Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Amerikaner - The American

Der Amerikaner - The American

Titel: Der Amerikaner - The American Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
Vom Netzwerk:
hatten die Militärs im Pentagon es als einen Unfall bezeichnet und ihre Unschuld beteuert, aber gleichzeitig weiter Munition an Bagdad geliefert. In diesem Flugzeug hatte ihr Bruder gesessen, der nach einem zweiwöchigen Urlaub bei seiner Familie zur American University in Dubai zurückkehren wollte.
    In den Jahren vor dem Tod ihres Bruders waren ihre Eltern friedfertige und warmherzige Menschen gewesen. Dennoch waren sie auch zum Hass fähig, und als sie entdeckten, dass es bei ihrer Tochter genauso war, nährten sie diesen Hass …
    Ihre gegenwärtige Aufgabe befriedigte Darabi. Man hatte sie nur in einigen wenigen speziellen Punkten informiert, aber als intelligente Frau wusste sie, dass jenes Geld, das sie über mehr als fünfzig ausländische Konten transferiert hatte, für einen wichtigen Mann bestimmt war. Sein Name sagte ihr nichts, aber es war selbstverständlich ein Deckname. Auch seine Stimme war nicht aufschlussreich; sie hatte einen französischen Akzent, der aber vermutlich nur ihretwegen am Telefon kultiviert wurde. Mit solchen Dingen kannte sie sich nicht aus, doch das spielte keine Rolle. Es würde sich nicht auszahlen, zu viel wissen zu wollen. Ihre Anweisungen kamen vom Minister persönlich, und darauf war sie insgeheim stolz. Sie würde nicht für immer in diesem
Loch leben, sondern schon bald nach Teheran zurückkehren und an Mazaheris Seite ihren verdienten Platz einnehmen.
    Doch im Moment musste sie auf den nächsten Anruf warten. Wenn er kam, würde sie ein paar kurze, leise Sätze vernehmen, höchstwahrscheinlich Bitten um weiteres Geld. Mit Smalltalk hielt sich der Mann nicht auf, und Darabi wusste diesen Charakterzug zu schätzen.
    Sie beugte sich zu dem Beistelltisch hinüber. Das Handy klingelte...
     
    Der Tag schien nicht enden zu wollen, doch die langen Stunden im Büro waren nicht der Grund für ihre düstere Stimmung. Sie verschlimmerten sie nur noch.
    Nicole Milbery zwang sich, nicht mehr auf das Telefon zu starren, und richtete den Blick auf einen Kaufvertrag, den sie am Computer ausfüllte. Sie versuchte zu begreifen, warum er nicht angerufen hatte. Die beiden Stunden, die sie gemeinsam in der Scheune verbracht hatten, waren unglaublich gewesen und schrien geradezu nach einer Wiederholung, aber allmählich wurde klar, dass ihr letzter Kunde die Dinge anders sah.
    Sie fühlte sich betrogen und gedemütigt, und diese Gefühle peinigten sie noch mehr, weil sie ihn immer noch wollte und seinem Anruf entgegenfieberte, damit sich das Erlebnis von vor ein paar Tagen wiederholen konnte.
    Geduld und gelassenes Abwarten gehörten nicht zu ihren hervorstechenden Charakterzügen. Wenn er morgen immer noch nicht angerufen hat, beschloss sie kategorisch, wird er es bereuen. Mich behandelt niemand so.
    Sie bemerkte, dass sie schon wieder auf das Telefon starrte, und versuchte, ihre aufgepeitschten Emotionen zu beherrschen. Wütend hämmerte sie wieder auf die Tastatur ein.

    Frank Watters beobachtete mit schlecht kaschierter Neugier den einsamen Kunden, der an Kühlschränken und kostspieligen Stereoanlagen vorbei durch die Gänge schlenderte und sich von der üblichen Kundschaft unterschied. Seine Kleidung war nicht fleckig wie die etlicher Stammkunden, die auf Baustellen arbeiteten und ihr Mittagessen hastig auf den Ladeflächen von Lastwagen hinunterschlangen.
    Watters, der schon ältere Inhaber des Geschäfts, beobachtete weiter interessiert den Fremden, denn an einem ruhigen Donnerstagnachmittag gab es ohnehin wenig anderes zu tun.
    Sein Laden, Watters’s Electrical Supply, lag etwas südlich von Ashland im Hanover County und wurde vorwiegend von Hausfrauen und Elektrikern aus den angrenzenden drei Countys besucht. Eigentlich war nur am frühen Morgen etwas los, wenn die Stammkunden kauften, was sie tagsüber für ihre Arbeit brauchten.
    Der einsame Kunde war schon seit fast zwanzig Minuten da und hatte zuletzt gedankenverloren an einem großen Fernseher herumgespielt, entschloss sich dann aber doch, Watters seine Einkaufsliste zu präsentieren. Als er den Zettel über die Theke schob, registrierte der ältere Mann befriedigt, dass seine Beobachtungen korrekt waren. Die gebräunten Hände des breitschultrigen Mannes wiesen nicht jene Narben und Kratzer auf wie die eines Elektrikers oder anderen Handwerkers. Die Finger waren lang und schlank, wirkten aber trotzdem irgendwie männlich, vielleicht wie die eines Schriftstellers oder Pianisten …
    Trotzdem, der Kunde wusste genau, was er

Weitere Kostenlose Bücher