Der Angriff
erwartet hatte.
»Das ist einfach unerhört«, stellte General Campbell erzürnt fest. »Ich habe ihm einen klaren Befehl erteilt! Und mir ist ganz egal, was für Gründe er für sein Vorgehen gehabt haben mag. Es geht einfach nicht an, dass er da drin herumläuft und tut, was ihm gefällt!«
Stansfield nickte zustimmend, während Campbell mit seinen Vorwürfen fortfuhr: »Ich habe ihm befohlen, sich nicht von der Stelle zu rühren, weil ich wusste, dass wir das Geschehen für mindestens eine Stunde nicht verfolgen können. Was ist, wenn sie ihn schnappen oder wenn er einen von Aziz’ Männern tötet? Wir müssen doch da sein, um Entscheidungen zu treffen. Wir müssen alles, was da drin passiert, ganz genau verfolgen, damit wir eingreifen können, wenn es Probleme gibt.« Campbell war so erbost, dass sein Bürstenhaarschnitt noch steiler aufgerichtet zu sein schien als gewöhnlich. »Wenn Ihr Junge nicht bald damit anfängt, Befehle zu befolgen, dann … « Der stämmige General sprach seinen Gedanken nicht zu Ende, doch er dachte offensichtlich daran, seinen Worten mit den Fäusten Nachdruck zu verleihen.
Stansfield nickte langsam, um Campbells Zorn ein wenig zu besänftigen. Irgendwo in seinem Hinterkopf fragte er sich, wer den Zweikampf wohl gewinnen würde. Campbell war zwar zwanzig Jahre älter als Rapp, doch mit ihm war bestimmt nicht zu spaßen. Besorgt wandte er sich an General Flood und fragte: »Möchten Sie auch etwas dazu sagen?«
Flood schüttelte sein mächtiges Haupt. »Es gibt nichts mehr zu sagen. Rapp hat eine Riesendummheit begangen, und man muss ihn sofort bremsen.«
Stansfield trat ans Fenster und sah hinaus. Es war genauso sonnig wie an den vergangenen beiden Tagen. Er wandte sich wieder den beiden Generälen zu. »Meine Herren, ich sehe die Sache ein wenig anders als Sie. Und ich werde Ihnen sagen, warum. Wir haben da drin einen Mann, der es gewohnt ist, auf eigene Faust vorzugehen.
Einen Mann, der tagelang oder gar wochenlang allein im Einsatz ist, ohne dass ihm irgendjemand hilft oder ihm dreinredet. Mitch Rapp ist kein Soldat, und schon gar nicht ist er ein Politiker. Er hat ein unglaubliches Gespür dafür, wann er ein bestimmtes Risiko eingehen muss. Er ist in dieser Hinsicht, ganz ehrlich gesagt, der Beste, den ich je gesehen habe. Er blüht geradezu auf in solchen Situationen, wo jede noch so kleine Handlung über Leben und Tod entscheiden kann.«
Stansfield hielt kurz inne und fuhr dann voller Überzeugung fort: »Er hat ein viel klareres Bild von der taktischen Situation als wir – und das nicht nur, weil er vor Ort ist, sondern weil er nicht von all dem Zeug abgelenkt ist, mit dem wir es hier zu tun haben. Vor allem muss er sich nicht mit Vizepräsident Baxter herumplagen. Also, Gentlemen, Sie wissen, wie sehr ich Sie schätze, aber Sie müssen verstehen, dass Mitch kein Soldat ist. Er wurde vom ersten Tag an dafür ausgebildet, unabhängig zu operieren. Wenn Sie schon verärgert sind, wozu Sie jedes Recht haben, dann lassen Sie es bitte nicht an ihm aus. Ich bin es, der für sein Vorgehen verantwortlich ist.«
Stansfield hielt kurz inne, so als gäbe er ihnen die Möglichkeit, etwas zu erwidern, und fügte dann rasch hinzu: »Wir haben einen Fehler gemacht, was Sie beide betrifft.« Er zeigte auf Campbell und Irene Kennedy. »Sie sollten nicht mehr an den Sitzungen teilnehmen. Ich möchte, dass Sie ständig hier sind und Rapps Vorgehen verfolgen. General Flood und ich können uns um den Rest kümmern. Ich will, dass Sie beide sich auf Mitch konzentrieren, und darauf, wie Sie ihn unterstützen können.« Der alte Geheimagent blickte zwischen Campbell und Dr. Kennedy hin und her. »So wie ich es sehe, macht er genau das, wofür wir ihn hineingeschickt haben. Also, General Campbell, wenn Sie jetzt ans Funkgerät gehen und ihm den Marsch blasen wollen, dann ist das okay. Dazu haben Sie natürlich jedes Recht, und ich werde Ihnen sicher nicht im Weg stehen. Aber es wird nicht allzu viel nützen, weil er nämlich nicht auf uns hören wird.«
Stansfield sah, dass seine Worte Campbell zum Nachdenken brachten. »Ich würde vorschlagen«, fügte er hinzu, »dass ich mit ihm rede und ihm klarmache, wie wichtig es ist, dass er uns von jeder seiner Handlungen in Kenntnis setzt, damit wir rasch auf veränderte Situationen reagieren können.«
Bevor Stansfield weitersprechen konnte, klingelte das Telefon auf dem Schreibtisch. Stansfield sah nach, von wo der Anruf kam. Was er auf dem
Weitere Kostenlose Bücher