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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hochgeschwender
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Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika gerade einmal 28.000 Mann, davon 16.000 beim Heer und 11.000 bei der Marine. Die Mehrheit der Truppen des Heeres war in weit verstreuten Garnisonen und kleinen Forts zum Schutz vor Indianern über den gesamten Westen verteilt. Ihre Moral war denkbar schlecht. Die Mannschaftsdienstgrade der Unionsarmee standen im Ruf, notorisch undiszipliniert, alkoholisiert und gewalttätig zu sein. Der Anteil an Deserteuren war hoch, der Respekt vor Offizieren eher gering. Da es auf dem amerikanischen Kontinent keine militärische Konkurrenz gab, hatte man es in Washington mit der Qualität der Armee nicht sonderlich ernstgenommen. Eine Ausnahme bildete die Marine, eine andere das Offizierskorps. Auf dessen Ausbildung hatte die politische Führung dann doch einigen Wert gelegt.
    Noch vor Ausbruch der Kampfhandlungen war klar, daß die vorhandenen Streitkräfte keinesfalls ausreichen würden, um den Krieg, wie geplant, mit einem raschen Schlag und einer alles entscheidenden Schlacht frühzeitig zu beenden. Deswegen griffen Union und Konföderation zu einem bewährten Instrument. Sie riefen die lokalen und einzelstaatlichen Milizen sowie weitere Freiwillige zu den Fahnen. Dies war ein notwendiger Schritt, der aber nichts zur Professionalisierung der Streitkräfte beitrug. Siege der US-Streitkräfte waren nahezu ausschließlich Siege regulärer Berufssoldaten.
    Das zentrale Sozialisationssystem der Freiwilligen wie der Berufssoldaten war in aller Regel das Regiment, weniger die Divisionen und Armeen, die bestimmten Operationsgebieten zugeordnet waren. Korpsgeist, Traditionspflege und persönliche Netzwerke basierten aber primär auf dem Regiment. Die Regimentsgeschichte und der Ruf des Regiments, insbesondere aber seine Fahne standen im Mittelpunkt einer sakral anmutenden, hochemotionalen Verehrung, von der Regimentskommandeure in erster Linie dann profitieren konnten, wenn sie im Ruf standen, fähig, volksnah, leutselig und tapfer zu sein. Dann waren ihre Soldaten durchaus bereit, Leiden und Entbehrungen sowie schwere Verluste in der Schlacht ohne Murren hinzunehmen. Diese zentrale, gefühlsbetonte Position des Regiments im Bewußtsein der einfachen Soldaten, vor allem aber der länger dienenden Unteroffiziere war im 19. Jahrhundert keine Besonderheit der USA. Man kann Parallelen in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien finden. In den USA (und der Konföderation) war indessen das Regiment noch einmal wichtiger, weil es, zumindest auf der Ebene der Freiwilligenregimenter, zu Beginn des Bürgerkriegs wesentlich aus etablierten Nachbarschaften bestand und deswegen soziokulturell wie ethnisch besonders homogen war. Es war 1861 und 1862 durchaus noch üblich, daß sich die Jugend ganzer Dörfer oder kleinerer Städte freiwillig zum Dienst meldete. In größeren Städten galt diese Regel für die ethnischen Nachbarschaften. Hier existierten bereits lange vor dem Krieg lokale Milizverbände, die nun zur organisatorischen und ideellen Grundlage für das Regimentswesen der Bürgerkriegsarmeen wurden.
    Eine Besonderheit in diesem Regimentssystem waren die ethnischen Regimenter, mehrheitlich deutscher oder irischer Herkunft. Sie bestanden entweder aus alteingesessenen Angehörigen der jeweiligen Ethnie, aus neu Zugewanderten oder im Falle der Iren aus Söldnern, die beide Kriegsparteien gegen den Willen der britischen Regierung in Irland angeworben hatten. Der Wert dieser Regimenter war unter den Zeitgenossen und in der amerikanischen Forschung heftig umstritten. Im nachhinein wird man den integratorischen Wert der ethnischen Einheiten dennochnicht unterschätzen dürfen, obwohl sie spätestens ab 1863/64 infolge der hohen Verluste ihren homogenen Charakter eingebüßt hatten. In den ethnischen Gemeinschaften und in der amerikanischen Nation wurde ihr Einsatz bis weit in das 20. Jahrhundert hinein lebendig erinnert und trug damit zum Abbau gerade antikatholischer und antiirischer Vorurteile bei.
    Eine weitere Besonderheit, die sich jedoch nur in der Unionsarmee fand, waren die schwarzen Regimenter. Im Jahre 1861 war es für die meisten Amerikaner, selbst für eingefleischte Abolitionisten, undenkbar, Seite an Seite mit Schwarzen zu kämpfen. Für den liberalen und rassistischen Nationalismus des 19. Jahrhunderts war der Wehrdienst Grundlage der politischen Partizipation, und genau diese sollte den Schwarzen nach ihrer Emanzipation versagt bleiben. Erst als die Schlachten beständig

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