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Der amerikanische Buergerkrieg

Der amerikanische Buergerkrieg

Titel: Der amerikanische Buergerkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hochgeschwender
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hervorgehoben wird, in seinem Stil und seiner Funktion aber noch detaillierter kulturhistorischer Forschungen bedarf. Insgesamt konnten diese Abende ganz unterhaltsam, mitunter sogar von einer sehnsuchtsvollen Romantik geprägt sein. Dies änderte gleichwohl nichts am generellen Trend. Das Leben als Soldat war entweder von Todesgefahr gekennzeichnet oder sterbenslangweilig.
    Tatsächlich waren Krankheit, Verwundung und Tod allgegenwärtig, nicht nur in Dutzenden von großen Schlachten und Tausenden kleinerer Scharmützel zwischen berittenen Spähtrupps – insgesamt wurden über 10.400 Gefechte im Verlauf des Krieges gezählt –, sondern nicht minder im Alltag des Lagerlebens. In Anbetracht ständig überfüllter Latrinen und verschmutzten Trinkwassers kursierten Diarrhöe und, noch schlimmer, im Sommer die Cholera, die selbst in den Friedenszeiten der 1850er Jahre ganze Landstriche im Süden der USA entvölkert hatte und noch 1866 als Pandemie dort für eine weitere Katastrophe sorgte. Choleraepidemien waren dauernde Begleiter der Truppenquartiere und der Militärkrankenhäuser, wo sie regelmäßig die Ärzteteams sowie die männlichen und weiblichen Krankenhelfer dezimierten. Mindestens genauso gefährlich waren im Winter Bronchialkatarrhe und sogar einfache Erkältungen, die jederzeit in eine Lungenentzündung münden konnten, gegen die kein Medikament half. Hinzu kamen Gelbfieber, Flecktyphus, andere typhoide Erkrankungen, die Pocken, Sumpffieber und zahllosefiebrige Infekte, deren Ursache unbekannt und deren Verlauf tödlich war. Dabei ist die allgegenwärtige Tuberkulose, eine der Geißeln des 19. Jahrhunderts, noch gar nicht eingerechnet. Gerne unterschätzt wird eine weitere Krankheit, die heutzutage nicht mehr dieselbe Bedeutung hat wie damals: Tetanus oder Wundstarrkrampf. Es bedurfte nicht einmal einer Wunde in der Schlacht, um sich damit zu infizieren. Manchmal reichte es, sich beim Reinigen der Waffen am rostigen Bajonett zu ritzen. Ein grausamer Tod war die Folge. Wundstarrkrampf zählte auch im Frieden zu den häufigen Todesarten, zum Beispiel bei Sklaven in der Landwirtschaft oder dem eisenverarbeitenden Handwerk. Vergleichbares läßt sich über die Sepsis sagen oder das Wundfieber beziehungsweise den Wundbrand, die, das lag in der Natur der Sache, in Kriegszeiten gehäuft auftraten. Einen Sonderfall stellten Geschlechtskrankheiten, insbesondere Tripper und Syphilis, dar, deren man mit moralischen Ermahnungen Herr zu werden versuchte, was allerdings kläglich scheiterte. Allein im
Soldier’s Syphilitic Hospital
in Nashville mußten im Dezember 1864 über 2000 Männer behandelt werden. Gleichzeitig richtete man entsprechende Hospitäler für die betroffenen Frauen ein, die
Women’s Pest Houses
, um weitere Ansteckungen zu verhindern.
    War schon der Lageralltag risikoreich, galt dies erst recht für die Schlacht. Vergleicht man den Bürgerkrieg mit dem Vietnamkrieg, fällt als erstes auf, um wie vieles besser GIs während des Einsatzes in Südostasien dran waren, wenn es um ihre Gesundheit ging. Penicillin und andere Antibiotika standen als wirkungsvolle Waffen gegen bakterielle Infekte zur Verfügung, Verwundete konnten dank des Hubschraubereinsatzes rasch und unter hygienischen Bedingungen operiert werden, im Notfall war es möglich, sie binnen zwölf Stunden in hochmoderne Hospitäler auf Guam oder Hawaii zu fliegen. Selbst Sanitäter auf Zugebene verfügten über Morphin und andere schmerzstillende Medikamente. Der
War between the States
kannte diese Andeutungen von soldatischem Luxus noch nicht. Wer auf dem Schlachtfeld verwundet wurde, mußte mit dem Schlimmsten rechnen, zumal die Wunden sehr drastisch ausfallen konnten. Schüsse in den gesamten Körper, Granatsplitter, die einem die Gliedmaßenabrissen, oder Bajonettstöße in den Unterleib waren qualvoll und verursachten in vielen Fällen unheilbare Wunden. Circa 15 % aller Verwundeten starben binnen weniger Stunden oder Tage, meist an Wundstarrkrampf oder Sepsis. Ein erstes Problem bestand in der vollkommen unzureichenden Versorgung auf dem Schlachtfeld. Sanitäter existierten nicht, wer verwundet war, blieb oft stundenlang unter heftigen Schmerzen liegen und verblutete. Glück hatte, wer sich auf einen Kameraden verlassen konnte, der ihn zum Lazarettzelt schleppte. Dieses Glück war freilich sehr relativ. Die wenigen Chirurgen waren während und nach der Schlacht in der Regel völlig überlastet und mit den Wunden, die moderne

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