Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
Taste.
Eine Minute später schloss Hardy die Tür hinter ihnen von innen zu. »Weißt du, dass sie inzwischen bewaffnet ist?«, fragte er.
»Du nimmst mich auf den Arm.«
Hardy schüttelte den Kopf. »Kein Scherz. Seit einigen Monaten. Sie wies mich darauf hin – und durchaus plausibel, muss ich zugeben –, dass sie jemanden, der in mein Büro will, körperlich nicht aufhalten könne. Also bin ich mit ihr losgegangen und hab ihr eine Knarre gekauft, .357 Magnum, Dum-Dum-Geschosse.«
»Und all das nur, damit Leute dich nicht besuchen können?«
»Ohne Terminabsprache!«, sagte Hardy. »Das ist der kleine, aber feine Unterschied.«
Farrell hatte sich auf einen der antiken Queen-Anne-Polstersessel gesetzt. »Wie der Termin, den ich nicht hatte? Mein Gott, ich war drauf und dran, zu deiner Tür zu gehen.«
»Du kannst von Glück reden, dass sie dich erkannt hat und nicht das Feuer eröffnet hat.«
»Findest du nicht, das geht etwas zu weit?«
»Fände ich schon, wenn’s denn der Wahrheit entsprechen würde.«
Farrell lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Puh, da bin ich dir ja prächtig auf den Leim gegangen. Aber wie heißt es so schön: ›Allein die Vorstellung konstituiert schon eine Art von Realität.‹ Steht auch auf einem meiner T-Shirts.«
»Du hast ja T-Shirts für alles Mögliche«, sagte Hardy. »Kaffee?«
»Gerne. Zwei Zucker, bitte.«
Hardy rührte den Kaffee um und reichte Farrell die Tasse. »Die Leute im Justizgebäude haben wohl noch immer nicht viel zum Lachen?«
»Noch weniger, als du es dir ausmalen kannst.«
»Dann hast du sicher noch nicht den Witz mit den zwei Kanadiern gehört, die ›Frage & Antwort‹ spielen?«
»Nein, aber …«
Hardy war nicht mehr zu stoppen und legte gleich los. »Der erste denkt sich also ein Wort aus, und zwar ›Elchpimmel‹. Und der andere stellt die erste Frage: ›Kann man es essen?‹, worauf der erste sagt: ›Hm, ja, ich vermute, man kann es auch essen.‹ Der andere denkt eine Minute nach und sagt dann: ›Könnte es Elchpimmel sein?‹«
Farrell hatte gerade den heißen Kaffee im Mund, als Hardy mit der Pointe kam. Der Zeitpunkt war denkbar unglücklich: Farrell versuchte noch, den Kaffee im Mund zu halten, platzte dann aber vor Lachen derart heraus, dass der Kaffee wie eine Fontäne aus seinem Mund schoss. »O mein Gott, Diz, tut mir ja so leid, dein Teppich …« Farrell hatte ein Taschentuch herausgeholt, während noch Kaffee von seiner Nase tropfte.
Doch dann kam der nächste Lachanfall. Und noch einer.
Hardy hatte sich geistesgegenwärtig herumgedreht, ein paar Servietten von der Anrichte gegriffen und kniete nun auf dem Boden, um den Teppich zu retten.
Farrell gesellte sich mit seinem Taschentuch hinzu, konnte den Lachreiz aber noch immer nicht völlig unterdrücken. Da sich die Flecken auf dem Teppich doch als minimal erwiesen, nahm Farrell wieder auf seinem Stuhl Platz.
Hardys Grinsen ließ die Falten in seinem Gesicht nur noch prononcierter wirken. »Ich hätte warten sollen, bis du den Kaffee getrunken hattest. Mach dir um den Teppich keinen Kopf. War mein Fehler.«
Farrell lehnte sich zurück und sackte in sich zusammen. »Wow«, sagte er. Er atmete tief durch. Als er sich halbwegs unter Kontrolle hatte, kam er zum Punkt: »Ich wollte eigentlich nur eine objektive Meinung zu diesem ganzen Ro-Curtlee-Theater hören. In den Medien bekomme ich von beiden Seiten Prügel, Sam spricht kaum noch mit mir, Amanda Jenkins steht kurz davor, die Brocken hinzuwerfen – von Glitsky ganz zu schweigen.«
»Was ist mit Abe?«
»Er glaubt, dass Ro schon wieder jemanden umgebracht hat, eine Frau namens Janice Durbin.«
»Und wer ist das?«
»Die Frau des Geschworenensprechers im damaligen Prozess. Aber Abe kann Ro nicht schon wieder verhaften, schon gar nicht nach dem Fiasko von letzter Woche. Crawford möchte ihn komplett aus dem Verkehr ziehen, und Vi Lapeer musste sich vor ihn stellen, was die Sicherheit ihres Jobs auch nicht gerade erhöht. Die ganze Chose ist ein gigantischer Scheißhaufen, und Sam hat vielleicht nicht unrecht, wenn sie mir die Schuld dafür in die Schuhe schiebt. Aber ich weiß nicht, was ich hätte anders machen können – und auch nicht, wie ich mich jetzt verhalten sollte.«
Hardy nippte an seinem Kaffee und dachte nach. »Was würdest du denn am liebsten machen wollen?«
»Noch einmal zu Baretto gehen. Die Uhr zurückdrehen.«
»Die Uhr zurückdrehen?«, fragte Hardy. »Wenn das nur möglich wäre. Was
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