Der amerikanische Buergerkrieg
gleichwohl nie auf. Zwar existierten in den europäischen Oberklassen ganz erhebliche Sympathien für den Süden, und es gab auch strategische Interessen, die eine Schwächung der immer stärker werdenden amerikanischen Union als nützlich erscheinen ließen. Dessen ungeachtet hatte man in Richmond allerdings den Einfluß der Sklavenfrage sträflich unterschätzt. Selbst in konservativen europäischen Kreisen fanden sich kaum aktive Apologeten der Sklaverei. In den liberalen Staaten Westeuropas, und auch dies hatten die Konföderierten nicht hinreichend bedacht, zählte die öffentliche Meinung, und die wurde gerade in Großbritannien klar von den Abolitionisten beherrscht. Die englischen Textilarbeiter gingen so weit, Einkommensverluste und Arbeitslosigkeit in Kauf zu nehmen, um ihre abolitionistischen Überzeugungen durchzusetzen. Allerdings wurde ihre Opferbereitschaft nicht bis an die Schmerzgrenze ausgetestet, da die zentrale außenpolitische Waffe der Konföderation,
King Cotton
, ganz unköniglich stumpf blieb. Den britischen Textilproduzenten gelang es erstaunlich schnell, die amerikanische Baumwolle durch Baumwolle aus Ägypten und Indien zu ersetzen. Überdies hatte sich bereits seit der Finanzpanik von 1839 und der anschließenden Rezession ein schleichender Bedeutungsverlust der Baumwollproduktion abgezeichnet, der freilich vom Süden als Ergebnis kapitalistischer Spekulation und nicht als struktureller Wandel der Marktsituation gedeutet worden war. Schließlich hatten weder die britischen Bankennoch der britische Staat je vergessen, daß es um 1840 die Südstaaten der USA gewesen waren, die sich in der Krise geweigert hatten, die Zinsen ihrer Schulden bei den Londoner Großbanken zu bedienen. Großbritannien blieb demnach bestenfalls ein verdeckt operierender Bündnispartner. Zu einer diplomatischen Anerkennung der Konföderation kam es nicht. In Anbetracht der Neutralität Großbritanniens wagten es weder Preußen noch Österreich, sich für die Konföderation einzusetzen, da sie in der Sklavenfrage ebenfalls Vorbehalte anmeldeten. Für Österreich etwa war die ambivalente Haltung der päpstlichen Kurie wichtig, die zwar gelegentlich hin und her schwankte, aber die Konföderation gleichfalls nicht anerkannte. Im konservativen Rußland wiederum hatte ausgerechnet 1861 Zar Alexander II. nach dem Debakel im Krimkrieg seine liberal-bürokratischen Reformen mit der Aufhebung der Leibeigenschaft begonnen. Er war der letzte, von dem man sich Hilfe erwarten durfte, wenn es um den Schutz der Sklaverei ging. Tatsächlich neigte das zarische Rußland eher der Union zu, mit der man traditionell sehr gute Beziehungen pflegte. So blieb am Ende einzig Frankreich. Ab 1863 entbrannte zwischen den Emissären von Union und Konföderation ein Wettlauf um die Gunst des bonapartistischen Regimes in Paris. Beide Seiten glaubten dabei, sich gewissermaßen einer Hintertür bedienen zu können, des Kirchenstaates und Papst Pius IX. Rom und die Kurie standen seit dem Ende der österreichischen Hegemonie in Oberitalien faktisch unter dem Schutz Frankreichs. Seit Gregor XVI. (1832–1846) hatte sich die Kurie zwar immer wieder gegen den Sklavenhandel ausgesprochen, aber Rom galt, durchaus zu Recht, als Hort des europäischen Konservativismus. Also entsandten Washington und Richmond Delegationen nach Rom, an deren Spitze hochrangige katholische Geistliche standen. Für die Union kam Erzbischof John Hughes von New York, ein persönlicher Freund William Sewards, für die Konföderierten zeigte sich der Bischof von Charleston, Patrick Lynch, in Rom und Paris. Im Endeffekt war die Unionsdiplomatie erfolgreicher. Rom wollte ohne Napoleon III. nicht handeln, der wiederum nicht ohne Großbritannien. So rang man sich nur dazu durch, die Konföderation alskriegführende Partei, nicht aber als eigenständigen Staat anzuerkennen. Vor allem aber erreichte Hughes, daß die Franzosen und Briten die Unionsblockade der konföderierten Küsten als völkerrechtsmäßig akzeptierten. Ab 1864 war dann allen Europäern klar, daß die Sache des Südens verloren war, und man begann, sich mit der alten und neuen Union zu arrangieren. Aufs Ganze gesehen scheiterten sämtliche diplomatischen Bemühungen der Konföderation letztlich daran, wie sehr sie die Funktion der Sklavereidebatte in der öffentlichen und medialen Kommunikation der europäischen Staaten unterschätzten. Die internen Strukturdefizite der Konföderation wirkten sich demnach auch auf
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