Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
Dann rufen Sie Treya an und sagen ihr, dass die Luft rein ist und sie wieder zurückkommen kann.«
»Okay«, sagte Farrell. »So machen wir’s. Super Plan.«
»Jeder Plan ist besser als kein Plan«, antwortete Ritz. »Und, wohin soll’s gehen?«
»Ins Mandarin Oriental, glaube ich.«
»Zumindest gibt’s da was Leckeres zum Essen.«
»Träumen Sie weiter. Vielleicht ist es am Anfang noch lecker, aber bis es auf meinem Teller gelandet ist … Man nennt das ja nicht umsonst die Gummiadler-Route. Ich mach jetzt mal meine Augen zu.«
»Bis zum Mandarin sind’s aber nur fünf Minuten, Sir. Das wird ein kurzer Schlaf.«
»Fünf Minuten länger als letzte Nacht.« Nach ein paar Sekunden öffnete er wieder die Augen und sagte: »Fahren wir noch nicht?«
»Eine andere Sache noch, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Klar. Was denn?«
»Könnten Sie den Fahrdienst informieren, wenn Sie den Hund mit zur Arbeit bringen? Ich reagiere ziemlich allergisch.«
»Auf Gert?«
»Auf alle Hunde, Sir. Und Katzen. Pollen auch.«
»Tut mir leid, Ritz. Wusste ich nicht. Das heißt also, Sie würden an diesen Tagen nicht zur Verfügung stehen?«
Ritz zuckte die Schultern. »Die anderen Jungs würden schon einspringen, wenn man sie rechtzeitig informiert.«
»Okay«, sagte Farrell. »Ich werde frühzeitig anrufen. Falls ich es nicht vergesse. Und wenn ich weiß, ob ich Gert mitbringe oder nicht.«
»Wird das häufig der Fall sein? Nur damit ich mich drauf einstellen kann.«
»Weiß ich nicht, Ritz. Ich vermute … Ich weiß es wirklich nicht.« Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Meine Freundin hat auch das Weite gesucht«, sagte er. »Gestern Abend.«
Ritz fuhr herum und sah ihn an. »Sie wollen mich verscheißern. Sam?«
»Sam.«
»Mann, erst Treya und dann auch noch Sam.«
»Genau genommen andersherum: erst Sam, dann Treya. Und jetzt auch noch Sie – wenn wir schon eine Liste mit Leuten anlegen, die mir ihr Rücklicht zeigen.«
»Wenn Sie mich wirklich wollen, werde ich auch weiterhin kommen.«
»Ist schon gut. Sie müssen tun, was Sie tun müssen.«
Ritz war für einen Moment still. »Mann, Sie müssen wirklich eine üble Woche hinter sich haben.«
»Wem sagen Sie das«, meinte Farrell. »Ich geh ganz schön auf dem Zahnfleisch.«
Nat, Abe Glitskys Vater, spülte das Geschirr. Er stand in der Küche einer kleinen Doppelhaushälfte auf der Third Avenue, die er zusammen mit Sadie Silverman bewohnte. Die Küche war auf der Rückseite, und obwohl sie nicht einmal zehn Quadratmeter groß war, wurde sie auch als Esszimmer benutzt. Man saß auf wackeligen Stühlchen und aß von einem zierlichen Beistelltisch, den Sadie aus ihrer früheren Wohnung mitgebracht hatte.
Nat war nicht mehr der Rüstigste, aber andererseits war er mit seinen 83 Jahren auch noch nicht unter der Erde – es gab also keinen Grund zur Klage. Statt 80 Kilo wog er inzwischen nur noch knapp 70 und – schlimmer noch: Von seinen 175 Zentimetern Körpergröße hatte er auf unergründliche Weise inzwischen fünf verloren. Er hatte noch volles Haar, wenn auch inzwischen weiß und dünn, aber immerhin: Es war noch alles da, danke der Nachfrage.
Sadie saß am Tisch, nippte an ihrem fingerhutgroßen Portweinglas und schlug das Buch zu, in dem sie gerade gelesen hatte. »Ich komm mit den Vampiren einfach nicht klar«, seufzte sie. »Das ist nun schon das dritte Vampirbuch, aber ich kann die Geschichten einfach nicht glauben.«
»Hat vielleicht damit zu tun, dass es Vampire in Wirklichkeit auch nicht gibt.«
»Aber Star Wars und Hobbits und Zeitreisen gibt es auch nicht.«
Nat drehte sich am Spülbecken um. »Seit wann gibt es keine Zeitreisen mehr?«
»Hör auf!«
Nat griff zum Schwamm und beschäftigte sich wieder mit dem Geschirr. »Wenn ich mit den ersten zwei Büchern nichts anfangen kann«, sagte er, »warum kaufe ich mir dann noch ein drittes?«
»Weil du ein ungeduldiger Mensch bist. Ich gebe den Dingen gerne Zeit.«
»Dann weiß ich ja, was ich dir zum Valentinstag schenke: Buch Nummer vier. Und ich bin auch nicht ungeduldig. Meine Geduld ist legendär.«
Sadie seufzte erneut. »Aber zurzeit lesen alle Leute diese Bücher.«
»Ich nicht.«
»Weil das einzige Buch, das du liest, die Thora ist.«
»Mehr brauche ich auch nicht. Du würdest es vermutlich mehr lieben als deine Vampire. Und davon abgesehen: Wenn du es oft genug liest und die guten Passagen auswendig kennst, kannst du es in deinem Herzen überall mitnehmen.«
»Und
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