Der Amerikaner - The American
kam aber nicht mehr dazu, sie zu artikulieren. Vanderveen bohrte ihm den Lauf seiner Pistole ins Ohr und drückte ab.
Er ignorierte die Schreie der Passanten, öffnete die Tür und zerrte die Leiche des Fahrers auf die Straße.
Dann saß er hinter dem Steuer, gab Gas und schaltete erst zwei Gänge höher, bevor er sich die Mühe machte, die Tür richtig zu schließen. Im Rückspiegel sah er, wie sich die Glastür öffnete und eine Gestalt auf die Straße stürmte.
Als Kealey auf der F Street stand, erhaschte er gerade noch einen Blick auf den roten Camry, der mit quietschenden Reifen davonraste. Er feuerte zwei Kugeln ab, die aber keinen der Hinterreifen, sondern nur die Stoßstange trafen.
Dann war der Wagen in die 14th Street abgebogen und nicht mehr zu sehen. Kealey fluchte leise, sah die Leiche auf der Stra ße und überlegte, ob er jemanden aus einem Auto ziehen und die Verfolgung aufnehmen sollte. Sekunden später kamen zwei schwarze Suburbans mit eingeschaltetem Blaulicht um die Ecke. Als sie angehalten hatten, stiegen etliche Männer aus, die ihre Maschinenpistolen auf Kealey richteten und schrien: »FBI! Lassen Sie die Waffe fallen! Sofort! «
Allmählich wurde es zur Angewohnheit, aber Kealey rief ihnen zu: »Ich arbeite für die Strafverfolgungsbehörden, Susskind kennt mich! Der Mann, nach dem Sie suchen, ist gerade um die Ecke gebogen …« Als er in die Richtung zeigen wollte, fiel ihm auf, dass er noch immer die Pistole in der Hand hielt. »In einem roten Camry mit dem Kennzeichen …«
»Sie sollen die Waffe fallen lassen! Wird’s bald? «
Die auf ihn zukommenden Männer wirkten nicht besonders
freundlich. Seine Linke ruhte auf dem Türgriff eines silbernen Mercedes, und die Frau hinter dem Lenkrad schaute ihn ängstlich an. Er ließ los und hob die Hände, noch immer die Waffe umklammernd. Dann legte er sie fluchend auf den Boden und trat zurück, während die Agenten ihn umzingelten.
Es war vorbei, Will Vanderveen war entkommen.
35
Langley • Cape Elizabeth
Die Besprechung fand gut acht Stunden später im kleinen Kreis in Langley statt. Das Büro des CIA-Direktors bot genug Platz für die Hand voll Personen, zu denen Andrews selbst, Jonathan Harper, Ryan Kealey und Naomi Kharmai gehörten, die mit einem Hubschrauber der Virginia State Police eingeflogen worden war.
Harper hatte keine große Mühe gehabt, Kealey aus den Fängen des FBI zu befreien. Nur wenige Minuten nach dem Vorfall auf der F Street hatte Susskind mit dem Chef des Washingtoner HRT-Teams gesprochen, und die Handschellen waren Kealey wieder abgenommen worden. Danach hatte er seine Beretta zurückerhalten. Die Agenten drückten ihr Bedauern angesichts der Festnahme aus, wenn auch nur zögernd, und ihre Entschuldigungen waren kaum vernehmbar. Kealey wurde umgehend in einem Suburban nach Tyson’s Corner gebracht, doch die meisten Agenten blieben vor Ort, um den Tatort zu sichern und auf Verstärkung zu warten.
Eigentlich konnte Kealey ihnen nicht übel nehmen, dass sie ihn festgenommen hatten. Er hatte direkt neben einem gerade erschossenen Mann gestanden, eine Waffe in der Hand, in Zivil und ohne Ausweis. Rückblickend schien es ihm fast ein Glück zu sein, den bestens ausgebildeten Agenten des HRT-Teams gegen übergestanden zu haben, die immerhin so professionell waren, dass sie nicht aus reiner Panik abdrückten.
Als er knapp zwanzig Minuten später im Terrorist Threat Integration
Center eintraf, drehte sich schon der Rotor eines wartenden Helikopters. Trotz der heftigen Proteste von Direktor Landrieu und Joshua McCabe hatte Harper seine und Kealeys unverzügliche Rückkehr nach Langley durchgesetzt. Dort hatten sie allerdings stundenlang warten müssen, weil Andrews im Wei ßen Haus in eine lange Unterredung mit dem geschockten Präsidenten verstrickt war. Jetzt, als sie alle im geräumigen Büro des CIA-Direktors saßen, erschienen die Ereignisse des Vormittags nur noch als ein böser Traum.
Aber sie waren kein Traum gewesen, und Kealey hatte dies dadurch demonstriert, dass er dem Direktor den Gang der Ereignisse gleich dreimal schilderte, von Harpers Telefonanruf bis zu seiner Verhaftung durch das FBI. Kharmai war gebeten worden, umfassend darüber zu berichten, was sich in Hanover County abgespielt hatte. So sprachen fast nur die beiden. Doch sie bekamen auch einige der Antworten, die ihnen noch fehlten.
Sie saßen nebeneinander, auf der anderen Seite des niedrigen Kaffeetischs hatten Andrews und Harper in
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