Der Amerikaner - The American
vermuten
lassen, dass der oder die Mörder mit einem Boot geflüchtet waren. Polizeiboote würden alle kleineren Boote in der Nähe überprüfen und die größeren Hafenbecken der Bucht absperren. Schon jetzt, als sie sich dem privaten Anlegeplatz des Victoria and Albert Hotel näherten, waren von der anderen Seite der Bucht Polizeisirenen zu hören.
Ein Blick auf die Uhr verriet Kealey, dass sie, selbst wenn der Wagen der Botschaft Diplomaten-Nummernschilder hatte und so schnell wie möglich fuhr, mindestens sieben Stunden totschlagen mussten. Nachdem er angelegt und den Katamaran vertäut hatte, fand er unter einem Sitz am Heck zwei Decken, die er mit ein paar Flaschen Mineralwasser hastig in seinem Rucksack verstaute.
Dann wandte er sich Kharmai zu, die direkt hinter der Kabine auf einer harten Holzbank saß. Sie hatte die Knie an den Oberkörper gezogen und betrachtete ihn eingehend. Als er mit ausgestreckter Hand auf sie zukam, wich sie zurück.
Kealey wurde ungeduldig. »Für solche Spielchen bleibt uns keine Zeit. Wenn Sie nicht sofort mitkommen, werden wir beide für lange Zeit in einem südafrikanischen Gefängnis verschwinden. Sie wissen, dass ich Ihnen nie etwas tun würde. Gray hatte eine Waffe - er hätte uns beide umgelegt, ohne mit der Wimper zu zucken.«
Nach einem Augenblick hielt sie ihm wortlos ihre Hand entgegen, und Kealey zog sie hoch. Dann traten sie auf den Steg und gingen Hand in Hand an dem hell erleuchteten Victoria und Albert Hotel vorbei, in Richtung der dunklen, verwaisten Straßen.
Die steil ansteigenden, aus dem Tal herausführenden Straßen bereiteten dem Jeep große Schwierigkeiten, denn er hatte keinen Allradantrieb. Mehrfach schlitterte das Fahrzeug gefährlich in
die Nähe des schlammigen Straßenrandes, hinter dem ein mehrere hundert Meter tiefer Abgrund gähnte. March hatte eine Phobie vor Bergen und steilen Abhängen, eine panische Angst, die bis in seine Kindheit zurückreichte. Ihm brach kalter Schweiß aus, und er hoffte inständig, dass die Fahrt nicht mehr lange dauern möge, aber hoch oben in den Bergen wurde die in den Fels gehauene Straße besser.
Obwohl die Heizung auf vollen Touren lief, konnte sie angesichts der bitterkalten Außentemperatur nicht viel ausrichten. Draußen heulte ein eisiger Wind, der durch die kleinsten Ritzen in das Fahrzeug drang. Bald verwandelte sich der Regen in Schneeregen, dann in ein Schneetreiben, das die Fahrt noch beschwerlicher machte.
»Sehen Sie das?« Marchs Blick folgte al-Adels Finger, der auf ein kleines Haus zeigte, das mindestens hundert Meter über der Straße auf einem Felsvorsprung stand und sich so wenig von seiner Umgebung abhob, dass March es von selbst nie entdeckt hätte. »Einer unserer Beobachtungsposten - einer von mehreren. Im Umkreis von zehn Kilometern gibt es keine andere passierbare Straße. Deshalb haben wir uns für diesen Ort entschieden. Wenn die Amerikaner kommen, bleibt uns reichlich Zeit, das Camp zu verlassen.«
»Eine gute Wahl.« Für die es, wie March sah, noch andere Gründe gab. Selbst Marschflugkörper mit der größten Reichweite, Cruise-Missiles vom Typ Tomahawk oder Harpoon, würden diesen von Felsen eingeschlossenen Ort nicht erreichen. Und bei einem Luftangriff würden die Piloten gezwungen sein, den Luftraum mehrerer Länder zu passieren. Es würde schwierig sein, von jeder Regierung eine Überflugerlaubnis zu bekommen. »Trotzdem muss es kompliziert sein, die Organisation von hier aus zu lenken.«
Al-Adel nickte zustimmend. »Ein großer Teil der Verantwortung ist an die Befehlshaber unserer Einheiten delegiert worden. Autorisiert werden ihre Operationen mittlerweile von mir oder von Abu Fatima, den Sie vermutlich unter dem Namen al-Zawahiri kennen. Ein großartiger Mann, ich kenne ihn seit fast zwanzig Jahren.«
Der Ägypter verstummte, um erneut einen Blick auf das GPS-Gerät zu werfen. »Wir sind fast da«, sagte er. Der Abstand zwischen den Felsen zu beiden Seiten des Weges verringerte sich, und March glaubte, trotz des laut heulenden Windes das dumpfe Geräusch eines Dieselmotors zu hören. Kurz darauf sah er den Umriss eines gepanzerten Kampffahrzeugs mit einem auf einer Kanzel montierten 100-mm-Geschütz, das direkt auf den näher kommenden Jeep gerichtet war. Al-Adel bremste, und schließlich stieg ein junger Mann mit Schnellfeuergewehr aus dem Kampffahrzeug und stapfte schwerfällig durch den Schnee auf sie zu. Al-Adel redete mit ihm in einem sehr schnellen Arabisch,
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