Der Amerikaner - The American
bequemen Sesseln Platz genommen. Kharmai hatte nach ihrer Rückkehr nach Langley neben dem Umkleideraum für Damen ausgiebig heiß geduscht. Man hatte jemanden zu ihrer Wohnung geschickt, um saubere Kleidungsstücke zu holen, und der Unbekannte hatte bei der Auswahl ein sicheres Händchen bewiesen. Jetzt sah sie tausendmal besser aus als am Morgen und war begierig darauf, mehr über den katastrophalen Ausgang der Razzia in Virginia zu erfahren.
Harper klärte sie auf. »Die Sprengstoffspezialisten vom FBI haben sich auf den Keller konzentriert, wo sie Hinweise darauf fanden, dass aus einer undichten Leitung ausgetretenes Gas explodiert sein könnte. Allerdings strömt Gas fast immer am Anschlussventil aus, das sich stets im Erdgeschoss befindet. Nach
der Meinung der Experten hat Vanderveen die Leitung vom Herd abgerissen, ein Loch in die Decke gebohrt und den Schlauch bis in den Keller geschoben. Dann hat er das Loch - und alle Lüftungsschächte - mit Isolierband abgedichtet, damit das Gas nicht aus dem Keller entweichen konnte.« Er trank einen Schluck Kaffee und fuhr fort. »Sie haben noch andere Beweise entdeckt, die mit dieser These übereinstimmen. In den Wänden fanden sich Splitter eines altmodischen Benzinkanisters aus Blech, Spuren von Semtex H und etwas, das an Kontaktplatten erinnerte. Vanderveen hatte keine Zeit, sich etwas Raffiniertes einfallen zu lassen. Also hat er einfach mit Isolierband ein Stück Plastiksprengstoff an dem Benzinkanister befestigt und dann eine Batterie mit einer Zündkapsel verbunden. Die Explosion erfolgte, als beim Öffnen der Tür die Isolierung zwischen den beiden Platten wegezogen wurde.«
Kealey schüttelte den Kopf. »Was war mit der Bombe in dem Lieferwagen?«
»Die war ein bisschen komplizierter, wenn auch nicht viel«, antwortete Harper. »Da man Sorge vor unangenehmen Überraschungen hatte, besonders nach den Erfahrungen in Vanderveens Haus, haben sie die Bombe erst vor ein paar Stunden ins Labor gebracht. Bei der Antiterror-Taskforce war man sich einig - einfach, aber effektiv. Er wollte den Sprengstoff, der sich in fünf Stahlkisten befand, über ein Handy zünden. Übrigens wären Sie übel dran gewesen, wenn Sie durch die Hecktür in den Lieferwagen eingedrungen wären, Ryan. Er hatte an dem Handy und an zwei der Kisten Vorrichtungen angebracht, die bei einer Berührung sofort die Explosion ausgelöst hätten.«
»Aber nicht an dem Schalter.«
»Nein. Er wollte keine vorzeitige Explosion riskieren. Solange kein Strom zu dem Schaltkreis floss, hätte es auch keine Rolle
gespielt, wenn jemand von einem anderen Mobiltelefon aus das Handy hinten in dem Lieferwagen angewählt hätte. Sie sagten, Sie hätten das Telefon klingeln gehört?«
»Ja, ungefähr zwei Sekunden, nachdem ich den Schalter umgelegt hatte.«
»Das war Vanderveen, der die Bombe zünden wollte. Diese zwei Sekunden haben über Leben und Tod entschieden.«
Kealey wurde leicht übel, als er darüber nachdachte, wie knapp er dem Ende entkommen war. Ganz zu schweigen davon, welche Verheerungen in der Straße angerichtet worden wären. »Mein Gott, dabei habe ich nur einen Schalter umgelegt …«
Harper nickte bedächtig. »Vanderveen musste in der Lage sein, die Bombe schnell zu zünden, konnte aber in einer belebten Straße bei den Sicherheitsmaßnahmen nicht lange hinten in dem Lieferwagen herumkramen, ohne sich verdächtig zu machen. Er hat für seine Zwecke die beste Lösung gefunden, und wenn Sie nicht im passenden Moment aufgetaucht wären, hätte alles funktioniert.«
Kealey schwieg. Er wollte nicht daran denken, was fast geschehen wäre. Dafür blieb später noch Zeit.
Aber Kharmais Wissbegier war noch nicht gestillt. »Was für einen Schaden hätte die Bombe angerichtet?«
Harper räusperte sich. »Darauf gibt es keine definitive Antwort. Ich habe mit Bateman gesprochen, dem Chef der ATF-Taskforce, und er hat ein paar geschätzte Zahlen genannt. Wahrscheinlich wäre jedes Haus in einem Umkreis von vier Häuserblocks schwer beschädigt worden, leichtere Schäden wären in einem Radius von zwölf Blocks zu registrieren gewesen. Betroffen gewesen wären auch die Freedom Plaza und der Pershing Park. Schätzungen, die aber umstritten sind, gehen unter Berücksichtigung der Tageszeit von vierhundert bis fünfhundert
Toten aus, außerdem von ungefähr zweitausend Verletzten. Wäre die Bombe ein paar Stunden eher hochgegangen, also am frühen Morgen, wäre die Opferzahl geringer
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