Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
letzte Stück Pizza in den Mund. »Ich glaub, ich hab’s: die Schlacht bei den Thermopylen!«
»Falsch. Die Schlacht bei … wo?«
»Die Schlacht bei den Thermopylen. Wie kannst du ›falsch‹ sagen, wenn du nicht mal weißt, was das ist?«
»Ich weiß, was es ist – oder war. Es war die Schlacht zwischen den alten Griechen und … Persern, glaube ich.«
»Richtig. Sehr gut. Welches Jahr?«
»Klar weiß ich das Jahr: irgendwann zur Zeit der alten Griechen. Nah genug dran?«
»Wie wär’s mit 480 vor Christus?«
»Das könnte ich nur bestätigen. Was für ein tolles Gefühl, die Frage so präzise beantwortet zu haben. 480 klingt ziemlich überzeugend.«
»Es ist völlig überzeugend. Und trotzdem hast du mit ›falsch‹ geantwortet.«
»Es war falsch, weil es definitiv nicht die Antwort auf meine Frage war. Und meine Frage, wenn ich mich recht erinnere, sollte werden: Fühlst du dich auch so schuldig wie ich?«
»Und wie lautet sie jetzt?«
»Wie lautet was jetzt?«
»Die Frage.«
Sie schüttelte lachend den Kopf. »Du alter Wortverdreher hast mich so durcheinandergebracht, dass ich mich nicht mal mehr dran erinnere.«
»Es war irgendwas mit ›Schuld‹.« Er streckte seine Arme über den Tisch und ergriff ihre Hände. »Fühlst du wirklich so was wie Schuld?«
Sie legte ihren Kopf zur Seite. »Irgendwie schon.« Sie seufzte. »Ich hab das Gefühl, als ließe ich Wes hängen. Er tappt völlig im Dunkeln, was seinen Terminkalender und seine Verabredungen angeht. Wenn ich ihn nicht mit dem Löffelchen füttere …«
»Er ist schon ein großer Junge.«
»Nicht wirklich. Und ihm fehlt einfach die Erfahrung.«
»Das habe ich auch schon bemerkt.«
»Und du bist nicht der Einzige. Ich weiß, dass du den ›Courier‹ nicht liest, aber er kriegt dort richtig Prügel.«
»Der ›Courier‹ ist ein Drecksblatt. Niemand liest ihn.«
»Nun, das stimmt nur zur Hälfte – nämlich das mit dem Drecksblatt. Aber mach dir nichts vor, Abe: Die Leute lesen ihn. Er kann bei den Wahlen viele Stimmen so oder so beeinflussen.«
Glitsky zuckte mit den Achseln. Wahlstimmen waren nicht sein Bier. Und sein Respekt für Leute, die Wählern nachhechelten, tendierte hart gegen null. »Ich weiß nicht. Wenn du meine Meinung hören willst: Ich finde, Wes hat es verdient, dass ihm der Wind ein wenig ins Gesicht bläst.«
»Ich versteh nicht, wie du das sagen kannst, Abe. Er hat sich letzte Woche bedingungslos hinter dich gestellt.«
»Aber nur, weil er keine andere Wahl hatte. Und vergiss nicht, warum Ro Curtlee überhaupt wieder auf freiem Fuß ist – und warum wir von ihm bedroht wurden. Weil sich Wes gleich bei der ersten Gelegenheit um die Entscheidung gedrückt hat. Er hätte darauf bestehen können, dass keine Kaution gewährt wird – und wäre auch damit durchgekommen.«
Diesmal war sie es, die nach seinen Händen griff. »Das weiß ich. Er war naiv und glaubte, er könne die Curtlees bei Laune halten. Er weiß es inzwischen auch. Und ich weiß, dass du dich völlig richtig verhalten hast. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass unter den bestehenden Umständen Ro Curtlee wirklich etwas gegen uns unternehmen würde.«
Glitsky zog eine Grimasse. »Das ist zumindest die Hoffnung. Aber ich wäre erheblich entspannter, wenn Wes auf die Tube drücken würde, um den neuen Prozess zu beschleunigen. Und was deine Frage betrifft, ob ich mich schuldig fühle, einen Tag blaugemacht zu haben … Ich habe nicht vor, es zur Gewohnheit werden zu lassen, aber nach dem Vorfall am Montag … und jetzt ist er schon wieder auf freiem Fuß, und ich habe noch immer keine neuen Leute oder das Budget, um welche einzustellen.« Er atmete tief durch. »Ich weiß nicht, Trey. Im Moment habe ich das Gefühl, die Atmosphäre im Präsidium nur zu vergiften. Ich muss einfach erst mal Dampf ablassen, um meine eigenen Leute nicht anzustecken. Denn wenn das passiert, kann ich auch gleich hinschmeißen.«
»Denkst du wirklich darüber nach?«
»Manchmal schon. Ziemlich häufig sogar, um ehrlich zu sein. Ich weiß einfach nicht mehr, warum ich mir das antue.«
»Aus dem gleichen Grund, aus dem du es immer getan hast, Baby: um Killer aus dem Verkehr zu ziehen.«
»Ja«, sagte Glitsky. »Und sie dann wieder laufen zu lassen.«
»Nicht immer. Nur höchst selten.«
»Ich weiß, ich weiß. Du hast ja recht. Aber deshalb musste ich mal einen Tag tief durchatmen. Um wieder eine Perspektive zu bekommen. Und wo wir gerade davon sprechen …«
Er
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