Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
griff nach seinem Handy am Gürtel.
»Wenn’s das Büro ist, dann …«, sagte Treya.
Aber Glitsky schüttelte den Kopf. »Es ist nicht das Büro, es ist Arnie Becker. Ich sollte den Anruf annehmen.« Er drückte auf eine Taste. »Arnie, Abe hier. Was liegt an?«
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»Aber natürlich«, sagte Becker gerade, »wissen wir es mit Sicherheit erst …«
»Arnie!« Glitsky hob die Hand und unterbrach ihn. »Haben Sie auch nur den Hauch eines Zweifels?«
Becker atmete tief durch den Mund ein. Schon der Geruch des verbranntes Hauses war unerträglich, aber der alles durchdringende Gestank verkohlten Fleisches konnte selbst einem gestandenen Mann den Magen umdrehen. »So gut wie keinen«, sagte er schließlich.
Sie standen, die Hände in den Taschen, im ersten Stock von Michael Durbins Haus. Die Sonne schien durch das abgebrannte Dach, aber mit gerade einmal fünf Grad war es für einen Februar in San Francisco ungewöhnlich kalt. Die Leiche lag noch immer im ausgebrannten Schlafzimmer und war zu großen Teilen verkohlt. Der Leichenwagen war gerade erst vor dem Haus vorgefahren, aber die Einsatzeinheit, die üblichen Masken vor dem Mund, war bereits seit Glitskys Ankunft vor zwanzig Minuten damit beschäftigt, den Tatort zu fotografieren und nach möglichen Indizien abzusuchen.
Obwohl das Gesicht nicht identizierbar war, schien der Körper in einem besseren Zustand zu sein als der von Felicia Nuñez. Keiner der beiden Schuhe – in diesem Fall flache schwarze Pumps – war völlig verkohlt. Einer war vom Fuß abgerissen worden, möglicherweise durch die Wucht des Wasserstrahls, als die Feuerwehr ihre Schläuche direkt ins Schlafzimmer richtete. Er lag unter dem Bett, vielleicht fünfundzwanzig Zentimeter vom rechten Fuß entfernt, während der andere Schuh noch am linken Fuß steckte. Es gab keine unverbrannten Stoffreste unter dem Körper, keine Partikel von BH oder Unterwäsche – woraus Becker schloss, dass die Frau zur Tatzeit oder kurz danach, jedenfalls bevor sie in Brand gesetzt wurde, nackt gewesen sein musste. Anderenfalls, so Becker, wären angesichts der vergleichsweise geringen Verkohlung unterhalb des Körpers zumindest noch Fasern der Kleidung vorhanden.
»Was ist mit DNA ?«, fragte Glitsky. »Wenn die Verbrennung nicht so extrem ist.«
»Nun«, sagte Becker, »alles ist relativ. Wie Sie selber sehen, bedeutet ›nicht so extrem‹ keinesfalls, dass es nicht noch immer extrem genug ist. Wie bei Felicia Nuñez ist es offenkundig, dass der Körper der Ausgangspunkt des Brandes war. Unterm Strich würde ich mir deshalb von der DNA nicht allzu viel versprechen, auch wenn wir es natürlich versuchen werden.« Becker schaute noch einmal auf die verkohlte Leiche. »Die Parallelen sind frappierend. Deshalb habe ich Sie ja auch gleich angerufen.«
»Ich weiß es zu schätzen.« Glitsky atmete vorsichtig durch die Zähne ein und drehte sich, um nicht weiter die Leiche im Blickfeld zu haben. »Auch wenn es eigentlich keinen Sinn ergibt.«
»Was ergibt keinen Sinn?«
»Zu vermuten, dass Ro Curtlee dahintersteckt. Ich meine, die unglaubliche Unverfrorenheit … nachdem was letzte Woche passiert ist.«
»Er will Ihnen durch die Blume sagen, dass Sie sich ins Knie ficken sollen.«
Glitsky, kein Freund von unflätigen Kraftausdrücken, zuckte kurz zusammen. »Und dafür greift er sich wahllos irgendeine Frau heraus?«
Becker zuckte die Schultern. »Vielleicht kannte er sie ja.«
»Aber bisher hat er sich nur an die Dienstmädchen gehalten. Und warum sollte er jemanden in dieser Gegend kennen? Eine ganz normale Person, oder sehe ich das falsch? Gibt es vielleicht Hinweise, ob es sich um die Putzfrau oder so was handelt?«
»Sieht nicht so aus, Abe. Der Ehemann und andere Familienangehörige stehen da unten.« Er zeigte zur Straße hinunter. »Sie sind alle fix und fertig und glauben, dass es sich um die Ehefrau handelt. Sie ist die einzige weibliche Person, die sich im Haus aufgehalten haben könnte. Die Tochter ist in der Schule. Er hat dort angerufen.«
Glitsky schaute durch das verbrannte Dach zum Himmel. »Großer Gott, wie alt ist sie? Die Tochter, meine ich.«
Noch ein Schulterzucken. »Keine Ahnung. Schulalter halt.«
»Sie haben recht«, sagte Glitsky. »Was macht das schon für einen Unterschied.« Er schaute noch einmal auf die Leiche, schloss angesichts des Horrors die Augen und schüttelte den Kopf. »Und – mit wem haben wir es hier zu tun?«
»Falls es die Ehefrau ist, heißt sie Janice
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