Der Amerikaner - The American
Das ist Allahs Wille. Er steht hinter euch in all seiner Größe, und unsere Gläubigen werden große Freude empfinden, wenn die Heiden des Westens das volle Ausmaß seines Zorns zu spüren bekommen. Und so wird es sein, bis alle Muslime vereint in seinem Königreich leben. Lasst uns Allah preisen.«
»Preis und Dank sei Gott, dem Allerhabenen.«
»Gehet in Frieden, meine Brüder.«
Die Kämpfer sprangen auf, und ihre leuchtenden Augen richteten sich auf den Redner, als sie in wilden Applaus ausbrachen. Voller Bewunderung beobachteten sie, wie er unter Schmerzen von dem Felsvorsprung am Ende der Höhle herabkletterte, der Menge noch einmal zuwinkte und dann sofort von Leibwächtern
umringt wurde, vertrauenswürdigen Veteranen, die schon seit der sowjetischen Besatzung Afghanistans im Kampf gestählt waren.
Der donnernde, von den Felswänden zurückhallende Beifall wurde noch stärker, als der Redner um eine Ecke verschwunden und nicht mehr zu sehen war.
Saif al-Adel wischte sich Tränen aus dem Augenwinkel und wandte sich dem Amerikaner zu. Der erkannte einen neuen Gesichtsausdruck, eine neue Seite der Persönlichkeit des Arabers, die ihm bisher verborgen geblieben war … An diesem Ort war er, March, das Gesicht des Feindes, und er rechnete schon damit, von hinten erstochen oder erschossen zu werden. Aber es geschah nichts. Erleichtert stellte er fest, dass er fürs Erste in Sicherheit zu sein schien. Aber er zog die Kapuze noch tiefer herab, um sein Gesicht vor der Menge zu verbergen.
»Denken Sie an meine Worte«, sagte al-Adel. »Er empfindet keine Liebe für Sie oder Ihresgleichen. Ist das jetzt nicht offensichtlich? Vielleicht verstehen Sie allmählich, was für ein Risiko es war, hierher zu kommen.«
»Sie haben mich hergebracht«, flüsterte March schadenfroh. »Ihr Leben ist genauso in Gefahr.« Der Ägypter wurde bleich, doch March folgte bereits al-Zawahiri, der in die verborgenen Tiefen der Höhle vorging. Auf diese Audienz hatte er drei Jahre gewartet, und jetzt trennten ihn nur noch wenige Augenblicke von dem Gespräch mit dem Mann, den er für den bedeutendsten auf dieser Erde hielt.
Er hatte sich die Nummer seit langem eingeprägt, ein fünfzehnstelliges Zahlenungetüm, mit dem er während der ersten Monate seines Verrats einige Probleme gehabt hatte. Durch eine schnelle Überprüfung internationaler und nationaler Vorwahlnummern
im Internet hatte er herausgefunden, dass er irgendwo im brasilianischen Bundesstaat Paraná anrief. Trotzdem, weitere Nachforschungen hatte er nicht angestellt. Aaron Jansen hielt Unwissenheit für einen Segen, und diese Unwissenheit war gleichbedeutend mit einem Nummernkonto in Zürich, auf dem das Guthaben während des letzten halben Jahres ständig gewachsen war.
Schon nach dem ersten Klingeln wurde abgenommen. »Quem você se está chamando para?«
»Ich rufe wegen der Rodriguez Holding Company an.«
Am anderen Ende wurde blitzartig von schnellem Portugiesisch auf Englisch umgeschaltet. »Ich höre.«
»Ein Name, zwei Beschreibungen. Es geht um die tödlichen Schüsse auf Stephen Gray … Der Name ist Kealey. Männlich, über eins achtzig groß, Gewicht etwa achtzig Kilogramm, schwarze Haare, graue Augen. Name seiner Begleiterin unbekannt, aber sie ist britische Staatsbürgerin indischer Abstammung. Etwa eins siebzig, schlank, schwarze Haare, grüne Augen. Vermutlich kommen beide von der CIA, aus Langley. Sie werden noch heute nach Washington zurückfliegen. Vielleicht hätte ich mehr in Erfahrung bringen können, aber …«
»Ihre Informationen werden weitergegeben. Danke für den Anruf.« Damit war die Verbindung tot, und Jansen hängte mit zittriger Hand den Hörer ein und fuhr sich durchs Haar. Das Telefonat hatte nur ein paar Sekunden gedauert.
Das Geld war äußerst erfreulich, aber er wusste, dass er in dieser Nacht kein Auge zutun würde. Er verließ die Telefonzelle und trat den langen Rückweg zur Botschaft an.
Zuerst hatte Kealey bei Jonathan Harper angerufen. Es war ein kurzes Telefonat gewesen, ohne viel Rede und Gegenrede. Er
nannte den Namen William Vanderveen und musste sich dann einen Schwall wütender Vorhaltungen anhören. Nach fünf Minuten hatte sich Harper aber beruhigt und ihm nach einigem Zögern gratuliert, weil er den Job gut erledigt habe.
Danach hatte er bei Katie in Cape Elizabeth angerufen, was etwas heikler war, weil es eigentlich keine plausible Entschuldigung dafür gab, dass er sich erst nach sechs Tagen bei ihr
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