Der amerikanische Buergerkrieg
Aspekten bleibt gleichwohl der Punkt interessant, daß Frauen in den Spionagediensten beider Bürgerkriegsparteien einen erheblichen Anteil ausmachen konnten, der ihnen in anderen Bereichen der Kriegführung aufgrund zeitgenössischer Vorbehalte versagt blieb. Zur Regel wurden diese Aktivitäten indes nicht. Die Norm stellten jene Arbeiterinnen und Landfrauen des Nordens und die
plantation mistresses
des Südens dar, die angesichts der Abwesenheit ihrer männlichen Familienmitglieder das Heft des Handelns selbst in die Hand nahmen und dafür sorgten, daß der Hof, die Plantage, die Fabrik oder das Familienleben unter erheblich erschwerten Bedingungen intakt blieben.
3. Die internationale Dimension des Bürgerkriegs
Politik war im 19. Jahrhundert eine globale Angelegenheit. Deswegen blieb der
War between the States
zu keinem Zeitpunkt eine auf den nordamerikanischen Kontinent beschränkte Angelegenheit. Die USA waren seit ihrer Gründung machtpolitisch und ökonomisch mehr oder minder stark in das internationale Geschehen eingebunden. Faktisch bedeutete dies nichts anderes als enge Bindungen an Europa, wo die wichtigsten Großmächte konzentriert waren. Die diplomatischen Interessen der beiden Kriegsparteien waren bereits 1861 klar abgesteckt. Der Konföderation mußte es darum gehen, internationale Anerkennung als kriegführende Partei und dann als eigenständiger Staat zu erlangen, die Union mußte just dies zu verhindern trachten. Dabeilagen die Trümpfe anfangs in den Händen der Konföderierten. Dies hing einerseits mit der spezifischen Struktur des amerikanischen diplomatischen Dienstes vor 1924 zusammen. Der nämlich war alles andere als professionell. Wie in der Innenpolitik galt hier das
spoils system
, also das Recht des Wahlsiegers, sämtliche Stellen nach eigenem, parteipolitisch motiviertem Gusto zu besetzen. Über Berufs- und Karrierediplomaten, die in Europa das Rückgrat des auf Gleichgewicht und Balance ausgerichteten Mächtekonzerts der Ära Metternich und des Wiener Kongresses darstellten, verfügten die Vereinigten Staaten nicht. Es waren verdiente Parteiveteranen, die an die Höfe der europäischen Monarchen entsandt wurden. In Anbetracht überwiegend demokratischer Administrationen handelte es sich daher um Demokraten, die entweder direkt aus dem Süden stammten oder mit ihm sympathisierten.
Auf der anderen Seite verfügte die Konföderation zusätzlich über inhaltlich schlagkräftige Argumente, so zumindest glaubte man am Kabinettstisch in Richmond. An erster Stelle stand die Baumwolle,
King Cotton
, um es in der zeitgenössischen Diktion zu sagen. Die Südstaatler rechneten fest mit der Unterstützung sowohl durch die konservativen Ostmächte, das heißt Rußland, Österreich und Preußen, als auch mit derjenigen der liberaleren Staaten Westeuropas, also vorrangig Großbritanniens und Frankreichs, da Spanien und Portugal, trotz ihrer offenen Sympathien für die Sklaverei, machtpolitisch kaum noch eine nennenswerte Rolle spielten. Insbesondere Großbritannien, so das Kalkül, müßte sich an die Seite der Konföderation stellen, da die Oberklasse des Vereinigten Königreiches die aristokratische Wertewelt des Südens teilte und die Mittel- und Arbeiterklasse am Fortgang der Produktion in der Textilindustrie angewiesen sei. Diese aber hing von konföderierten Baumwollieferungen ab. Bezogen auf Frankreich rechnete man mit vergleichbaren Kalkülen, die noch durch die Intervention von Briten und Franzosen in Mexiko verstärkt würden. Dort war es nach dem Amtsantritt des liberalen Präsidenten Benito Juarez 1858 zu einem dreijährigen Bürgerkrieg gekommen, der das Land in den Staatsbankrott getrieben hatte. 1861 waren die GläubigernationenGroßbritannien, Spanien und Frankreich einmarschiert, um ihre finanziellen Ansprüche durchzusetzen. Obwohl die Briten und Spanier im folgenden Jahr wieder abzogen, nutzte der französische Kaiser Napoleon III. die Gelegenheit, um seinen Einfluß in Übersee auszudehnen. Erst 1867, nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs, gelang es Juarez, die Franzosen zu vertreiben. In den Augen der Unionsregierung stellte das Vorgehen der Franzosen eine flagrante Verletzung der Monroe-Doktrin von 1823 dar. Entsprechend kühl fiel die Reaktion der Lincoln-Administration, die eindeutig auf Seiten des Präsidenten Juarez stand, aus. Für den Süden wiederum bedeutete dies einen Vorteil, wenn es um Beziehungen zu Paris ging.
Das Kalkül der Konföderation ging
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