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Der Angeklagte: Thriller (German Edition)

Der Angeklagte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Angeklagte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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zu gehen. Kurz und bündig. Nur weg mit ihm.«
    Als Glitsky nach Ende der Besprechung hinauf in sein Büro fuhr, gingen ihm einige Ideen durch den Kopf, die sich alle um Arnie Becker drehten. Die Identifizierung der Leiche musste schnell erfolgen – und vor allem: Sie musste absolut unzweifelhaft sein. Sollte die Tote nicht Felicia Nuñez sein, dann war die Theorie, die Jenkins und er verfolgten, nichts wert. Die Verbindung zu Ro Curtlee musste offensichtlich sein – und sie musste zügig dokumentiert werden. Vergleichende Zahnuntersuchungen waren natürlich eine Möglichkeit, aber Glitsky wusste nur zu gut, dass er darauf lange warten konnte – vor allem angesichts der Tatsache, dass der Zahnarzt der Toten, so er denn existierte, erst einmal gefunden werden musste. Sie mussten also andere Wege finden, um eine eindeutige Identifizierung zu gewährleisten.
    Als er Becker am Telefon hatte – der Mann schien nie zu schlafen –, war der Brandinspektor sogar schon einen Schritt weiter. Die Identifizierung eines Brandopfers zählte zu den größten Herausforderungen seines Berufs, und Becker hatte darin im Lauf der Jahre eine bemerkenswerte Finesse entwickelt. »Sie ist es definitiv«, sagte er. »Nuñez, meine ich. Als sie verbrannte, krallten sich ihre Hände zu Fäusten zusammen – was ja häufig der Fall ist. Ihnen ist das sicher auch aufgefallen.«
    »Sicher«, log Glitsky.
    »Im Leichenschauhaus hat man ihre Fäuste geöffnet, und wie ich es mir erhofft hatte, bekamen wir an jeder Hand jeweils zwei fast perfekte Fingerabdrücke. Ich habe sie in der Datenbank der Einwanderungsbehörde durch den Computer gejagt …«
    »An einem Samstagvormittag?«
    »Ein Bekannter arbeitet dort in der Datenerfassung. Er lädt sie also ins System und – Bingo: Felicia Nuñez taucht auf.«
    »Falls Sie mal je ins Morddezernat wechseln möchten«, sagte Glitsky, »dann rufen Sie mich an.«
    »Ich werde dran denken, danke, aber ich bin mit meinem Job ganz glücklich.«
    »Kann ich nachvollziehen. Am Wochenende immer bis in die Puppen schlafen und all die anderen Vorteile …«
    »Schlaf wird völlig überbewertet«, sagte Becker. »Aber Sie erwähnten noch einen zweiten Punkt.«
    »Die Schuhe. Oder möglichen Schuhe.«
    »Was ist mit ihnen?«
    »Wissen wir, ob das Gummi oder Plastik an ihren Füßen von Schuhen stammt?«
    »Absolut. Als Sie mir gestern Nacht sagten, das könne wichtig sein, hab ich die Stücke mit nach Hause genommen und in meinem Privatlabor untersucht. Sie stammen von den Sohlen eines Adidas-Tennisschuhs, Modell ›Honey Low‹. Kostet im Handel rund 55 Dollar. Und ja, die Schuhgröße ist 38. Das Oberteil ist komplett weggebrannt.«
    Der Brandort lag auf seiner Route, als sich Farrell auf den Heimweg machte.
    Er war bereits an der Stelle vorbeigefahren, aber sein überlastetes Hirn musste die gelben Polizeiabsperrungen unbewusst registriert haben. Einen halben Häuserblock weiter kam die Information endlich an. Er schaute in den Rückspiegel, wendete an der nächsten Kreuzung und parkte seinen Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Glitsky und Jenkins hatten fast eine Stunde auf ihn eingeredet, bis ihm die Argumente ausgegangen waren. Was nicht hieß, dass er eine Entscheidung getroffen hatte. Er hatte vielmehr beschlossen, den Nachmittag zu Hause zu verbringen und sich bequeme Klamotten überzustreifen, bevor er am Abend wieder eine seiner Reden über ein furchtbar wichtiges Thema halten musste. Vielleicht ergab sich ja sogar die Gelegenheit zu einem kleinen Nümmerchen mit seiner Freundin – eher unwahrscheinlich, aber völlig ausschließen wollte er’s nicht.
    Es war kurz nach zwölf, als plötzlich das Wetter umschlug und ein böiger Wind Nieselregen durch die Straßen blies. Farrell ließ sein Fenster herunter und schaute hinauf zu den Glaszacken, die noch in den Fenstern des oberen linken Apartments steckten.
    Aber sosehr er es auch versuchte: Der Tatort hatte absolut keine Botschaft für ihn.
    Den Ort eines Verbrechens hatte er zuvor noch nie aufgesucht. Sein Leben lang war er Verteidiger gewesen, und Ermittlungen am Tatort waren nun mal Sache der Polizei und des Staatsanwalts.
    Und trotzdem: Da saß er nun – als Staatsanwalt und erster Gesetzeshüter von San Francisco. Der Job drückte, kniff und zwickte wie ein schlecht sitzender Anzug.
    Sicher, er war bei vollem Bewusstsein zur Wahl angetreten, auch wenn er sich zuvor eher einen Namen durch seine unorthodoxe Rechtsauffassung gemacht

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