wir trafen gegen neun Uhr abends ein, zu spät, um Meadowcrest Manor einen Besuch abzustatten. Die Insassen würden gewiss schon ihre Tranquilizer intus haben. Also fuhren wir zum Hotel, brachten das Gepäck in unsere Suite und machten uns auf den Weg nach unten ins Restaurant direkt an der Lobby, um noch einen späten Happen zu essen.
    Der Raum war fast leer. Der einzige weitere Gast war eine dunkelhaarige junge Frau mit Hochglanzlippen und olivfarbenem Teint, die über winzige weiße Kopfhörer Musik hörte und auf der Tastatur eines Laptopcomputers tippte. Ich nahm siedesinteressiert und nur flüchtig war. Tequila behielt sie länger im Blick, aber wir folgten dem gelangweilt aussehenden Kellner an unseren Tisch und bestellten zwei Flaschen Soda.
    »Du lieber Himmel, dieser Laden ist ja die Inkarnation des Mittelklassengeschmacks«, sagte Tequila. »Hast du die scheiß lachhafte Palme gesehen?«
    Ich entschied mich dagegen, ihm eine Antwort zu geben. »Deine Mutter sagte, du hättest Beziehungsschwierigkeiten gehabt.«
    Sein Blick schweifte ganz kurz zu der Frau am anderen Tisch.
    »Sie übertreibt«, sagte er. »Ich bin eine Weile mit einem Mädchen ausgegangen, und jetzt treffen wir uns nicht mehr. So was passiert.«
    »Sie findet, dass dir so was oft passiert. Und du bist da oben in New York allein. Deine Großmutter sorgt sich ebenfalls um dich.«
    Er warf mir einen eisigen Blick zu. »Was denkst du, Pop?«
    Ich zupfte an meinem Hemdkragen. »Mir ist das alles schnurz.«
    »Scheiße, dann hör auf, mich damit zu behelligen.« Er stand auf und beugte sich mir entgegen.
    Die Schöne sah von ihrem Computer auf und zu uns hinüber. Tequila bemerkte ihren Blick und lief hochrot an. Er ließ sich auf seinen Stuhl zurückfallen.
    Ich sah mir die Speisekarte an. »Schätze, ich bestell mir einen richtig durchgebratenen Hamburger«, sagte ich.
    »Mmm-hmm«, sagte er.
    »Hör mal«, sagte ich. »Tut mit leid, was neulich im Casino vorgefallen ist.«
    »Schon gut«, sagte er.
    »Ich bin froh, dass du da warst.« Mein Mund fühlte sich wieder trocken und stumpf an. »Ich hätte ohne deine Hilfe bei dieser Sache alt ausgesehen.«
    »Ich hab diesen ganzen Mist so satt. Ich zieh das College mitBravour durch. Ich bestehe die Aufnahmeprüfung fürs Jurastudium, dass die ganze Welt nur staunt. Ich kriege ein Betriebspraktikum, einen Sommerjob, bei einer großen Kanzlei. Sie zahlen mir dreitausend die Woche. In Dollar, in amerikanischen Dollar. Hast du je drei Mille die Woche verdient?«
    »Ich glaube, so viel hab ich noch nicht mal im Monat je nach Hause gebracht.«
    »Ja, aber ich tu’s, und was zum Teufel hab ich davon?«
    Ich legte die Speisekarte auf den Tisch. »Na, dreitausend Dollar in der Woche, nehm ich an. Aber ich hab ja nicht die Schulbildung wie du – meine Mathekenntnisse reichen vielleicht nicht aus.«
    »Siehst du, genau das ist es. Was ich auch mache, immer bin ich eine verdammte Enttäuschung.«
    »Also, komm schon. Das stimmt nicht, und das weißt du auch.«
    »Was soll das heißen, es stimmt nicht?«, fragte er und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Du zerreißt dir doch unentwegt das Maul darüber, wie viel Geld ich in New York ausgebe. Ich hab mir deinen Scheiß anhören müssen, seit ich dort hingezogen bin.«
    Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. »Ich stichele doch nur, weil du so erfolgreich bist. Überall geben wir mit dir an. Du musst wissen, dass deine Großmutter und ich immer stolz auf dich sein werden, egal, was du tust. Und das gilt auch für deine Mutter.«
    »Dad war nie stolz.«
    »Das glaubst du doch nicht wirklich.«
    »Ich weiß nicht, Grandpa, ich weiß nicht. Und wenn du so irre stolz auf mich bist, warum verhältst du dich immer so abweisend?«
    Eine ganze Weile sagte ich nichts, während er mich fragend ansah. Schließlich sagte ich ihm ruhig und beherrscht etwas Wahres.
    »Du erinnerst mich an ihn.«
    Tequila öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich aber anders und schloss ihn wieder. Mir war eine

Weitere Kostenlose Bücher